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Höherer Rentenbeitrag würde weder Wachstum noch Beschäftigung bremsen

31.07.2019  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

In den kommenden Jahren gehen viele Beschäftigte aus geburtenstarken Jahrgängen – die sogenannten Babyboomer – in den Ruhestand. Das wird nicht ohne Folgen für das deutsche Rentensystem bleiben. Dass die Beitragssätze steigen werden, erscheint längerfristig unvermeidlich. Denn ohne eine finanzielle Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung lässt sich künftig kein auskömmliches Sicherungsniveau für alte Menschen erreichen. Sind höhere Ausgaben für die Rente ein Problem für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland?

Nein, ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Eine Ausweitung der Finanzierung ist möglich, ohne Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu bremsen. Das liegt daran, dass dann Menschen im Ruhestand insgesamt mehr Geld für ihren Konsum zur Verfügung haben. Es geht also keine Kaufkraft verloren, sondern sie wird zwischen Rentnern, aktiv Beschäftigten und Unternehmen umverteilt, zeigt die Untersuchung von Dr. Fabian Lindner, Dr. Rudolf Zwiener und Dr. Florian Blank (Hans-Böckler-Stiftung) sowie Prof. Dr. Camille Logeay (Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin). Die Ökonomen stützen ihre Untersuchung auf umfassende Berechnungen mit dem makroökonomischen Modell des IMK, das die Verflechtungen der deutschen Gesamtwirtschaft Daten gestützt nachbildet.

Nach einer weit verbreiteten Meinung schaden höhere Rentenbeiträge der Wirtschaft, weil sie die Arbeitskosten steigern und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Sie würden das Wirtschaftswachstum bremsen und zu steigender Arbeitslosigkeit führen, wird argumentiert. So einfach ist der Zusammenhang jedoch nicht, erklären die Wissenschaftler. Sie haben berechnet, wie sich das Bruttoinlandsprodukt langfristig entwickelt, wenn die Beitragssätze um einen Prozentpunkt steigen. Ergebnis: Es bleibt nahezu unverändert, nominal würde es sogar minimal um 0,3 Prozent höher ausfallen als ohne Erhöhung. Die Beschäftigungsentwicklung wäre nicht negativ betroffen.

Das liegt daran, dass sich verschiedene Effekte gegenseitig aufheben: Zwar fallen die Lohnstückkosten dann tatsächlich etwas höher aus. Das dürfte in erster Linie die Exportwirtschaft treffen. Auf der anderen Seite kämen die höheren Beiträge einer großen Zahl von Rentnerinnen und Rentnern zugute. Diese hätten in der Summe mehr Geld zur Verfügung, was wiederum die Binnennachfrage stärken würde. Selbst wenn man einrechnet, dass die Reallöhne der Arbeitnehmer wegen ihres nun höheren Beitrags zur Rentenversicherung weniger stark zulegen, bleibt unter dem Strich eine leicht positive Wirkung für den Konsum. Steigen die Beitragssätze um mehr als einen Prozentpunkt, erhöhen sich die gesamtwirtschaftlichen Effekte proportional stärker.

Forscher empfehlen Mix aus höherem Beitrag und Steuermitteln

Die Folgen für das Wachstum wären nach Berechnungen des IMK ähnlich gering, wenn man die Rentenkasse nicht durch höhere Beiträge, sondern alternativ mit höheren direkten Steuern stärken würde. Allerdings würden sich dann insbesondere die Nettolöhne pro Kopf etwas schlechter als bei einer Beitragssatzerhöhung entwickeln, weil nun die Unternehmen – im Unterschied zur Beitragsfinanzierung – weit weniger an der Finanzierung beteiligt würden. Einen Vorteil hätten Zuschüsse aus Steuermitteln aber: Besserverdiener würden stärker belastet als im Falle der Beitragsfinanzierung und Beamte und Selbständige würden einbezogen. Gesamtgesellschaftlich betrachtet könne dies „die notwendige Akzeptanz von steigenden Rentenausgaben erhöhen“.

Das Fazit der Ökonomen lautet: Die steigenden Rentenausgaben sollten durch eine Kombination aus höheren Beitragssätzen und Steuermitteln finanziert werden. Dadurch seien „keine nennenswerten negativen Wachstums- und Beschäftigungseffekte“ zu befürchten. Zusätzlich sollten Selbstständige und Beamte schrittweise in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, um die notwendigen Ausgaben auf mehr Schultern zu verteilen.

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