18.10.2016 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Das klagende Unternehmen führt Spezial- und Schwertransporte für die Industrie- und Bauwirtschaft durchführt. Für seine Fahrer gilt das Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) und die dazugehörige Verordnung zur Durchführung des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes (BKrFQV). Neben der Absolvierung einer Grundqualifikation haben sich die Fahrer im Abstand von jeweils fünf Jahren verpflichtend weiterzubilden. Das klagende Unternehmen fällt in den Geltungsbereich des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen, welcher eine Übernahme der Fortbildungskosten der Fahrer vorschreibt.
Das beklagte Finanzamt führte eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei dem Unternehmen durch und sah in der Übernahme der Kosten einen Werbungskostenersatz. Die Beträge, so der Prüfer, würden steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen, da es sich nicht um einen steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß R 19.3 LStR handele und auch eine Voraussetzung im Sinne des § 3 EStG nicht gegeben sei. Dass es sich dabei um eine gesetzlich notwendige Ausbildung handele, sei steuerrechtlich irrelevant. Eine Weiterbildung nach § 5 BKrFQG liege sowohl im Interesse des Arbeitgebers als auch im Interesse des Arbeitnehmers, denn ohne die Weiterbildung habe das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden können. Der Berufskraftfahrer müsse, wenn er weiter tätig sein wolle, die Fortbildungsseminare auf eigene Kosten absolvieren. Durch die Übernahme der Kosten durch den Kläger seien seine Arbeitnehmer daher bereichert worden. Der Entlohnungscharakter zeige sich auch in der tariflichen Regelung, wonach der Arbeitnehmer erst nach einer Betriebszugehörigkeit von drei Jahren einen Anspruch auf Kostenübernahme habe.
Gegen die daraufhin erlassenen Bescheide legte das Unternehmen Einspruch ein, im Anschluss an das Einspruchsverfahren wurde Klage eingereicht. Durch die Fortbildungsmaßnahmen seien dem Unternehmen spezielle Ausbildungskosten entstanden, die es ausschließlich in seinem Interesse verausgabt habe. Das Finanzamt habe nicht ausreichend gewürdigt, dass seine Fahrer Spezialtransporte durchführen würden und für die Verladung von Baumaschinen, Sondergeräten und Schwertransporten insoweit besondere Fortbildungsmaßnahmen notwendig seien.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, neben Gehältern und Löhnen, auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein solches überwiegendes eigenbetriebliches Interesse liegt vor, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen der Zuwendung zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden.
Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung
Quelle:
Finanzgericht Münster, Urteil v. 9.8.2016, 13 K 3218/13 L
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