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Anwendung der Sachbezugsfreigrenze

08.02.2017  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Fachartikel von Volker Hartmann: Einbeziehung von Versandkosten- und Handlingsspauschalen in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage

Die Sachbezugsfreigrenze gemäß § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG ist sowohl bei Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern sehr beliebt, weil danach Sachbezüge von geringem Wert, die grundsätzlich als Arbeitslohn zu erfassen sind, ausnahmsweise nicht der Lohnversteuerung unterworfen werden müssen, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen.

Bei der Sachbezugsfreigrenze handelt es sich grundsätzlich um eine Nichtaufgriffsgrenze, um die Lohnversteuerung von Bagatellbeträgen zu vermeiden und den damit verbundenen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung zu unterbinden.

In der lohnsteuerlichen Praxis wird zunehmend versucht, diese steuerliche Nichtaufgriffsgrenze rigoros auszunutzen und den Arbeitnehmer flächendeckend, also über den Einzelfall hinausgehend, regelmäßig und teilweise sogar mit Rechtsanspruch der Arbeitnehmer Sachbezüge steuerfrei und beitragsfrei in der Sozialversicherung zukommen zu lassen.

Aus diesen Gründen sieht die Finanzverwaltung diese steuerliche Regelung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Bei Lohnsteueraußenprüfungen stellt die Sachbezugsfreigrenze daher regelmäßig einen Prüfungsschwerpunkt dar. Hier wird vom Finanzamt eingehend untersucht, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze vorliegen, z.B. ob es sich tatsächlich um Sachzuwendungen oder um (verdeckte) Barlohnzahlungen handelt.

Urteil Finanzgericht Baden-Württemberg vom 08.04.16, 10 K 2128/14

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat sich mit Urteil vom 08.04.16, 10 K 2128/14 mit der streitigen Rechtsfrage auseinandersetzen müssen, wie Versandkosten- und Haindlingsspauschalen lohnsteuerlich zu behandeln sind, die in Zusammenhang mit der Prämiengewährung an die Arbeitnehmer entstanden sind.

Im hier streitigen Sachverhalt hatten die Arbeitnehmer Anspruch auf Prämien in Form von Sachbezügen in Höhe von monatlich 44 Euro brutto. Die Arbeitnehmer hatten die Möglichkeit, sich bei einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Lieferanten eine entsprechende Sachprämie auszusuchen. Der Lieferant lieferte die Prämien direkt an die Privatanschrift des Arbeitnehmers. Der Lieferant stellte dem Arbeitgeber die Kosten für die Sachprämie zuzüglich einer Versand- und Handlingkostenpauschale in Höhe von 7,14 Euro in Rechnung.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung monierte das Finanzamt, dass bei der Bewertung der geldwerten Vorteile die Versand- und Handlingkostenpauschale nicht in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen worden sind. Das Finanzamt stellte fest, dass die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro bei Einbeziehung der Versand- und Handlingkostenpauschalen regelmäßig überschritten war. Daher handelt es sich in vollem Umfang um Arbeitslohn, der der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist.

Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamtes. Danach sind die Versand- und Handlingskosten in die Bewertung der Sachbezüge in die Berechnung der Freigrenze von 44 EUR miteinzubeziehen. Das Finanzgericht vertritt die Auffassung, dass der Versand der Ware direkt vom Lieferanten an die Arbeitnehmer die Inanspruchnahme einer zusätzlichen geldwerten Dienstleistung darstellt, nämlich der Versand der bestellten Artikel nach Hause. Dieser Versand hat einen eigenen, geldwerten Vorteil, da zum einen Verpackungskosten in Form von Material und Arbeitslöhnen anfallen, zum anderen Transportkosten. Nach Überzeugung des Gerichts werden die Arbeitnehmer um die Dienstleistung der Versendung der Ware nach Hause begünstigt und auch bereichert.

Auswirkungen für die Praxis

Bei Anwendung der Sachbezugsfreigrenze ist es daher empfehlenswert, nicht nur den unmittelbaren Warenwert der Prämie, sondern darüber hinaus auch Nebenkosten in Zusammenhang mit der Beschaffung, also insbesondere Versandkosten- und Haindlingsspauschalen bei der Bewertung der geldwerten Vorteile miteinzubeziehen.

Soweit die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von monatlich 44 Euro überschritten ist, handelt es sich in voller Höhe, also nicht nur in Höhe der übersteigenden Beträge, um Arbeitslohn, der sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist.



Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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