07.01.2015 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft.
In der kalten Jahreszeit passiert es allzu oft: Man öffnet das Fenster morgens zum Lüften und vergisst, es wieder zu schließen. Der Thermostat meldet Kälte, und die Heizung heizt auf vollen Touren – zum Fenster hinaus. Doch nicht nur beim Heizen oder bei Stürmen sind offene Fenster ein Problem. Gekippte Fenster etwa laden Einbrecher geradezu ein. Wünschenswert wäre eine Automatik, die das offene Fenster bemerkt und ein Warnsignal an den Mieter meldet. Zwar gibt es heute Haus- und Gebäudetechnik, die den Zustand der Fenster registriert. In der Regel müssen die Sensoren jedoch per Kabel an die Alarmzentrale im eigenen Haus angeschlossen werden. In anderen Fällen kommen batteriebetriebene Funksensoren zum Einsatz. Doch der Batteriewechsel führt in Häusern mit vielen Fenstern zu erheblichem Wartungsaufwand. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg entwickelten deshalb eine pragmatische Alternative: einen nur etwa Fingernagel großen Funksensorchip, der direkt im Fenster montiert wird. Der kleine Sensor ist mit einer Solarzelle beschichtet und versorgt sich selbst mit Energie.
Der Chip ist mit zehn Millimetern so schmal, wie eine Isolierglasscheibe dick ist. Er wird direkt zwischen den Glasscheiben auf das Aluminiumprofil, das die Scheiben auf Abstand hält, verbaut. Dank dieses Fensterplatzes erhält die Solarzelle sogar in der dunklen Winterzeit ausreichend Licht. In dem Chip sind Magnet- und Beschleunigungssensoren integriert, die registrieren, wenn das Fenster gekippt oder ganz geöffnet wird. Über Funk kann der Chip dann ein Signal an die Basisstation im Haus senden, falls ein Fenster zu lange geöffnet bleibt. Die Anwendungen des Funkchips sind vielfältig. Er kann Hausbesitzer daran erinnern, regelmäßig zu lüften oder warnen, falls ein Fenster noch geöffnet ist, wenn sie das Haus verlassen. Darüber hinaus bietet er auch bei geschlossenem Fenster einen zuverlässigen Einbruchsschutz. Denn die Sensoren können sehr genau zwischen verschiedenen Schwingungen unterscheiden – beispielsweise einem Ball, der gegen die Scheibe donnert, oder dem Stemmeisen eines Einbrechers, das den Rahmen zum Knarren bringt. Innerhalb einer Zehntelsekunde erkennt das System die Störung und gibt im Zweifelsfall Alarm.
Die IMS-Forscher um den Elektrotechniker Dr. Gerd vom Bögel und den Physiker Dr. Andreas Goehlich haben gleich zwei Herausforderungen gemeistert: Zum einen ist es ihnen gelungen, die Solarzelle direkt auf der unebenen Chip-Oberfläche abzuscheiden. Zum anderen soll der Chip so Strom sparend sein, dass die Energie aus der winzigen Solarzelle dunkle Stunden überbrückt. Die Mikrochips sind mit zahlreichen Leiterbahnen überzogen, dadurch ist ihre Oberfläche sehr uneben. »Wir mussten deshalb einen Weg finden, um die Oberflächen vor der Beschichtung mit der Solarzelle wie ein Straßenprofil aufzufüllen und zu ebnen«, sagt vom Bögel.
Derzeit können die IMS-Sensorprototypen genug Strom für bis zu 30 Stunden Dunkelheit speichern. In den kommenden zwei Jahren soll daraus ein Produkt entstehen, das sogar bis zu zwei Wochen Dunkelheit überbrückt. Indem die Forscher Prozessor und Chip sehr klein halten, ist letzterer extrem sparsam. Zudem konstruierten sie Schaltungen, die wenig Energie verbrauchen und entwickelten sehr kurze Funkprotokolle. »Wir haben jedes mögliche Mikro-Ampere herausgeholt«, sagt vom Bögel. Zum Stromsparen trägt auch bei, dass der Sensor immer wieder in einen Ruhemodus schaltet. Je nach Vorliebe des Anwenders lässt sich der Sensor so einstellen, dass er alle paar Minuten oder Sekunden aufwacht und eine Messung vornimmt. Anstoß zu der Entwicklung des Solar-Funkchips gab das israelische Unternehmen SOLCHIP, das vor rund zwei Jahren beim IMS nach Solarzellen auf Chips anfragte. Der Entwicklergruppe von Andreas Goehlich gelang es, die Solarzellen auf der Oberfläche der Chips zu integrieren. SOLCHIP will mit diesen Solarzellen den Straßenverkehr und die Klimabedingungen beispielsweise in Weinstöcken überwachen.
»Wie man sieht, gibt es viele Einsatzgebiete«, sagt vom Bögel. Die Produktionskosten sind gering, denn das Aufbringen der Solarschicht schließt sich direkt an den Herstellungsprozess der Chips an. »Es sind nur einige zusätzliche Produktionsschritte nötig, sodass eine Fertigung auch in hohen Stückzahlen möglich ist.« Vom 19. bis 24. Januar präsentieren die Forscher vom IMS den Solarchip auf der Messe Bau in München (Halle C2, Stand 119).
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