Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Sozialversicherungsfreiheit steuerfreier bzw. pauschalversteuerter Entgeltbestandteile

17.10.2016  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Experte Volker Hartmann klärt Zweifelsfragen zur Sozialversicherungsfreiheit steuerfreier bzw. pauschalversteuerter Entgeltbestandteile.

Im Rahmen des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) vom 15.04.2015 sind die in § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 Sozialversicherungsentgeltverordnung genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgelt­abrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschalbesteuert werden.

Anzeige
Umsatzsteuer aktuell
Wichtige Neuregelungen und aktuelle Brennpunkte zur Umsatzsteuer in der Praxis
  • ► Neues zur USt. bei Betriebsveranstaltungen
  • ► § 13b UStG (Reverse Charge)
  • ► Innergemeinschaftliche Reihengeschäfte – neue Rechtsprechung!
  • ► Lösung firmenspezifischer Fragen

Im Klartext heißt das, dass eine Verbeitragung zur Sozialversicherung nur dann nicht in Betracht kommt, wenn diese Entgeltbestandteile im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung abgerechnet werden. Wenn der Arbeitgeber die oben genannten Entgeltbestandteile nicht bzw. nicht rechtzeitig im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung abrechnet, handelt es sich aufgrund der gesetzlichen Neuregelung um Entgelt, welches der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist.

Gemeinsame Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger

Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben sich im Rahmen einer gemeinsamen Besprechung zu den in Zusammenhang mit der Sozialversicherungspflicht von steuerfreien bzw. pauschalversteuerten Entgeltbestandteilen aufgetretenen Zweifelsfragen geäußert (vgl. Niederschrift über die Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 20.04.2016).

Nachträgliche Korrektur von Abrechnungsfehlern in der Lohn- und Gehaltsabrechnung

Soweit ein Abrechnungsfehler des Arbeitgebers vorliegt, z. B. weil die steuerrechtliche Beurteilung des Arbeitsentgelts unzutreffend war, kann korrespondierend zur Steuerfreiheit bzw. Pauschalierungsmöglichkeit zu Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führen.

Im Nachhinein geltend gemachte Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerung

Im Gegensatz dazu führt eine erst im Nachhinein geltend gemachte Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerung nicht zwangsläufig zu Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.

Bei einer erst im Nachhinein geltend gemachten Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerung hängt die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung davon ab, ob der Arbeitgeber noch Korrekturmöglichkeiten im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung hat.

Nur bei bestehenden Korrekturmöglichkeiten im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung, z. B. wenn die Lohnsteuerbescheinigung noch nicht erstellt worden ist, führt eine erst im Nachhinein geltend gemachte Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerung zu Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.

Bestehen hingegen im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung keine Korrekturmöglichkeiten mehr, z. B. weil die Lohnsteuerbescheinigung bereits erstellt worden ist, führt eine erst im Nachhinein geltend gemachte Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerung nach dem Willen des Gesetzgebers zu Beitragspflicht in der Sozialversicherung.

Danach sind Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen in vollem Umfang dem sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltabrechnung zwar eine (rechtlich zulässige) steuerfreie oder pauschalbesteuerte Behandlung hätte durchführen können, von dieser Möglichkeit jedoch – aus welchen Gründen auch immer – keinen Gebrauch gemacht und die Arbeitsentgeltbestandteile im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung – zunächst – steuerpflichtig belassen hat.

Korrekturen bei einer Lohnsteueraußenprüfung

Nach Auffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger führt eine nachträgliche Änderung der Besteuerung im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung grundsätzlich nicht zu einer geänderten Beurteilung der Beitragspflicht, da bei einer Lohnsteueraußenprüfung nicht der Arbeitgeber die steuerpflichtige Erhebung ändert, sondern die Finanzverwaltung. Eine steuerliche Umqualifizierung führt in derartigen Fällen entsprechend nicht zu einer sozialversicherungsrechtlichen Umqualifizierung.

Akuter Handlungsbedarf

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, eine drohende Verbeitragung zur Sozialversicherung zu vermeiden, indem die bereits durchgeführten Lohn- und Gehaltsabrechnungen rückwirkend korrigiert und die steuerfreien bzw. pauschalversteuerten Entgeltbestandteile ergänzt werden.

Bitte beachten Sie, dass eine rückwirkende Korrektur nur möglich ist, soweit die Lohnkonten noch nicht abgeschlossen und die elektronische Lohnsteuerbescheinigung noch nicht an das Betriebsstättenfinanzamt übermittelt worden ist (vgl. § 41b Absatz 1 EStG).

Akuter Handlungsbedarf besteht daher, soweit folgende Entgeltbestandteile bislang nicht über die Lohn- und Gehaltsabrechnung abgerechnet worden sind:

  • alle steuerfreien Bezüge
  • sonstige Bezüge nach § 40 Absatz 1 Nr. 1 EStG (sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen)
  • unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeiten im Betrieb
  • Betriebsveranstaltungen
  • Erholungsbeihilfen
  • steuerpflichtige Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen
  • unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten
  • Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Internetnutzung
  • Fahrtkostenzuschüsse
  • geldwerte Vorteile für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bei der Dienstwagenbesteuerung


Zu diesem Artikel erreichte uns folgende Frage:

»Müssen auch die Sachbezüge in Höhe von max. 44 EUR monatlich (z.B. Gutscheine) über die Lohnabrechnung laufen? Und wie sieht es mit den Geschenken auf Grund eines persönlichen Ereignisses i.H.v. max. 60 EUR aus? Muss bei Betriebsveranstaltungen dann der genau dem AN zugerechnete Anteil (z.B. 80,45 EUR) auf der Lohn- u. Gehaltsabrechnung als steuer- u. sozialversicherungsfrei vermerkt werden? Dann wissen die Mitarbeiter, was die Weihnachtsfeier gekostet hat. Kann man für solche Zwecke eine "fiktive" Abrechnung nicht auf den Mitarbeiter bezogen durchführen?«

Unser Experte Volker Hartmann erläuterte hierzu:

Nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes sind die die in § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 Sozialversicherungsentgeltverordnung genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden.

Dazu gehören auch steuerpflichtige Sachbezüge, die aufgrund Anwendung der Sachbezugsfreigrenze gemäß § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG steuerfrei sind.

Sachzuwendungen, die ein Arbeitnehmer anläßlich eines besonderen persönlichen Ereignisses von seinem Arbeitgeber erhält, sind nach Maßgabe von R 19.6 LStR nicht als Arbeitslohn anzusehen. Daher brauchen derartige Sachzuwendungen nicht im Lohnkonto aufgezeichnet zu werden.

In der lohnsteuerlichen Praxis erhalten viele Arbeitnehmer Sachzuwendungen, die den einzelnen Arbeitnehmern oft nicht individuell zugerechnet werden können, weil es sich lediglich um einen rechnerischen – fiktiven – Anteil an den Gesamtkosten einer Zuwendung handelt. Diese Problematik tritt beispielsweise bei Betriebsveranstaltungen auf, die vom Arbeitgeber pauschal nach § 40 Absatz 2 EStG versteuert werden. Weil die gesetzliche Neuregelung nicht ausdrücklich vorschreibt, dass eine Entgeltabrechnung unmittelbar bei den Arbeitnehmern durchzuführen ist, kann m.E. auf eine individuelle Zurechnung bei den Arbeitnehmern und auf einen unmittelbaren Ausweis in der Lohnabrechnung verzichtet werden, wenn sichergestellt ist, dass eine Gesamtabrechnung, z.B. über einen Dummy als fiktiven Arbeitnehmer erfolgt. Eine andere Handhabe wäre m.E sowohl unverhältnismäßig als auch unpraktikabel. Hier ist zu hoffen, dass die zuständigen Sozialversicherungsträger keine überzogenen Anforderungen an die Arbeitgeber stellen.

Auch bei sonstigen Veranstaltungen, die vom Arbeitgeber nach § 37b Absatz 2 EStG pauschalversteuert werden, empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Gesamtabrechnung über einen Dummy, auch wenn für diese Bezüge keine Sozialversicherungsfreiheit in Betracht kommt.


Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine von Volker Hartmann.


nach oben
FAQ