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Ministerin Lambrecht: „Digitalisierung für die Gleichstellung von Frauen und Männern nutzen“

14.06.2021  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Digitale Technologien sind selbstverständlicher Bestandteil unseres Alltags geworden. Sie verändern unsere Arbeitswelt, unsere Kommunikation, unser Zusammenleben in Familie und Gesellschaft – von sozialen Netzwerken über den Pflegeroboter bis zum mobilen Arbeiten.

Die Frage, wie die Digitalisierung geschlechtergerecht gestaltet werden kann, um Frauen und Männern gleiche Verwirklichungschancen zu bieten, steht im Mittelpunkt des Dritten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, den das Kabinett heute beschlossen hat. Der Bericht besteht aus einem Gutachten einer unabhängigen Sachverständigenkommission unter dem Vorsitz von Professorin Aysel Yollu-Tok (HWR Berlin) sowie der Stellungnahme der Bundesregierung.

Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht: „Unser Ziel ist es, alle Menschen beim digitalen Wandel mitzunehmen. Mehr noch, wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern mit der Digitalisierung weiter voranbringen. Dies betrifft viele Lebensbereiche, zum Beispiel die Erhöhung des Frauenanteils in Digitalberufen, das mobile Arbeiten als Chance für die Gleichstellung oder die Bekämpfung von Diskriminierung und Hasskriminalität im Netz. Wir begreifen die Digitalisierung als Chance, um unsere Gesellschaft gerechter und moderner zu gestalten. Der Gleichstellungsbericht bestärkt uns darin und gibt wertvolle Impulse für unsere weitere Politik.“

Das Gutachten „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“ umfasst 101 Handlungsempfehlungen, die sich an die Politik in Bund, Ländern, Kommunen sowie die Zivilgesellschaft richten.

Zentrale Befunde der Sachverständigen:

  1. Der digitale Wandel sollte von Frauen und Männern gleichermaßen gestaltet werden. So können die Erfahrungswelten von Frauen und Männern in die digitalen Innovationen einfließen. Bisher sind Frauen mit 16 Prozent in der Digitalbranche unterrepräsentiert. Damit mehr Frauen mathematisch-naturwissenschaftliche oder IT-Berufe ergreifen, sollten MINT-Förderprogramme bereits in der frühkindlichen Bildung ansetzen. Auch das männlich geprägte Arbeitsumfeld in der Digitalbranche muss sich verändern, damit mehr Frauen in diesen Bereich hineinkommen, dort dauerhaft bleiben und es in Top-Positionen schaffen.
  2. Wenn mehr Frauen in der Digitalbranche gründen, bestimmen sie mit, welche Innovationen sich dort durchsetzen. Hinter 70 Prozent aller Gründungen in der Digitalbranche stehen reine Männerteams. Die Unterrepräsentation von Frauen hängt mit strukturellen Barrieren wie mangelnder Vereinbarkeit und fehlender sozialer Sicherung zusammen, aber auch mit Geschlechterstereotypen wie einem Bild des männlich geprägten digitalen Unternehmertums. Damit mehr Frauen gründen, brauchen sie Unterstützung, einen besseren Zugang zu Kapital und vor allem mehr Sichtbarkeit durch Kampagnen.
  3. Algorithmen sind nicht neutral. Nur wenn wir wissen, wie sie funktionieren, können wir der Diskriminierung von Frauen und Männern entgegenwirken. Computergestützte, lernende KI-Systeme werden zunehmend in der Kreditvergabe eingesetzt und stellen bei der Personalauswahl die Weichen für berufliche Werdegänge. Entscheidend sind hierbei die Trainingsdaten, sie dürfen keine Stereotype oder diskriminierenden Strukturen abbilden. Ihre Entscheidungsverfahren müssen transparent und nachvollziehbar sein.
  4. Der Gleichstellungsbericht setzt sich auch mit wirtschaftlichen Aktivitäten auseinander, die erst durch die Digitalisierung möglich geworden sind, wie beispielsweise die Plattformarbeit. Hier empfiehlt die Kommission, die soziale Absicherung von Plattformarbeitenden zu regeln und sie besser vor Diskriminierung zu schützen. Damit die Plattformtätigkeit, insbesondere für Frauen, nicht in eine berufliche Sackgasse führt, sollten erworbene Kompetenzen für den regulären Arbeitsmarkt sichtbarer und übertragbar gemacht werden.
  5. Homeoffice ist eine Chance für die Gleichstellung – wenn der Rahmen stimmt. Mobiles und flexibles Arbeiten bringt zwar mehr Flexibilität, aber auch die Gefahr einer Doppelbelastung, besonders für Mütter. Erst wenn Männer den gleichen Anteil an familiärer Sorgearbeit übernehmen, stehen Frauen im Erwerbsleben die gleichen Verwirklichungschancen offen. Frauen und Männer weiten jedoch ihre unbezahlte Sorgearbeit aus, allerdings Frauen stärker als Männer. Um die Chancen des Homeoffice für die Gleichstellung zu nutzen, sollte es neben einem Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten auch um die Verteilung unbezahlter Sorgearbeit in der digitalen Arbeitswelt gehen.
  6. Unsere Gesellschaft braucht mehr Medienkompetenz. Nur dann können sich alle diskriminierungsfrei im digitalen Raum bewegen. Die Sachverständigen empfehlen Vorbilder und alternative, geschützte Räume, wo sich (junge) Menschen frei und unabhängig engagieren können. Als gute Beispiele hierfür hebt die Kommission das Gendermagazin www.mein.testgelaende.de und die Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“ hervor, die beide vom BMFSFJ gefördert werden.
  7. Geschlechtsbezogene digitale Gewalt nimmt viele Formen an und schränkt die Teilhabe und Verwirklichungschancen von Frauen, aber auch von Männern ein. Durch die Bedeutung digitaler Technologien hat geschlechtsbezogene digitale Gewalt Folgen in fast allen Lebensbereichen: der Ausübung von Politik oder Ehrenamt, dem Arbeitsleben oder dem Kontakt mit Freundinnen und Freunden. Die Beratungsinfrastruktur sollte weiter ausgebaut und digitale Kompetenzen des Personals von Fachberatungsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen verbessert werden. Auch bei Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Justiz sollten Kompetenzen ausgebaut werden.
  8. Eine geschlechtergerechte Digitalisierung braucht Strukturen. Die Erkenntnisse des Dritten Gleichstellungsberichts sollten in die Weiterentwicklung der Gleichstellungspolitik einfließen. Sie sollten von der Bundesstiftung Gleichstellung aufgegriffen und in der nächsten Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung umgesetzt werden.
  9. Maßnahmen der Bundesregierung

    Viele im Gutachten angesprochenen Empfehlungen knüpfen an bereits bestehende Maßnahmen oder Beschlüsse der Bundesregierung an. Exemplarisch hervorzuheben ist etwa die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat sich dort bereits zum Ziel gesetzt, die unzulässige Diskriminierung beim Einsatz algorithmenbasierter Entscheidungen zu verhindern und auf die konsequente Einhaltung des Arbeitsschutzes in der digitalen Arbeitswelt zu bestehen.

    Die Bundesregierung begrüßt die umfassende Analyse der Sachverständigenkommission hinsichtlich geschlechtsbezogener „digitaler Gewalt“ und verweist in ihrer Stellungnahme auf ein umfangreiches Portfolio an Maßnahmen. Projekte wie „Aktiv gegen digitale Gewalt“ sowie der vom Kabinett beschlossene Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Cyberstalking sind hierfür gute Beispiele. Zudem wird durch eine Meldepflicht, die mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität eingeführt wurde, die strafrechtliche Verfolgung von digitaler Hasskriminalität verbessert.

    Ein Meilenstein der 19. Legislaturperiode ist die jüngst beschlossene Reform des gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutzes. Sie verpflichtet Anbieter, insbesondere von Spieleplattformen, sichere Voreinstellungen zu installieren, um Kinder und Jugendliche vor Risiken wie Mobbing, sexualisierter Anmache und Hassrede zu schützen.

    Näheres zum Gleichstellungsbericht sowie die ausführliche Stellungnahme der Bundesregierung finden Sie unter www.bmfsfj.de/gleichstellungsbericht

    Hintergrundinformationen zur Sachverständigenkommission, zu den von ihnen beauftragten vertiefenden Expertisen sowie zu Veranstaltungen und Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft finden Sie unter www.gleichstellungsbericht.de.

Bild: Rebrand Cities (Pexels, Pexels Lizenz)

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