16.04.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Amtsgericht Bonn.
Der Beklagte mietete von der Klägerin mit Wirkung vom 01.06.1982 eine 4-Zimmer Wohnung an.
Der Beklagte bezog die Wohnung mit seiner damaligen Ehefrau. Im Jahr 1983 ließ er sich von ihr scheiden und zog am 01.03.1983 aus der Wohnung aus. Hierüber setzte er jedenfalls das Bundesvermögensamt C2 in Kenntnis; dieses stimmte der Nutzung durch die Ehefrau des Beklagten mit Schreiben vom 09.09.1983 zu. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 09.09.1983 wird auf Blatt 16 der Gerichtsakten verwiesen.
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Das Schreiben des Bundesvermögensamtes C2 vom 09.09.1983 ging auch der Klägerin noch im Jahre 1983 zu. Eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Beklagten erfolgte indes nicht. Vielmehr nutzte die Ehefrau des Beklagten in der Folgezeit die Wohnung und zahlte den Mietzins. Nachdem die Ehefrau des Beklagten verstarb, liefen ab Oktober 2010 Mietrückstände auf, die im Januar 2011 einen Gesamtbetrag in Höhe von 2226,22 € ausmachten. Mit Schreiben vom 15.12.2010 kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten das Mietverhältnis fristlos und forderte diesen auf, die Mietrückstände bzw. die Nutzungsentschädigung zum Ausgleich zu bringen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Mietverhältnis mit dem Beklagten fortgedauert habe und dieser daher verpflichtet sei, den geschuldeten Mietzins aufzubringen und die Wohnung an sie herauszugeben.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Bad mit WC, Balkon, Keller zu räumen und an die sie herauszugeben, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.226,22 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten zu zahlen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe seine verstorbene ehemalige Frau als Mieterin akzeptiert und ihn aus dem Mietverhältnis entlassen. Ferner wäre die Klägerin aufgrund des Schreibens des Bundesvermögensamtes vom 09.09.1983 verpflichtet gewesen, ihm einen Hinweis zu geben, sofern sie mit dessen Ausscheiden aus dem Mietverhältnis nicht einverstanden gewesen wäre.
Im Übrigen habe die Klägerin den Beklagten nicht rechtzeitig über das Versterben seiner ehemaligen Ehefrau unterrichtet.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung noch die Zahlung rückständiger Mieten verlangen.
Die Klägerin hat den Beklagten jedenfalls stillschweigend aus dem Mietverhältnis entlassen, indem sie auf das Schreiben des Bundesvermögensamtes vom 09.09.1983 nicht reagierte und den Beklagten in den darauffolgenden 27 Jahren unbehelligt ließ. Der Beklagte ist unstreitig vor 27 Jahren aus der ehemals ehelich genutzten Wohnung ausgezogen. Hiervon hat die Klägerin durch Schreiben des Bundesvermögensamtes vom 09.09.1983 unstreitig Kenntnis erlangt. In der Folgezeit zahlte die ehemalige Ehefrau des Beklagten ununterbrochen den Mietzins; Nebenkosten wurden offenbar ausschließlich ihr gegenüber abgerechnet. In Anbetracht dessen wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, dem Beklagten ihr etwaiges Sicherungsinteresse und den damit verbundenen Fortbestand des Mietverhältnisses anzuzeigen.
Dies ist indes zu keinem Zeitpunkt nicht erfolgt. Die Klägerin hat vielmehr in den folgenden 27 Jahren den Mietzins ausschließlich von der ehemaligen Ehefrau des Beklagten erhalten und sich erstmals an den Beklagten gewandt, nachdem diese verstorben war. Das Gericht übersieht dabei nicht, dass das Mietverhältnis förmlich durch den Beklagten nicht gekündigt worden ist; dies ist offenbar deshalb unterblieben, weil der Beklagte den Wohnraum für seine damalige Frau erhalten wollte. Das Sicherungsinteresse der Klägerin (statt der Ehefrau, die faktisch den Mietzins erbracht hat) einen weiteren Schuldner zu haben, währt nicht endlos, sondern erlischt regelmäßig nach Ablauf von 10 bis 20 Jahren, wenn in diesem Zeitraum keinerlei Kontakt zu dem eigentlichen Mieter besteht. Mit Rücksicht darauf ist davon auszugehen, dass die Klägerin spätestens nach Ablauf von 20 Jahren stillschweigend ihr Einverständnis zu dem Ausscheiden aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten erteilt hat.
Weitergehend erachtet es das Gericht aber auch nach Ablauf von 27 Jahren jedenfalls als treuwidrig, wenn die Klägerin nunmehr aufgrund einer möglicherweise formalen Rechtsposition von dem Beklagten die Räumung der Wohnung und den Ausgleich der Zahlungsrückstände verlangt.
Amtsgericht Bonn, Entscheidung vom 4.6.2011, AZ 201 C 34/11
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