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Die Sprache der Tiere

16.11.2023  — Samira Sieverdingbeck.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ob Balu aus dem Dschungelbuch, das weiße Kaninchen aus dem Wunderland oder der Löwe Aslan in Narnia – Tiere, die sprechen, singen, tanzen oder sogar die Uhr im Blick haben, sind für uns in Geschichten und Filmen keine Besonderheit. Doch können wir die Sprache der Tiere auch in der Realität verstehen? Künstliche Intelligenz bietet neue Möglichkeiten.

Kommunikation abseits der Fantasie

Auch ohne hochentwickelte Technologien, erkennen wir oft, dass Tiere mit uns oder untereinander kommunizieren. Besonders wenn es um Futter geht, sind gerade unsere Haustiere sehr eindeutig in der Kommunikation. In der Wissenschaft haben sich Forschende oft damit zurückgehalten, zu behaupten, Tiere könnten menschenähnlich kommunizieren, denn der Vorwurf des Anthropomorphismus – menschliche Eigenschaften oft Nicht-Menschliches zu übertragen – ist nicht weit. Ob Tiere etwas nutzen, dass wir mit unserer menschlichen Sprache vergleichen können, ist weiterhin umstritten. Dass Tiere Geräusche und Bewegungen machen, die als Kommunikation gedeutet werden könnten, ist jedoch offenkundig. Aufzeichnungen und Daten gibt es unzählige – KI kann nun helfen diese zu analysieren.

Die Evolution der Sprachübersetzung durch Künstliche Intelligenz

Wenn wir einen Satz von einer Sprache in eine andere übersetzen möchten, brauchen wir zunächst ein mehrsprachiges Objekt, wie ein Wörterbuch, das als Mittelsmann gilt. In den letzten zehn Jahren konnten bei der Übersetzung jedoch erhebliche Fortschritte durch KI gemacht werden.

2013 konnten semantische Strukturen menschlicher Sprachen erstmalig in geometrische Strukturen übersetzt werden. Vier Jahre später gelang zwei Forschungsgruppen dadurch die Übersetzung verschiedener Sprachen ineinander basierend auf den Übereinstimmungen der geometrischen Formen, ganz ohne mehrsprachiges Objekt (lesen Sie mehr über die Projekte „Unsupervised Neural Machine Translation“ und „Unsupervised Machine Translation Using Monolingual Corpora Only“).

2020 machte die Verarbeitung natürlicher Sprache einen weiteren, wichtigen Schritt nach vorne – sie wurde multimodal. Dadurch werden nicht nur Text, sondern auch Geräusche, Bilder, Gesten und Berührungen als Sprache betrachtet und analysiert. Eine mittlerweile recht geläufige Form dessen, sind Anwendungen wie DALL-E 2 oder Stable Diffusion, die einen Prompt aus Wörtern in ein Bild „übersetzen“.

Auch die Kommunikation der Menschen und Tiere ist nicht eindimensional. Sie setzt sich stets aus Geräuschen, Mimik und Gestik zusammen und ist damit ebenfalls multimodal. Das Earth Species Project arbeitet seit 2017 an der Dekodierung tierischer Kommunikation mittels KI.

Was bringt uns die Übersetzung?

Es ist unwahrscheinlich, dass durch die „Übersetzung“ nicht-menschlicher Sprachen eine direkte Kommunikation zwischen Menschen und Tieren möglich sein wird. Das Potenzial der Dekodierung liegt jedoch im Artenschutz und in der Verbesserung der Haltungsbedingungen.

Die Übersetzung von Tierlauten könnte dazu beitragen den Erhalt einzelner Arten zu sichern. Das Earth Species Project arbeitet dazu unter anderem mit der Hawaiikrähe. Die Krähenart ist in freier Wildbahn 2002 ausgestorben. Die letzten Exemplare leben seither in Gefangenschaft, eine Wiederansiedlung gestaltet sich jedoch noch schwer. Die Forschenden untersuchen nun historische Laute mit dem heutigen Gesang, um festzustellen, ob die Tiere eventuell überlebenswichtige Laute verloren haben.

Auch Nutztiere könnten profitieren. Anhand von mehreren tausend Schweinegeräuschen, trainierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Algorithmus, sodass es ihnen möglich wurde anhand der Laute auf den emotionalen Zustand der Schweine zu schließen. Langfristig könnte uns die Interpretation der Sprache von Tieren auch dabei helfen unsere Haustiere und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen.

Zweite Fremdsprache: Katze?

Die Fortschritte sind mit Vorsicht zu genießen. Ein Wörterbuch Deutsch – Katze wird es in näherer Zukunft nicht geben. Vielmehr kann die KI dabei helfen, große Datenmengen zu analysieren und Muster zu erkennen. Doch auch dabei liegt die KI nicht immer richtig. Teilweise ist es selbst für Expertinnen und Experten nicht nachvollziehbar, wie die Technologie ihre Schlüsse zieht.

Auch ethisch sind die neuen Möglichkeiten keinesfalls unumstritten. Im Moment ist die Erforschung der Sprache der Tiere von wissenschaftlichen Motiven getrieben, jedoch könnten die Erkenntnisse profitgetriebenen Jägern und Fischern helfen, die Tiere gezielt in ihre Fallen zu locken.

Leitlinien für die neuen Möglichkeiten werden deshalb unumgänglich sein und sollten möglichst zeitnah beschlossen werden. Denn wenn erstmal gewinnorientierte, große Akteure sich die Technologie zu Nutze machen, könnte es schon zu spät sein.

Bild: MabelAmber (Pixabay, Pixabay License)

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