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Neue Rechtsprechung: Steuerpflicht einer Abfindungszahlung für einen Grenzgänger

15.08.2018  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Häufig erhalten Arbeitnehmer, die im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses einen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit im Ausland ausgeübt haben bzw. ihren Wohnsitz vom Inland in das Ausland verlegen, zu einem späteren Zeitpunkt eine Lohnnachzahlung (z.B. eine Bonuszahlung) oder aufgrund der Beendigung ihres Dienstverhältnisses eine Abfindung als Entschädigung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes. In diesem Zusammenhang taucht regelmäßig die Frage auf, ob das Besteuerungsrecht für diese Zahlungen in Deutschland oder im Ausland liegt.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte sich jüngst mit der Fragestellung auseinandersetzen müssen, wie bei einem Arbeitnehmer zu verfahren ist, der nach seinem Umzug von Deutschland nach Frankreich als sog. Grenzgänger besteuert wurde und im Rahmen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses von seinem inländischen Arbeitgeber eine Abfindungszahlung erhalten hatte. Das Finanzamt vertrat hierbei die Auffassung, dass ein Teil der Abfindung der Versteuerung in Deutschland zu unterwerfen ist.

Der Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war von 1987 bis zu seinem Ausscheiden in 2014 bei einem Arbeitgeber in Deutschland beschäftigt. Am 01.12.2008 gab der Arbeitnehmer seinen inländischen Wohnsitz in Deutschland auf und zog nach Frankreich. Als sog. Grenzpendler wohnte der Arbeitnehmer in Frankreich und ging seiner beruflichen Tätigkeit in Frankreich nach. Im Rahmen der sog. Grenzgängerregelung ging das Besteuerungsrecht des Arbeitslohnes von Deutschland auf Frankreich über. Der inländische Arbeitgeber zahlte den Arbeitslohn aufgrund der vom Finanzamt erteilten Freistellungsbescheinigung ohne Lohnsteuerabzug aus; der Arbeitnehmer musste seine Einkünfte in Frankreich versteuern.

Im Rahmen der Beendigung des Dienstverhältnisses zum 30.09.2014 erhielt der Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung. Mit "Bescheinigung für beschränkt ein-kommensteuerpflichtige Arbeitnehmer" wies das Finanzamt den Arbeitgeber an, die Abfindungszahlung in Höhe von 260 / 330 dem inländischen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Der verbleibende Restanteil in Höhe von 70 / 330 unterlag nach Ansicht des Finanzamtes nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug.

Das Finanzamt vertrat hierbei die Auffassung, dass bei einer Beschäftigungsdauer von insgesamt 330 Monaten das Besteuerungsrecht für die Abfindung nur für die Anzahl der Monate, in denen der Arbeitnehmer in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen ist (= 260 Monate) in Deutschland liegt. Der Anteil der Abfindung, der auf den Zeitraum nach Wohnsitzverlegung von Deutschland nach Frankreich entfällt und damit unter den Anwendungsbereich der Grenzgängerregelung fällt (70 Monate), hielt das Finanzamt in Deutschland für nicht steuerbar und führte entsprechend keine Versteuerung durch.

Der Arbeitnehmer vertrat jedoch die Auffassung, dass nicht Deutschland, sondern Frankreich das Besteuerungsrecht für die Abfindungszahlung hätte.

Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16.01.2018, 6 K 1405/15

Das Finanzgericht folgte dem Begehren des Arbeitnehmers nicht, sondern kam zu einem ganz anderen Ergebnis. Mit Urteil vom 16.01.2018, 6 K 1405/15 stellte das Finanzgericht Baden-Württemberg klar, dass der Arbeitnehmer keineswegs Anspruch auf eine Steuerfreistellung der Abfindung hat. Als sog. Grenzgänger, der seit 01.12.2008 in Deutschland weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, unterliegt der Arbeitnehmer der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Absatz 4 EStG. Damit handelt es sich hinsichtlich der Abfindung um inländi-sche Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe d EStG, die im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen.

Im Zeitraum 01.04.1987 bis 30.11.2008 hatte der Arbeitnehmer seinen ausschließli-chen Wohnsitz in Deutschland und war daher nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG in diesem Zeitraum im Inland mit seinen nichtselbständigen Einkünften aus diesem Dienstverhältnis unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Im Zeitraum 01.12.2008 bis 30.09.2014 hatte der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Frankreich und war daher in diesem Zeitraum nach Maßgabe von § 1 Absatz 4 in Verbindung mit § 49 Absatz 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG mit seinen laufenden Ein-künften aus nichtselbständiger Arbeit in Deutschland grundsätzlich beschränkt einkommensteuerpflichtig.

Aufgrund Artikel 13 Absatz 5 DBA-Frankreich gilt jedoch einer besondere Regelung, die das Besteuerungsrecht modifiziert und das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers, also Frankreich, zuweist.

Sie sind neugierig geworden? Die Urteilsbegründung finden Sie in der nächsten Ausgabe unseres Newsletters!

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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