19.09.2016 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
In der letzten Ausgabe haben wir Sie darüber informiert, unter welchen grundsätzlichen Voraussetzungen der Rabattfreibetrag nach § 8 Absatz 3 EStG in Höhe von 1.080 Euro bei der Gewährung von Arbeitgeber-Rabatten anzuwenden ist.
Das Finanzgericht München hat sich jüngst mit der komplizierten Rechtsfrage auseinandersetzen müssen, unter welchen Voraussetzungen der Rabattfreibetrag bei Umstrukturierungen im Konzernverbund anzuwenden ist.
Im hier streitigen Fall war ein Arbeitnehmer nach einer betrieblichen Umstrukturierung bei einem Stromnetzbetreiber angestellt. Im Rahmen seines Dienstverhältnisses erhielt er von seinem Arbeitgeber Strom zu vergünstigten Konditionen. Im Zeitraum vor der betrieblichen Umstrukturierung lagen die Voraussetzungen nach § 8 Absatz 3 EStG vor, so dass bei der Bemessung des geldwerten Vorteils der Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 Euro steuermindernd angesetzt werden durfte.
Weil der Arbeitgeber bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung den Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 Euro nicht berücksichtigt und den geldwerten Vorteil aus der verbilligten Stromlieferung in voller Höhe der Lohnversteuerung unterworfen hat, beantragte der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung bei seinem Finanzamt die Anwendung des Rabattfreibetrags. Das Finanzamt verweigerte jedoch die Gewährung des Rabattfreibetrags, weil der Rabattgewährung keine vom Arbeitgeber hergestellte, vertriebene oder erbrachte Ware oder Dienstleistung zugrunde lag.
Das Finanzgericht München hat mit Urteil vom 30.05.16, 7 K 532/15 klargestellt, dass die Rabattfreibetragsregelung im hier vorliegenden Streitfall anzuwenden ist. Wenn ein Arbeitnehmer nach einer Umstrukturierung im Stromkonzern den ihm arbeitsvertraglich zustehenden verbilligten Strom nicht mehr unmittelbar von seinem Arbeitgeber, sondern von einer Vertriebsgesellschaft erhält, während der eigentliche Arbeitgeber nach der Umstrukturierung nur noch als reiner Stromnetzbetreiber tätig ist, hat der Arbeitnehmer nach Auffassung des Finanzgerichts bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils dennoch Anspruch auf den Rabattfreibetrag, weil der Arbeitgeber als Stromnetzbetreiber bei wertender Betrachtung als Hersteller der vom Arbeitnehmer bezogenen Ware Strom anzusehen ist.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.02.14, VI ZR 144/13 zum Produkthaftungsgesetz ist ein Stromnetzbetreiber als Stromhersteller anzusehen. Neben der Erzeugung von Strom bestehe die Leistungserbringung des Stromnetzbetreibers im Wesentlichen durch die ständige Bereitstellung von Strom und somit dem ständigen Zugriff des Endverbrauchers durch die flächenmäßige Abdeckung eines Stromnetzes.
Nach grundsätzlicher höchstrichterlicher BFH-Rechtsprechung, der sich das Finanzgericht München anschließt, stellt der Arbeitgeber eine Ware im Sinne des § 8 Absatz 3 EStG nicht nur her, wenn er den Gegenstand selbst produziert oder wenn er ihn auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt, sondern auch dann, wenn er damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt. Entscheidend ist, dass dem Arbeitgeber der Herstellungsprozess zugerechnet werden kann. Nicht jede beliebige Beteiligung am Herstellungsprozess reicht hierfür aus. Der Beitrag am Herstellungsprozess muss vielmehr derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint.
Weil diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist der Arbeitgeber als Hersteller des vom Arbeitnehmer bezogenen Stroms anzusehen. Daraus resultiert, dass der Rabattfreibetrag anzuwenden ist.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt Arbeitslohn von dritter Seite immer nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer ein Entgelt für eine Leistung erhält, die er im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt. Dabei muss das Entgelt eine „Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber“ darstellen und ein konkreter, unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegen. Es muss ein konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorteilsgewährung durch den Arbeitgeber und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bestehen (siehe auch BFH-Urteil vom 18.10.2012, VI R 64/11 und BMF-Schreiben vom 20.01.15 – Steuerliche Behandlung der Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden).
Zu klären ist, ob die oben zitierte BFH-Rechtsprechung hier zur Anwendung kommt.
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die BFH-Rechtsprechung eng auszulegen und entsprechend nicht anzuwenden ist, wenn im Konzernverbund bzw. bei verbundenen Unternehmen wechselseitig Rabatte oder andere Vergünstigungen gewährt werden. Hierbei ist davon auszugehen, dass die vom Arbeitgeber gewährten Vergünstigungen Teil des Arbeitslohnes sind, der vom Arbeitgeber als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewährt wird. In diesem Fall liegt ein konkreter, unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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