08.03.2016 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im hier streitigen Sachverhalt hat ein Arbeitnehmer in erheblichem Umfang Mehrarbeit durch Überstunden abgeleistet. Weil der im öffentlichen Dienst tätige Arbeitnehmer, ein Feuerwehrmann, trotz Verstoßes gegen einschlägige arbeitsrechtliche Bestimmungen über einen längeren Zeitraum Überstunden ableisten musste, gewährte ihm sein Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung in Höhe von 15.000 Euro.
Der Arbeitgeber versteuerte diesen Betrag – zutreffend – als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Weil mit der Zahlung des Arbeitgebers Überstunden abgegolten wurden, die in der Vergangenheit über mehrere Jahre verteilt abgeleistet wurden, versteuerte der Arbeitgeber diesen Arbeitslohn – ebenfalls zutreffend – im Rahmen der Fünftelregelung als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Arbeitnehmer diese Ausgleichszahlung zunächst korrespondierend als Entschädigung bzw. Arbeitslohn für mehrere Jahre. Gegen den vom Finanzamt antragsgemäß erteilten Einkommensteuerbescheid legte der Arbeitnehmer jedoch Einspruch ein. Er vertrat nun die Auffassung, dass es sich bei der Ausgleichszahlung um eine Schadensersatzleistung handele, die nicht der Einkommensteuer unterliege. Diese Schadensersatzleistung beruhe auf einer schuldhaften Verletzung von Arbeitgeberpflichten, die nicht zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit gehöre. Dabei berief er sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach für unionsrechtswidrig geleistete Mehrarbeit ein Schadensersatzanspruch (Staatshaftungsanspruch) und ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch bestehe.
Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht folgten dieser Rechtsauffassung.
Mit Urteil vom 01.12.15 stellte das Finanzgericht Münster klar, dass Schadensersatzzahlungen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen, wenn sie sich bei wertender Betrachtung gerade nicht als Frucht einer Arbeitsleistung erweisen, sondern stattdessen Schäden, die im Privatvermögen des Arbeitnehmers entstanden sind, ausgleichen sollen. In diesen Fällen erhält der Arbeitnehmer die Leistung nämlich nicht, weil er eine Arbeitsleistung erbracht hat, sondern weil ihm ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz zusteht.
Das ist hier jedoch nicht der Fall. Im hier streitigen Sachverhalt hat der Arbeitnehmer die Ausgleichszahlung im Rahmen seines Dienstverhältnisses für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft erhalten.
Für das Steuerrecht kann es nach Auffassung des Finanzgerichtes dahingestellt bleiben, ob der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung davon ausgeht, dass dem Anspruch des Arbeitnehmers wegen rechtswidrig geleisteter Mehrarbeit Schadensersatzcharakter zukommt. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Leistung des Arbeitgebers bei wertender Betrachtung als Frucht der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellt.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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