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Hinweisgeberschutzgesetz

14.08.2023  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Am 02. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wird - wie es der Name schon sagt - ein Schutz von Beschäftigten eingeführt, die Missstände im eigenen Unternehmen aufdecken. Unternehmen müssen hierfür eine Meldestelle schaffen. Die gute Nachricht: Bußgelder gibt es erst ab Dezember 2023. Ein Beitrag von Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker.

Schutz von Whistleblowern

Mit dem Gesetz sollen sog. hinweisgebende Personen geschützt werden. Der Kreis ist in § 1 HinSchG weit gesteckt.

“Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen.”

Geschützt werden also nicht nur aktuelle Beschäftigte, sondern auch Personen, die sich in der Bewerbungsphase befinden. Ausweislich der Regelung in Art. 3 Abs. 2 RL (EU) 2019/1937 gilt der Schutz auch für Personen, die Verstöße melden oder offenlegen, von denen sie in einem inzwischen beendeten Beschäftigungsverhältnis erfahren haben.

Welche Meldungen sind geschützt?

Auch der sachliche Anwendungsbereich ist in § 2 HinSchG weit. Er umfasst u. a.

  • Verstöße, die strafbewehrt sind;
  • Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient;
  • Verstöße gegen steuerrechtliche Vorschriften.

Zudem werden viele Rechtsvorschriften genannt, wie z. B. Vorgaben zur Produktsicherheit oder -konformität, zum Umweltschutz, zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und auch Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Regelung der Verbraucherrechte und des Verbraucherschutzes im Zusammenhang mit Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern sowie zum Schutz von Verbrauchern im Bereich der Zahlungskonten und Finanzdienstleistungen, bei Preisangaben sowie vor unlauteren geschäftlichen Handlungen, sowie Verstöße gegen die DSGVO, also das Datenschutzrecht. Damit droht künftig bei einer falschen Widerrufsbelehrung nicht nur eine Abmahnung, sondern auch eine Untersuchung in der inneren Organisation des Unternehmens, eventuell mit Weitermeldungen an Behörden.

Einrichtung interner Meldestellen

Nach § 12 HinSchG sind Unternehmen zur Einrichtung von Meldestellen verpflichtet, bei denen mindestens 50 Beschäftigte tätig sind. Zu den Beschäftigten zählen sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Ebenso zählen Personen, die wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, zur Gruppe der Beschäftigten. Das können etwa Leiharbeiter oder auch je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen Handelsvertreter sein.

Unternehmen, bei denen 50 bis 249 Beschäftigte tätig sind, müssen diese Meldestellen erst ab dem 17. Dezember 2023 einrichten. Unternehmen ab 250 Beschäftigten sind seit dem 02.07.2023 verpflichtet. Diese Meldestellen müssen die Meldekanäle betreiben, führen nach einer Meldung definierte Verfahren durch und ergreifen ebenfalls im Gesetz definierte Folgemaßnahmen.

Finanzdienstleister und ähnliche Branchen unterfallen den Regelungen ohne solche Grenzen.

Interne Meldestelle bestimmen

Interne Meldestelle kann auch ein Beschäftigter sein. Dieser Beschäftigte ist im Übrigen nicht besonders geschützt, wie es etwa im Kündigungsschutz der interne Datenschutzbeauftragte ist. Es dürfen auch Führungskräfte sein oder eine Person, die ohnehin mit der Einhaltung der Compliance beauftragt ist oder auch ein betrieblicher Arbeitnehmervertreter und sie dürfen weiter ihrer sonstigen Tätigkeit nachgehen. Dabei ist aber sicherzustellen, „dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu Interessenkonflikten führen.“ Die Personen sind dann unabhängig tätig. Sie müssen zur Erlangung der Fachkunde geschult werden, wenn sie diese Fachkunde noch nicht haben.

Meldekanäle einrichten

Die Regelung des § 16 HinSchG gibt Auskunft über die Art der Meldekanäle, die etwa auch Lieferanten offenstehen müssen. Auch anonyme Meldungen müssen bearbeitet werden. Allerdings müssen die Kanäle nicht zwingend eine anonyme Meldung ermöglichen (Abs. 1). Dafür besteht aber eine strenge Pflicht zur Abschirmung gegenüber dem Zugriff von nicht befugten Personen (Abs. 2).Dies betrifft dann auch die eigene IT, deren Mitarbeiter von einem Zugriff abgeschirmt werden müssen.

  1. Der interne Meldekanal kann so gestaltet werden, dass er darüber hinaus auch natürlichen Personen offensteht, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit dem jeweiligen zur Einrichtung der internen Meldestelle verpflichteten Beschäftigungsgeber oder mit der jeweiligen Organisationseinheit in Kontakt stehen. Die interne Meldestelle sollte auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Es besteht allerdings keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.
  2. Die Meldekanäle sind so zu gestalten, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen sowie die sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben.

Die Art der Meldekanäle wird in § 16 Abs. 3 geregelt. Mündliche Meldungen können im Rahmen eines Telefonkontakts und/oder Anrufbeantwortersystems erfolgen. Die im Gesetz aufgeführte Textform umfasst vor allem E-Mails oder Faxkanäle. Auf Wunsch der hinweisgebenden Person müssen auch persönliche Zusammenkünfte erfolgen können.

Wahrung der Vertraulichkeit

Die oben erwähnte Pflicht zur Abschirmung ist auch Ausfluss des Vertraulichkeitsgebots nach § 8 HinSchG. Die Meldestellen sind gesetzlich verpflichtet die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person zu wahren. Auch die Identitäten der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind sowie der sonstigen in der Meldung erwähnten Personen sind vertraulich zu behandeln. Das ganze Meldesystem muss also so ausgelegt werden, dass die geschützten Identitäten nur der Person und ggf. unterstützenden Personen bekannt werden können, welche die Meldestelle betreiben. Nur mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Personen darf deren Identität auch Dritten offenbart werden.

Verfahren bei internen Meldungen

In § 17 HinSchG wird das Verfahren bei internen Meldungen geregelt. Meldungen sind von der internen Meldestelle spätestens nach 7 Tagen zu bestätigen. Es folgt eine Prüfung des sachlichen Anwendungsbereichs und der Stichhaltigkeit der Meldung. Ist ein Kontakt möglich, ist dieser zu halten und ggf. für ergänzende Informationsbeschaffungen zu nutzen. Zudem ist dem Whistleblower eine Rückmeldung zu geben.

„Die Rückmeldung umfasst die Mitteilung geplanter sowie bereits ergriffener Folgemaßnahmen sowie die Gründe für diese. Eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person darf nur insoweit erfolgen, als dadurch interne Nachforschungen oder Ermittlungen nicht berührt und die Rechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind oder die in der Meldung genannt werden, nicht beeinträchtigt werden.“

Folgemaßnahmen

§ 18 HinSchG regelt die Folgemaßnahmen, die im Wesentlichen aus internen Untersuchungen Weiterleitungen an andere zuständige Personen und der Abgabe des Verfahrens an zuständige Behörden oder interne Organisationseinheiten für interne Ermittlungen zur weiteren Untersuchung bestehen. Vorgesehen ist auch die Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens aus Mangel an Beweisen oder anderen Gründen.

Die für die Meldestelle zuständige Person muss nach § 11 HinSchG alle eingehenden Meldungen in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebotes dokumentieren.

Fazit

Es kommt einiges auf die Unternehmen zu, denn der sachliche Anwendungsbereich der Meldungen ist weit und umfasst alltägliche Verstöße. Dabei sollten Unternehmen interne Meldungen besser fördern, damit weiterhin mögliche externe Meldungen unterbleiben. Hierzu sind klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen Meldeverfahrens bereitzuhalten. Zudem sollte man die Geheimhaltungsklauseln in den Arbeitsverträgen prüfen, ob sie dem neuen Gesetz entgegenstehen und auch die notwendigen datenschutzrechtlichen Dokumentationen (Folgeabschätzung, Verfahrensverzeichnis) ergänzen.

Bild: 422737 (Pixabay, Pixabay License)

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