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Neue Rechtsprechung: Dauerbrenner Erste Tätigkeitsstätte (Teil 2)

02.05.2017  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Im letzten Beitrag haben wir Sie darüber informiert, dass es in der lohnsteuerlichen Praxis in einigen Sonderfällen immer noch zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebstätte kommt, die entweder als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Rahmen der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungs-Kilometer oder als Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer angesetzt werden können.

Teil 1 dieses Fachartikels finden Sie hier!

Die Rechtsprechung hat sich jüngst mit folgenden streitigen Sachverhalten auseinandergesetzt:

1. BFH, Urteil vom 31.08.16, VI R 14/16

Aufwendungen eines Kundendienstmonteurs für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb des Arbeitgebers

Im hier streitigen Sachverhalt war ein Arbeitnehmer als Kundendienstmonteur tätig. Der Arbeitnehmer suchte arbeitstäglich zunächst mit seinem privaten PKW den Betrieb auf. Nach kurzem Aufenthalt fuhr er im Anschluss daran mit seinem auf dem Betriebsgelände stationierten Firmenwagen zu auswärtigen Baustellen.

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass der Betrieb im hier streitigen Sachverhalt nicht als regelmäßige Arbeitsstätte (Rechtslage bis 31.12.13) anzusehen ist.

Bitte beachten Sie, dass nach neuer Rechtslage analog zur alten Rechtslage zwar keine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Arbeitgebers gegeben ist.

Gleichwohl ist die sog. Sammelpunktregelung nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 Nr. 4a EStG anzuwenden, wobei die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb mit der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer und nicht nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer anzusetzen sind.

2. Urteil Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 23.11.16, 2 K 2581/14

Fahrtkosten einer Zug-Servicemitarbeiterin

Im hier streitigen Sachverhalt war eine Arbeitnehmerin als Zug-Servicemitarbeiterin mit unregelmäßigem Wechseldienst bei der Deutschen Bahn tätig. Die Arbeitnehmerin hatte ihren Dienst arbeitstäglich am Bahnhof Köln anzutreten. Von ihrem Arbeitgeber erhielt sie für die Fahrten zwischen ihrem Wohnort und dem Bahnhof Köln, wo sie regelmäßig ihren Dienst anzutreten hatte, ein (kostenloses) Job-Ticket.

Die Arbeitnehmerin machte für diese Fahrten Fahrtkosten im Rahmen der Entfernungspauschale pauschale Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen geltend, also pauschal mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer. Das Finanzamt qualifizierte diese Fahrten jedoch nicht als Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, sondern als Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen.

Reisekosten können im Rahmen der Einkommensteuererklärung nur dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn tatsächlich Aufwendungen entstanden sind. Weil die Arbeitnehmerin aufgrund des kostenlos zur Verfügung gestellten Job-Tickets im hier streitigen Sachverhalt keine tatsächlichen Aufwendungen hatte, verweigerte das Finanzamt den Werbungskostenansatz.

Bitte beachten Sie, dass auch bei diesem Sachverhalt nach neuer Rechtslage die sog. Sammelpunktregelung nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 Nr. 4a EStG anzuwenden ist. Daher sind die Fahrten zwischen Wohnung und dem Bahnhof Köln nach neuer Rechtslage mit der Entfernungspauschale anzusetzen, auch wenn die Arbeitnehmerin tatsächlich keine erste Tätigkeitsstätte hat.

Der mögliche Werbungskostenansatz vermindert sich jedoch um den Wert des Job-Tickets, welches die Arbeitnehmerin (kostenlos) von ihrem Arbeitgeber erhalten hat.

3. Urteil Finanzgericht Nürnberg vom 13.05.16, 4 K 1536/15 – LKW-Fahrer

Im hier streitigen Sachverhalt suchte ein LKW-Fahrer arbeitstäglich zunächst den Firmensitz auf, um dort seinen LKW zu übernehmen und dann seiner beruflichen Tätigkeit als LKW-Fahrer nachzugehen.

Auch hier kommt die sog. Sammelpunkregelung nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 Nr. 4a EStG zur Anwendung, weil der Arbeitnehmer regelmäßig arbeitstäglich vor Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort aufsuchen muss.

Danach sind die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb im hier streitigen Sachverhalt im Rahmen der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer und nicht nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer anzusetzen.

4. Urteil Finanzgericht Nürnberg vom 08.07.16, 4 K 1836/15

Keine Sammelpunktregelung, wenn der Betrieb nur einmal wöchentlich und damit nicht dauerhaft typischerweise arbeitstäglich aufgesucht wird

Im hier streitigen Sachverhalt suchte ein Arbeitnehmer, der als Vorarbeiter tätig war, einmal pro Woche den Firmensitz seines Arbeitgebers auf, um dort sein Fahrzeug zu be- und entladen, bzw. um Urlaubsanträge oder Stundenzettel abzugeben. Darüber hinaus suchte der Arbeitnehmer arbeitstäglich direkt von zuhause ständig wechselnde Einsatzstellen (Baustellen) auf. Eine Bestimmung des Firmensitzes durch den Arbeitgeber als erste Tätigkeitsstätte ist nicht erfolgt.

Das Finanzgericht Nürnberg widersprach der Auffassung des Finanzamtes, dass im hier vorliegenden Fall die Sammelpunktregelung anzuwenden ist und stellte klar, dass eine wöchentliche Fahrt zur Be- bzw. Entladung im Betrieb keineswegs zur Anwendung der Sammelpunktregelung führt.

Die Fahrten von der Wohnung zum Betriebssitz sind daher nach Reisekostengrund-sätzen mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer und nicht im Rahmen der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer anzusetzen.

Fortsetzung folgt!


Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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