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Widerruf einer Anrufungsauskunft

17.04.2015  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Höchst umstritten ist, ob es sich bei der Übernahme von Versicherungsprämien für eine Anwaltshaftverpflichtversicherung durch den Arbeitgeber um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers oder um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, der sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist.

In diesem Zusammenhang ist ein Urteil zu einem ganz anderen Sachverhalt ergangen, über den wir Sie hiermit ins Bild setzen möchten.

BFH-Urteil vom 26.07.07, VI R 64/06

Um sich als Arbeitgeber vor unnötigen Haftungsrisiken zu schützen, ist es ratsam, sich bereits im Vorfeld einer Lohnsteueraußenprüfung gegen mögliche Steuernachforderungen und die Haftungsinanspruchnahme durch das Finanzamt abzusichern. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, einen Anrufungsauskunft nach § 42d EStG bei seinem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt einzuholen. Eine Anrufungsauskunft entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung für alle Beteiligten, also sowohl für das Betriebsstättenfinanzamt als auch für den jeweiligen Arbeitgeber. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass sich das Finanzamt geirrt hat oder ein vergleichbarer Sachverhalt von der Finanzverwaltung, einem Finanzgericht oder vom Bundesfinanzhof zu einem späteren Zeitpunkt anders gewürdigt worden ist.

Die Bindungswirkung für die Vergangenheit bleibt grundsätzlich erhalten, solange die Anrufungsauskunft nicht vom Finanzamt widerrufen wird oder sich die Gesetzeslage ändert.

Wenn das Finanzamt eine Anrufungsauskunft widerruft, bleibt die Bindungswirkung für die Vergangenheit erhalten; für künftige Zeiträume entfaltet die Anrufungsauskunft aufgrund des Widerrufs jedoch keine Bindungswirkung mehr.

Der streitige Sachverhalt

Weil ein Arbeitgeber Klarheit hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung bei der Übernahme von Versicherungsprämien für eine Anwaltshaftpflichtversicherung haben wollte, holte er eine entsprechende Anrufungsauskunft bei seinem Betriebsstättenfinanzamt ein. Das Finanzamt teilte dem Arbeitgeber zunächst schriftlich mit, dass diese Zahlungen nicht als Sachbezug der Lohnversteuerung zu unterwerfen seien. Zwei Jahre später fand eine Lohnsteueraußenprüfung bei dem Arbeitgeber statt. Im Gegensatz zur zuvor erteilten Anrufungsauskunft vertrat die Lohnsteueraußenprüferin die Auffassung, dass es sich bei der Übernahme von Versicherungsprämien um einen geldwerten Vorteil handelt, welcher der Lohnversteuerung zu unterwerfen sei. Die Prüferin berief sich hierbei auf das BFH-Urteil vom 12.02.09, VI R 32/08.

Widerruf der Anrufungsauskunft

Aufgrund der Feststellungen der Lohnsteueraußenprüferin widerrief das Betriebsstättenfinanzamt im Nachgang an die Lohnsteueraußenprüfung die zuvor erteilte Anrufungsauskunft und teilte dem Arbeitgeber mit, dass es sich hinsichtlich der Übernahme der Versicherungsprämien für eine Anwaltshaftpflichtversicherung um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Hiermit war der Arbeitgeber nicht einverstanden und legte Einspruch ein. Gleichzeitig beantragte der Arbeitgeber Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte den Antrag des Arbeitgebers auf Aussetzung der Vollziehung mit dem Hinweis ab, der Widerruf der Anrufungsauskunft sei kein vollziehbarer Verwaltungsakt. Das Finanzamt gab dem Antrag jedoch nicht statt, weil der Widerruf eine Ermessensentscheidung sei, bei der das Vertrauen in den Bestand der erteilten Auskunft und das Gebot der Gesetz- und Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegeneinander abzuwägen seien. Die Anrufungsauskunft verstoße gegen materielles Recht und sei deshalb rechtswidrig.

BFH-Beschluss vom 15.01.15, VI B 103/14

Mit Beschluss vom 15.01.15, VI B 103/14 stellte der Bundesfinanzhof klar, dass eine Lohnsteuer­anrufungs­auskunft nach § 42e EStG lediglich eine Regelung dahingehend trifft, wie die Finanzbehörde den vom Arbeitgeber dargestellten typischerweise hypothetischen Sachverhalt im Hinblick auf die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt.

Demgemäß erschöpft sich der Inhalt des Widerrufs einer Lohnsteueranrufungsauskunft darin, dass das Finanzamt dem Arbeitgeber mitteilt, von nun an eine andere Rechtsauffassung als bisher zu vertreten. Die Wirkung eines Widerrufs einer Lohnsteueranrufungsauskunft geht damit nicht über die Negation des zuvor Erklärten hinaus. Vollziehbar sind jedoch nur solche Verwaltungsakte, deren Wirkung sich nicht auf eine reine Negation beschränkt. Daher konnte dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht stattgegeben werden.


Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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