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Führungskräfteentwicklung: Superman oder Superwoman?

17.05.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Reflect Beratung.

Veränderungsprozesse haben keinen guten Ruf. Zweidrittel der geplanten Veränderungsinitiativen verfehlen ihre Ziele, manche scheitern kläglich.

Gesucht werden deshalb die Superhelden, die Veränderungen endlich wirkungsvoll steuern können. Doch das scheint schon der falsche Ansatz zu sein.

In einer aktuellen Studie haben Bohn und Crummenerl von CapGemini untersucht, welcher Führungstyp („Change Leader“) in Zeiten digitaler Transformation besonders wirksam ist. In einer recht umfassenden Analyse aus den Jahren 2003, 2005, 2008, 2010 und 2012 hinsichtlich der Erfahrungen eigener Veränderungsprojekte wurden im Jahr 2014 Experten von Changeprojekten mittels eines standardisierten Fragebogens zu ihren Erfahrungen befragt.

Insgesamt 40 vollständige Fragebögen sind in die Auswertung eingeflossen, zusätzlich wurden 7 Interviews geführt. Die Zahl der in die Auswertung eingeflossenen Antworten schränkt damit die Aussagekraft etwas ein.

Dreiviertel der Befragten kommen aus dem deutschsprachigen Raum und fast zwei Drittel wiederum aus Großunternehmen. Nahezu 90 % der befragten Personen haben Führungsverantwortung. Alle befragten Personen gelten als erfahren im Umgang mit Veränderungsprojekten und haben eine entsprechende Expertise vorzuweisen.

Die von den Befragten deklarierten Herausforderungen entsprechen unserer Zeit und die meisten Unternehmen stecken noch mitten drin in der Bewältigung derselben: Internationale Vernetzung, technologische Sprünge, kürzere Innovationszyklen, „Big Data“, digitale Transformation, um die Wesentlichen zu nennen. Der Internet-Publizist Tim Cole hat diese Herausforderungen einmal so formuliert: „Alles, was sich digitalisieren lässt, wird digitalisiert. Alles, was sich vernetzen lässt, wird vernetzt. Und das verändert alles!“ (Bohn & Crummenerl 2015).

Soll heißen: Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, die Welt verändert sich rasant und mit ihr die Unternehmen oder eben auch nicht. Das kommt auch hinsichtlich der Anlässe für Veränderungsvorhaben im Zeitraum 2003-2015 deutlich zum Ausdruck.

War in den vergangen 12 Jahren Digitalisierung kein Thema, erreichte es im Jahr 2015 schon 11%. Diese Zahl wird weiter zunehmen, soviel ist sicher. Innerhalb der Studie wurden drei Typen von Führungskräften identifiziert, die sich von ihrem Wirkungsgrad her deutlich unterscheiden: der hochwirksame „Change Leader“, der moderate/moderierende „Change Manager“ und der eher top-down steuernde „Change Controller“. Hier kommt wohl die klassische Unterscheidung zw. „Management“ und „Leadership“ zum Tragen, indem Management eben stärker mit Steuern und Leadership eher mit Führen gleichgesetzt wird.

Folgende Erfolgs- bzw. Misserfolgskriterien wurden in der Studie deutlich: Durchregieren geht nicht mehr. Der klassische top-down Ansatz, der nur auf Umsetzen ohne Mitsprache angelegt ist, funktioniert nicht in der modernen Arbeitswelt. Die ideale Person verfügt über eine unabhängige und den Wandel bejahende Persönlichkeit und schafft es, gestaltend auf Menschen und auf Prozesse einzuwirken. Je früher die Einbindung dieser Person in den Veränderungsprozess erfolgt, desto besser. Positiv wirkt sich ein klares, gemeinsames Verständnis über die Rolle und die Aufgaben der Person aus, vor allem hinsichtlich des Top-Managements. Förderlich sind Personen, die sich selbst den Spiegel vorhalten können und sich Zeit zur Reflexion nehmen.

Die systematische Ausbildung in Sachen „Veränderungsbegleitung“ hat einen positiven Einfluss auf die Wirksamkeit der Veränderungsinitiativen. Je besser die „Changer“ ausgebildet wurden, desto wirksamer waren sie auch.

Das Umfeld ist mitentscheidend: Eine Vertrauens- und Feedbackkultur, die Freiheitsgrade gewährt und ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellt, ist vorteilhaft.

Einverstanden, die meisten Punkte sind nicht wirklich überraschend, sondern bestätigen bewährte Erfahrungen. Einigermaßen klargeworden ist, dass die Wirksamkeit von Veränderungsprojekten nicht allein an einer Person festgemacht werden kann.

Dennoch: Die Studie lässt an vielen Punkten genügend Raum, tiefer zu bohren.

Hinsichtlich des Wandels durch Digitalisierung bleibt sie allerdings klare Antworten schuldig. Ebenso fehlt der Bezug zu aktuellen „Change“-Ansätzen, wie sie bspw. durch Laloux, Robertson oder Pfläging in der aktuellen Diskussion aufgeworfen werden. Da die interpretierten Antworten immer nur im jeweiligen Fragenhorizont der Untersuchungsleitenden gegeben werden, blieben „andere“ Antworten und damit „andere“ Wirklichkeiten außen vor und damit ausgeblendet. So spiegelt jede Studie, und diese letztlich auch, die von den Untersuchungsleitenden angenommene Wirklichkeit in der Evidenz ihrer Ergebnisse.

Empfehlen möchten wir Ihnen die Studie dennoch, da sie ausreichend Material für Mitarbeitende, Führungskräfte sowie für alle „Change Heroes“ bietet und es aufgrund der Breite der Studie ermöglicht, einzelne, besonders relevante Aspekte für sich und die eigene Organisation heraus zu kristallisieren.

Unser finaler Tipp: Nutzen Sie die oben genannten 7 Kriterien für Ihre persönliche Checkliste und Sie werden garantiert Ansatzpunkte und Ideen hinsichtlich Ihrer aktuellen Veränderungsinitiativen bekommen.


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