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Stress für Beschäftigte: Kann ein Gesetz Abhilfe schaffen?

15.09.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Schutt, Waetke Rechtsanwälte.

Ständige Erreichbarkeit nach Feierabend und im Urlaub, Arbeit, die überfordert - die Gewerkschaften drängen auf eine "Anti-Stress-Verordnung", die die psychischen Belastungen des Arbeitnehmers berücksichtigt. Bundesarbeitsministerin Nahles hat nun angekündigt, eine solche Verordnung zu prüfen. Eine gute Idee?

"Für Beschäftigte in Projektarbeit ist zu beurteilen, ob das Projektziel mit den vorhandenen Ressourcen ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu realisieren ist", so die IG Metall bereits vor Jahren. Das hört sich gut an, aber wie so oft: Wenn das niemand kontrolliert, ist das Gesetz bedeutungslos.

Kommentar von Rechtsanwalt Thomas Waetke:

Es gibt bereits heute eine Vielzahl von Arbeitsschutzvorschriften, die aber entweder großteils gar nicht bekannt sind oder bewusst ignoriert werden.

Wenn im Arbeitszeitgesetz eine Höchstarbeitszeit angegeben ist, dann ist nicht noch eine Verordnung erforderlich, die die Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit verbietet. Solange die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten nicht großflächig kontrolliert und ein Verstoß sanktioniert wird oder die Arbeitnehmer sich nicht wehren, wird auch eine Verordnung kaum etwas ändern.

In Seminaren höre ich zu dem Thema oft: "Wenn wir uns an die Arbeitszeiten halten würden, könnten wir die Veranstaltung nicht machen." Auch an Berufsschulen und Hochschulen bzw. in Ausbildungsbetrieben findet man den Satz lustig, den der angehende Eventmanager hört, wenn er nach 20 Stunden am ersten Arbeitstag müde wird: "Willkommen in der Veranstaltungsbranche".

Ich würde mir wünschen, dass in den Berufsschulen und an Hochschulen, an denen Eventmanagement, Veranstaltungstechnik u. Ä. gelehrt wird, auch der Arbeitsschutz als wesentlicher und nicht diskutabler Bestandteil der Veranstaltung präsentiert wird. Außerdem mögen Ausbildungsbetriebe, die Verantwortung für Auszubildende übernommen haben, ein gutes Vorbild sein. Leider höre ich oft, dass sich Azubis über ihre Ausbildungsbetriebe beklagen, dass Ausbildungsbetriebe quasi nur aus dem Inhaber bestehen, der aber zwei Azubis ausbildet, die wie Vollzeitkräfte schuften müssen.

Sinnvoll ist eine Verordnung, wenn gleichzeitig Kriterien aufgestellt werden, anhand derer man eine Überforderung von Arbeitnehmern erkennen und vermeiden kann, und die dem Arbeitgeber Anhaltspunkte für eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen an die Hand geben.

Nur: Solange weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer noch Ausbilder/Dozenten das Thema ernst nehmen, wird auch eine neue Verordnung keine durchgreifenden Veränderungen bringen.

Der Arbeitgeber muss erkennen, dass Arbeitsschutz vielleicht kurzfristig mühevoll ist und Geld kostet, aber langfristig Ressourcen schont – nämlich den Arbeitnehmer, der weniger krank ist, der motivierter und dem Unternehmen länger verbunden bleibt. Abgesehen davon, dass Arbeitsschutz gesetzlich vorgeschrieben ist, hilft er also auch dem Unternehmen.

Ebenso könnten Auftraggeber ihre Auswahl auch danach richten, welcher Auftragnehmer sich an die Regeln hält.

Das mag den Auftraggeber vielleicht etwas mehr kosten, wenn mehr Mitarbeiter aufgrund der Schichtwechsel involviert werden, aber Mehrkosten sind kein Argument für Nichtbeachtung von Vorschriften.

Interessant ist, dass immer mehr Unternehmen sich selbst Compliance-Richtlinien auferlegen, in denen sie geloben, sich an Gesetz und Ordnung zu halten. Leider bezieht sich dies meist "nur" auf Bestechung und Korruption, sollte sich aber auch auf die Auswahl von Auftragnehmern erstrecken.

Soviel man über das Mindestlohngesetz schimpfen könnte, ein Gutes hat es: In § 19 ist nämlich vorgesehen, dass öffentliche Auftraggeber solche Bewerber von der Teilnahme am Vergabewettbewerb ausschließen sollen, die wegen eines Verstoßes gegen den Mindestlohn ein Bußgeld zahlen mussten (§ 19 Abs. 1 MiLoG).

Insoweit könnte eine Compliance-Regel auch bspw. lauten:

"Wir prüfen, ob der Auftragnehmer ausreichende und geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften für Arbeits- und Gesundheitsschutz getroffen hat und sie auch durchführt. Wir schließen Auftragnehmer von der Auftragsvergabe aus, soweit wir Kenntnis darüber erlangen, dass der Auftragnehmer gegen Vorschriften aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz verstößt, solange er nicht die Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit nachgewiesen hat."


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