16.05.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: JaKo Baudenkmalpflege.
Der Mangel an Wohnfläche und die Chance, das unbewohnte Nachbargebäude erwerben zu können, brachte eine vierköpfige Familie auf die Idee: Der selbst bewohnte Teil des historischen Knechtenhauses und der sich anschließende Hausteil sollten miteinander verbunden werden, um so eine größere Wohnfläche für alle Familienmitglieder zu schaffen.
Zu Beginn wurde eine ausführliche und genaue Bestandsaufnahme des Gebäudes gemacht. Gemeinsam mit einem Architekten- und Ingenieurteam wurde anschließend ein individuelles Nutzungskonzept entwickelt und mit den Bauherren besprochen, das ihnen gegebenenfalls neue Wohnideen und Nutzungsmöglichkeiten aufzeigt.
Restauriertes historisches Reihenhaus - Blick ins Erdgeschoss. Foto: JaKo Baudenkmalpflege
Das historische Knechtenhaus
Das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute Reihenhaus hat sowohl innen als auch außen kaum an Ursprünglichkeit verloren. Als Teil des Klosters Rot an der Rot gilt das Gebäude als historische Besonderheit in Süddeutschland. In seiner originären Bestimmung wurde es als Unterkunft für Klosterbedienstete genutzt und deshalb – wenig repräsentativ - am Dorfrand gebaut. Im Dachgeschoss des Gebäudes übten die Bewohner häufig noch ihr Handwerk aus.
Beim Gebäude selbst handelt es sich um einen zweigeschossigen Bau, der in sechs Parteien aufgeteilt ist. Das Erdgeschoss ist massiv gemauert, das Obergeschoss besteht – bis auf die beiden Giebel - aus einer sichtbaren schlichten Fachwerkkonstruktion aus Fichte, die mit Ziegelsteinen ausgemauert ist. Auf der Sichtseite ist das Fachwerk farblich schwarz gefasst, auf der Rückseite ist es mit Kalkfarbe weiß übertüncht.
Die Restaurierung
Die freiwerdende und zum Verkauf stehende Einheit sollte mit der bereits von der Familie bewohnten Wohnung verbunden werden. Die übernommene Wohnung erwies sich als historisches Schatzkästchen, da aufgrund fehlender Finanzmittel in früheren Jahren sehr viel Originalsubstanz vorhanden war. Selbst die Schreinerwerkstatt der letzten Bewohner im Dachgeschoss war vollständig erhalten geblieben und wurde in das neue Nutzungskonzept miteinbezogen.
Der erworbene Hausteil wurde geschossweise an den bereits bewohnten Gebäudeteil angeschlossen. Im Erdgeschoss entstand ein großzügiges Esszimmer mit gemütlichen Sitznischen. Hier schließt sich direkt der Wintergarten an, der viel Licht in den Wohnbereich bringt. Neben einer Kaminecke gibt es einen weiteren Wohnbereich, der mit einer Galerie abschließt. Sie stellt die Anbindung zu einem Lesezimmer und einem Gästezimmer dar. Im Obergeschoss wurde ein geräumiges Bad eingebaut, während sich im Dachgeschoss das Schlafzimmer der Eltern, eine Bibliothek sowie ein Arbeitszimmer befinden. Bei der Restaurierung wurden historische Elemente und der ursprüngliche Charakter der Räume behutsam herausgearbeitet. Schlichte Flächen bilden den Kontrast für Fachwerkwände, Holzbalken und Bohlenwände, die allesamt erhalten, restauriert und aufgearbeitet wurden. Historische Klosterformatziegel wurden teilweise freigelegt und wie in einem Passepartouts ausgestellt. Vorhandene originale Dielenböden wurden zum Teil wieder als Bodenbeläge eingesetzt.
In die Umbaumaßnahmen flossen auch energetische und konstruktive Anforderungen ein. Die Verwendung ökologischer Baustoffe war dabei ein wichtiges Kriterium. Die Außenwände wurden im Innenbereich mit Schilfrohrmatten gedämmt und die Oberfläche mit Kalkputz versehen. An den Decken wurden die meist verblendeten alten Balken wieder freigelegt. Zum angrenzenden Nachbarn hin wurde eine Schallschutzwand eingezogen, die mit Schilfrohrmatten verkleidet wurde. Desweiteren wurden Maßnahmen zur Verbesserung des Trittschalls vorgenommen. Neue Elemente, wie zum Beispiel das Galeriegeländer, wurden bewusst schlicht modern gehalten. Fachwerkwände wurden farblich stilvoll betont. Zudem war es möglich, die Bohlenwand im Dachgeschoss mit ihrer ursprünglich historischen Farbgebung und Schablonenmalerei zu konservieren.
Insgesamt bilden die neu geschaffenen Räume eine harmonische Einheit mit dem Bestandsgebäude und seinen historischen Elementen. Breite Durchgangswege ermöglichen, das Licht, Luft und Raum das ehemalige Knechtenhaus durchfluten. In 9 Monaten Bauzeit entstand ein Haus mit hellem, großzügigem Charakter, in dem sich die Familie seit März 2011 nun rundum wohl fühlt.
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