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Mütter erleiden erhebliche Einbußen beim Lohn – Gleitzeit hilft dagegen nicht

15.05.2019  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Wenn Frauen Kinder bekommen, müssen sie in Deutschland mit erheblichen Lohneinbußen rechnen - trotz Gleitzeit. Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Eine Forscherin fordert Reformen bei Elternzeit und Steuerrecht für Mentalitätswechsel.

Wenn Frauen Kinder bekommen, müssen sie in Deutschland mit erheblichen Lohneinbußen rechnen. Auch Gleitzeit kann das nicht verhindern, zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Um Verdienstnachteile von Müttern wirksam zu reduzieren, braucht es neben einem weiteren Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung Reformen bei der Elternzeit, im Steuerrecht – und einen Mentalitätswechsel.

Was die Lohnnachteile von Frauen mit Kindern angeht, steht Deutschland im internationalen Vergleich ziemlich schlecht da, schreiben Dr. Yvonne Lott vom WSI und Lorena Eulgem. Die Sozialwissenschaftlerinnen haben untersucht, ob flexible Arbeitszeiten dazu beitragen können, diese Nachteile auszugleichen. Schließlich erleichtern sie grundsätzlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Antwort lautet: nein. Den Ergebnissen zufolge verdienen Mütter, die Elternzeit genommen haben und in Gleitzeit wechseln, im Schnitt sogar noch weniger als vorher.

In punkto Geschlechtergleichheit hinke Deutschland in vielerlei Hinsicht hinterher, so Lott und Eulgem. Der Gender Pay Gap sei mit 21 Prozent höher als in den meisten anderen Industriestaaten. Noch düsterer sieht es aus, wenn Nachwuchs im Spiel ist: Studien zufolge verdienen Mütter von zwei Kindern bis zum Alter von 45 Jahren bis zu 58 Prozent weniger als kinderlose Frauen.

Als mögliche Gründe nennen die Forscherinnen zum einen den angeblichen Verlust von „Humankapital“: Durch die längeren Auszeiten, die viele Frauen nach der Geburt nehmen, werde ihre Qualifikation in den Augen vieler Arbeitgeber entwertet. Das ist vor allem für höher qualifizierte Beschäftigte ein Problem. Zum anderen gebe es „negative Signalwirkungen“, weil viele Arbeitgeber Mutterschaft als Ausdruck fehlender Karriereorientierung betrachten. Zudem sei davon auszugehen, dass Vereinbarkeitsprobleme Stress verursachen und so die Produktivität beeinträchtigen.

Flexible Arbeitszeiten wiederum könnten dabei helfen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, so Lott und Eulgem. Insofern sollten sie eigentlich dazu beitragen, die Lohneinbußen von Frauen mit Kindern zu reduzieren. Tatsächlich hätten US-amerikanische Studien gezeigt, dass erwerbstätige Mütter von Gleitzeit dort finanziell profitieren.

Um zu überprüfen, ob ein solcher Effekt auch in Deutschland nachweisbar ist, haben die Wissenschaftlerinnen Daten des Sozio-oekonomischen Panels für Frauen, die in Elternzeit waren und vorher oder nachher Gleitzeit hatten, ausgewertet. Ihre Berechnungen bestätigen zunächst, dass Mutterschaft mit deutlichen Verdienstnachteilen verbunden ist: Die beobachteten Frauen, die nach einer Elternzeit von bis zu einem Jahr in den Beruf zurückkehren, verdienen im Schnitt 6,5 Prozent weniger pro Stunde. Wer mehr als ein Jahr pausiert, bekommt danach pro Stunde fast 10 Prozent weniger bezahlt.

Gleitzeit hat der Analyse zufolge generell einen positiven Effekt auf die Löhne von Frauen: Wenn sie von festen Arbeitszeiten zu Gleitzeit wechseln, erhöht sich das Gehalt weiblicher Beschäftigter um durchschnittlich 4,5 Prozent. Das Vorzeichen ändert sich jedoch, wenn es um Mütter geht: Frauen, die eine längere Elternzeit hinter sich haben, verdienen 16 Prozent weniger, wenn sie in Gleitzeit wechseln.

Anders als in den USA scheine Gleitzeit in Deutschland das Stigma von Mutterschaft noch zu verstärken, urteilen die Autorinnen. Um eine partnerschaftliche Arbeitsteilung zu befördern und so die offenbar stark ausgeprägten Vorurteile gegenüber erwerbstätigen Müttern abzubauen, empfehlen sie der Politik, das Ehegattensplitting abzuschaffen, die Partnermonate bei der Elternzeit zu verlängern und ein Recht auf Familienarbeitszeit einzuführen, bei der beide Partner ihre Arbeitszeit reduzieren. Dass progressive soziale Normen im Zusammenspiel mit einem gut ausgebauten Betreuungsangebot viel bewirken können, zeigt nach Ansicht von Lott und Eulgem das Beispiel Schweden: Hier verdienen Mütter ab dem 40. Lebensjahr im Schnitt sogar mehr als kinderlose Frauen.


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