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Handwerker als bloße Installationsgehilfen? Deutscher SHK-Alptraum in UK längst Alltag

03.06.2021  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: BauInfoConsult GmbH.

Akteure und Verbände der deutschen SHK-Branche betrachten die Geschäftspraxis im reinen Internethandel Installationsprodukte am dreistufigen Vertrieb vorbei direkt an den Endkunden zu verkaufen schon lange mit Argwohn.

Doch auch wenn vielen die Dauerwarnungen übertrieben schienen, die reuter.de und Co. als existenzielle Bedrohung für das dreistufige Modell anprangern: Dass der Trend zum E-Commerce die Geschäftstätigkeit fundamental verändert, kann man jedoch bereits in mehreren Ländern beobachten. Eine Untersuchung der USP Marketing Consultancy zum SHK-Handwerk in sechs nordeuropäischen Ländern zeigt, wohin auch hierzulande die Reise gehen könnte. Demnach lassen sich zwar die Fachhandwerker in Deutschland nach wie vor am seltensten darauf ein bloße „Einbaugehilfen“ für die Produkte zu sein, die ihre Endkundschaft bereits selbst erworben hat. Für ihre Berufskollegen in Großbritannien gehört diese Art Dienstleistung jedoch längst zum Alltag – vor allem bei Sanitärprodukten.

Fast 60 Prozent der Installateure in UK sind mit Anfragen von Produkten konfrontiert, die von den Endverbrauchern selbst gekauft wurden

In Großbritannien scheint es bereits ganz normal zu sein, dass Endverbraucher die SHK-Handwerker nur noch zur Installation eines bereits selbst besorgten Produkts beauftragen. Nicht nur der Anteil der Installateure, die solche Anfragen erhalten, ist der höchste aller Länder (57 Prozent), sondern auch der Anteil der Projekte, in denen dies geschieht, ist am höchsten (20 Prozent). Auf diese Praxis lassen sich vor allem kleinere Installationsunternehmen (mit bis zu 4 Mitarbeitern) im Vereinigten Königreich ein. 26 Prozent ihrer Projekte führt diese Handwerksgruppe für Eigentümer aus, die bereits im Vorfeld die Produktauswahl getroffen und das Produkt gekauft haben.

Im Gegensatz zu den britischen Installateuren ist europaweit der niedrigste Anteil an SHK-Installateuren, die für solche „Do-it-for-me-Jobs“ gewonnen werden können, in Deutschland mit seinen ausgeprägten Fachhandwerksstrukturen zu finden (doch immerhin: der Anteil beträgt auch hierzulande 38 Prozent). Derlei Projekte machen durchschnittlich bereits etwa 10 Prozent ihrer Aufträge aus.

In fast allen Ländern werden vor allem Sanitärprodukte am häufigsten von den Endverbrauchern gekauft

In fast allen untersuchten Märkten gehören zu den Produkten, die die Endverbraucher selbst kaufen, vor allem Sanitärartikel und Sanitärkeramikprodukte. Für diese Produkte spielt neben der Funktionalität Ästhetik eine größere Rolle und sie sind auch viel einfacher zu wählen, weil sie weniger technisches Hintergrundwissen als in Segmenten wie Heizung oder Lüftung.

In einigen Ländern gehören laut USP-Untersuchung aber selbst Produkte wie Heizkessel, Heizkörper und Klimaanlagen sowie Rohre, Abwasserpumpen oder intelligente Thermostate zu den Produktkategorien, die von den Endverbrauchern ohne Beteiligung eines Handwerkers gekauft werden.

Vielerorts nimmt das „Mitspracherecht“ der Endnutzer weiter deutlich zu

Dies ist in den Niederlanden und Frankreich, aber auch in Deutschland der Fall: Vor allem in diesen Ländern beobachten SHK-Installateure, dass die Endverbraucher in den letzten Jahren stärker in die Entscheidungsfindung rund um SHK-Produkte und -Marken einbezogen wurden.

Darüber hinaus haben die Endverbraucher auch eine bessere Position bei der Aushandlung der Produktpreise mit den Handwerkern erlangt, was natürlich vor allem auf die zunehmende Transparenz der Preise im Internet zurückzuführen ist. Bei den niederländischen und belgischen Installateuren ist dies eine sehr gängige Praxis – 70 Prozent der SHK-Handwerker in den Beneluxländern bestätigen diese Erfahrung für mehr als ein Drittel ihrer Projekte.

Ausblick

Die Untersuchung zeigt, dass Endnutzer in vielen Ländern Entscheidungskraft gewinnen und SHK-Installateure gezwungen sind, ihre Preise transparenter zu kommunizieren. Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass Verbraucher Installationsprodukte immer häufiger selbst kaufen und die Handwerker noch für die Installation engagieren.

Während dies bei Sanitärartikel nichts Neues ist, wird für die Zukunft entscheidend sein, ob sich dies auch für andere Installationsbereiche wie z. B. Heizung einbürgern wird. In der Regel erzielen die Verarbeiter hier gute Margen. Doch natürlich führt die Online-Verfügbarkeit dieser Produkte für jedermann dazu, dass Verbraucher die Preisgestaltung besser überprüfen und möglicherweise sogar die Produkte selbst kaufen können.

Aber wird dies die gängige Praxis? Höchstwahrscheinlich nicht, denn die Arbeitsausbelastung und der Fachkräftemangel prägen den SHK-markt in ganz Nordeuropa. So können die handwerker nach wie vor wählerisch sein, welche Aufgaben sie übernehmen möchten. Wenn Endbenutzer ihre eigenen komplexen Installationsprodukte kaufen, bleiben sie also weiter darauf sitzen, da viele Handwerker einfach dankend ablehnen. Allerdings wird die Transparenz der Preise langfristig Auswirkungen auf die Margen der Installationsprodukte haben. Das Handwerk wird sich also womöglich daran gewöhnen müssen mit niedrigeren Margen kalkulieren zu müssen.

Hintergrund

BauInfoConsult ist ein auf die Bau- und Installationsbranche spezialisiertes Marktforschungsinstitut. Die Informationen zu den europäischen Trends in der Installationsbranche basieren auf den quartalsweisen Befragungen im europäischen SHK-Handwerk, die von der USP Marketing Consultancy-Gruppe, zu der auch BauInfoConsult gehört, viermal im Jahr veröffentlicht werden. Für diese beiden internationalen Untersuchungen werden jährlich ca. 2.600 Installateure aus dem SHK-Bereich aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Polen befragt. In jeder Ausgabe steht ein anderer aktueller Trend im Fokus. In der für diesen Artikel verwendeten Q3 2020-Ausgabe geht es vor allem um die Decision Making Unit in der europäischen SHK-Branche.

Bild: JESHOOTS.com (Pexels, Pexels Lizenz)

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