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Versorgungsleitungen im WEG-Recht

02.04.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Bundesgerichtshof.

Versorgungsleitungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum, soweit sie im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums verlaufen. Das gilt auch dann, wenn ein Leitungsstrang ausschließlich der Versorgung einer einzelnen Wohnung dient. Das entschied kürzlich der Bundesgerichtshof.

Tatbestand

Die Parteien bilden eine Wohnungserbbaurechtsgemeinschaft. Zur Wohnung der Kläger gehören Räume im Dachgeschoss. Diese werden durch eine Wasserleitung versorgt, welche vor ihrem Eintritt in den Bereich des Sondereigentums in einer Dachabseite verläuft. Die Dachabseite gehört zum gemeinschaftlichen Eigentum.

Durch eine Wandöffnung können die Kläger den sich in der Dachabseite befindlichen, ausschließlich ihre Einheit versorgenden Teil der Leitung sehen und erreichen. In der Teilungserklärung heißt es:

„Gegenstand des Sondereigentums sind die in § 3 ... bezeichneten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungserbbauberechtigten über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Mithin gehören zum Sondereigentum: ... e) die Wasserleitungen vom Anschluß an die gemeinsame Steigleitung an ...“

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Bild: M. Großmann/ pixelio.de

In der Eigentümerversammlung vom 18. Juni 2009 wurde der Antrag der Kläger abgelehnt, die in der Dachabseite verlaufende Wasserleitung wegen einer Beschädigung durch wiederholtes Einfrieren austauschen zu lassen und die anfallenden Kosten der Gemeinschaft aufzuerlegen (TOP 11 a).

Stattdessen wurde ein Beschlussgefasst, wonach es sich bei der Leitung um Sondereigentum handele, für das die Kläger verantwortlich seien (TOP 11b).

Die Kläger haben den Beschluss zu TOP 11 angefochten und dessen gerichtliche Ersetzung durch einen dem Antrag zu TOP 11a entsprechenden Beschluss verlangt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens haben die Kläger die Reparatur der Leitung auf eigene Kosten veranlasst. Der ursprüngliche Klageantrag ist von den Parteien sodann übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Die Kläger haben stattdessen beantragt festzustellen, dass die in der Dachabseite befindliche Leitung im Gemeinschaftseigentum steht.

(…)

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht lässt offen, ob es sich bei dem in der Dachabseite befindlichen Teil der Wasserleitung um einen Abzweig von der Hauptleitung im Sinne der Teilungserklärung handelt. Eine Leitung, die außerhalb des Sondereigentums streckenweise durch das Gemeinschaftseigentum verlaufe, sei jedenfalls zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen; das gelte auch dann, wenn diese Leitung nur eine Sondereigentumseinheit versorge.

(…)

Zu Recht nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass die in der Dachabseite befindliche Wasserleitung im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungserbbauberechtigten steht.

Auf die Regelung in der Teilungserklärung, nach der die Wasserleitungen vom Anschluss an die gemeinsame Steigleitung an zum Sondereigentum gehören, kommt es allerdings nicht an. Durch eine Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes, zu denen die innerhalb des Gebäudes verlegten Wasserleitungen zählen, nämlich nicht begründet werden.

Welche wesentlichen Gebäudebestandteile im Sondereigentum stehen, bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Regelung en in § 5 Abs.1 bis 3 WEG. Der Teilungserklärung kommt dabei nur indirekte Bedeutung zu.

(…)

Den umgekehrten Weg, also die konstitutive Zuordnung von wesentlichen Gebäudebestandteilen zum Sondereigentum durch die Teilungserklärung, sieht das Gesetz hingegen nicht vor; die Teilungserklärung kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zu Gunsten, nicht aber zu Ungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben.

(…)

Versorgungsleitungen lassen sich zwar bautechnisch in viele einzelne Teile zerlegen. Soweit sie sich im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, sind sie rechtlich jedoch als Einheit anzusehen. Sie bilden ein der Bewirtschaftung und Versorgung des Gebäudes dienendes Leitungsnetz und damit eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG. Eine solche Betrachtung entspricht der natürlichen Anschauung und trägt darüber hinaus der Interessenlage der Wohnungseigentümer Rechnung. Sie erhält ihnen die gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis über das Leitungsnetz und ermöglicht so Veränderungen daran, beispielsweise die Verwendung von Leitungen, die nur eine Wohneinheit versorgen, auch für andere Zwecke; ferner erleichtert sie die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten oder Modernisierungsmaßnahmen an den Versorgungsleitungen.

(…)

Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen nicht nur bis zu ihrem Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit.

(…)

BGH, Urteil v. 26.10.12, AZ V ZR 57/12 (in Auszügen)

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