22.05.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Black Box Mittelstand“, die das Demographienetzwerk ddn und die Unternehmensberatung EY gemeinsam durchgeführt haben. Größtes Problem im Mittelstand bleibt der Fachkräftemangel, aber auch der Wertewandel bei den Jüngeren kommt in den Firmen an und stellt die Firmen vor neue Herausforderungen. Die Bedeutung der Digitalisierung wird je nach Marktumfeld sehr unterschiedlich bewertet.
„In mittelgroßen Unternehmen läuft aufgrund ihrer Struktur und Kultur vieles richtig, was Großunternehmen nach einer gewissen Zeit oft wieder neu erlernen müssen“, kommentiert Dr. Eva Voß, Leiterin New Ways of Working bei EY die Ergebnisse der Studie. Besonders bemerkenswert sei, dass die befragten Inhaberinnen und Geschäftsführer ausdrücklich eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe in ihren Unternehmen bevorzugen und hierarchischem Denken eine Absage erteilen.
Rudolf Kast, Vorstandsvorsitzender des Demographienetzwerks ddn sieht mit der Studie ein weiteres Vorurteil ausgeräumt. „Der Mittelstand hinkt eben gerade nicht in allen möglichen Management-Disziplinen hinterher, sondern hat seine eigenen Wege, zu Lösungen zu kommen“, so Kast. Er sieht insbesondere im Verantwortungsbewusstsein von Inhabern den Grund, dass auch substanzieller über Zukunftsthemen wie die Digitalisierung nachgedacht werde.
Zwar erleben die Inhaber und Geschäftsführerinnen in der Praxis, dass nicht alle Beschäftigten mit den Anforderungen der Digitalisierung mithalten können oder wollen. Was genau sich hinter der Digitalisierung verbirgt, und inwieweit das eigene Unternehmen oder Geschäftsmodell betroffen ist, wird allerdings sehr unterschiedlich bewertet. Während Effizienzsteigerungen bei administrativen Prozessen überall an der Tagesordnung sind, werden im handwerklich-gewerblichen Umfeld deutlich Grenzen erkennbar: Vielfach sind technische Lösungen nicht ausgereift oder Kunden nicht bereit. Dennoch sehen mehr als zwei Drittel der Befragten in der Digitalisierung Wachstumschancen. Für Dr. Eva Voß von EY auch ein Hinweis darauf, dass man den Mittelstand nicht über einen Kamm scheren sollte. „Mittelstand ist absolut vom Markt bestimmt. Wir haben in unserer Studie fünf verschiedene Zugangsmuster gefunden, die teilweise sehr unterschiedliche Anforderungen haben. Pauschale Lösungen erwecken da zu Recht Skepsis“, so Voß.
Drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass Wissen und Erfahrung älterer Beschäftigter ihrem Unternehmen zukünftig fehlen werde. Für Rudolf Kast ist die Reaktion des Mittelstandes auf Demografie und Fachkräftemangel entscheidend. „Angesichts des leergefegten Arbeitsmarktes erleben wir gerade einen Run for Experience. Die Unternehmen wollen erfahrene Leute halten und beginnen sogar, sich mit der Rekrutierung Älterer anzufreunden.“ Zugleich kommt der Wertewandel der jüngeren Generation in den Unternehmen an, erlebt auch Kast: „Die Ansprüche steigen, die Loyalität nimmt ab, die generelle Bedeutung von Arbeit ebenso.“ Kritisch äußern sich die Befragten in der Studie zum Ausbildungsniveau von Schulen und Hochschulen.
Schwer fällt es den meisten der Befragten, sich auf das Thema Diversity einzulassen. Der Begriff ist teilweise sogar gänzlich unbekannt oder wird eher als akademisches Konzept oder als soziale Verpflichtung wahrgenommen, weniger als ein Element der Personalstrategie. Zugleich sind sich alle Befragten einig, dass die Fähigkeit zur Innovation zukünftig mehr unterschiedliche Beschäftigte benötigt. Und auch in der Praxis ist man angesichts des Fachkräftemangels über weite Strecken vorurteilsfrei: Wer arbeiten kann, der darf. Dr. Patricia Heufers, Diversity-Spezialistin bei EY, sieht in diesem Ergebnis auch einen Anlass, Diversity-Konzepte stärker praxisorientiert auszurichten. „Dass die Vielfalt an Menschen eine Vielfalt an Ideen ist, schätzen alle. Wir müssen uns fragen: Wie können wir diese Vielfalt stärker sichtbar machen und aktivieren?“
Im Rahmen der Studie „Black Box Mittelstand“ wurden im Zeitraum von Januar bis März 2018 ausführliche Tiefeninterviews mit 30 Inhaberinnen und Inhabern sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern im Mittelstand geführt. Dabei wurde die offizielle EU-Definition mittelgroßer Unternehmen mit einer Größe von 50 bis 249 Beschäftigten und einer Umsatzgröße von mehr als 10 Millionen bis 50 Millionen Euro zugrunde gelegt. Neben der Frage nach den entscheidenden Erfolgsfaktoren wurden dabei die Schwerpunkte Demografischer Wandel, Diversity und Digitalisierung thematisiert. Die Interviews wurden vom unabhängigen Marktforschungsinstitut Reimund Research aus Darmstadt erhoben und anonymisert ausgewertet, um die Vertraulichkeit der Gesprächsinhalte zu garantieren.
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