13.12.2011 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesgerichtshof.
Die Klägerin vermietete im Mai 2006 mit einem bis zum 30. Juni 2011 befristeten Mietvertrag ein gewerbliches Mietobjekt an die M. GmbH (im Folgenden: Mieterin). Der Beklagte, der als künftiger weiterer Fremdgeschäftsführer der Mieterin vorgesehen war, trat dem Vertrag bei, indem er ihn ohne Vertretungszusatz als "Mieter und Mithaftender" mitunterzeichnete.
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Mit Schreiben vom 23. April 2008 kündigte die Mieterin den Anstellungsvertrag des Beklagten zum 30. Juni 2008 und berief ihn als Geschäftsführer ab. Unter dem 24. Juni 2008 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin "die Kündigung des Schuldbeitritts/der Schuldübernahme aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 30. Juni 2008" und gab als Kündigungsgrund die Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit für die Mieterin an. Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung des Mietzinses und der Mietnebenkosten für September 2008 in Anspruch, nachdem diese bei der Mieterin uneinbringlich wurden. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; seine hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte die Klageabweisung weiter.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Beklagten erklärte Kündigung des Schuldbeitritts jedenfalls nicht vor dem 30. September 2008 wirksam geworden sei. Auf § 314 Abs. 1 BGB könne der Beklagte eine fristlose Kündigung nicht stützen, weil diese Vorschrift gegenüber den für das betroffene Schuldverhältnis normierten speziellen Regelungen subsidiär sei. Der Gesetzgeber habe mit der Einfügung des § 314 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die zuvor durch Richterrecht entwickelten Grundsätze über die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen in das Gesetz übernehmen wollen und es ausdrücklich der weiteren Klärung durch die Rechtsprechung überlassen, ob der Bürge oder Schuldmitübernehmer ein weiteres Anwachsen seiner Schuld durch eine Kündigung aus wichtigem Grund verhindern könne. Im vorliegenden Fall könnten die für die Mietbürgschaft entwickelten Grundsätze auf die Schuldmitübernahme als verwandtes Sicherungsmittel übertragen werden.
Für den Mietbürgen sei anerkannt, dass er die Bürgschaft nach gewisser Zeit oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen könne. Dabei habe er auf die Interessen des Gläubigers und des Hauptschuldners Rücksicht zu nehmen und eine angemessene Frist einzuhalten, damit diese ihre Dispositionen der durch die Kündigung der Bürgschaft geschaffenen Lage anpassen könnten. Der Bürge könne daher nur zu solchen Terminen kündigen, zu denen auch der Vermieter das Mietverhältnis beenden könne, und zwar so rechtzeitig, dass der Vermieter nach einer gewissen Überlegungsfrist entscheiden könne, ob er das Mietverhältnis ohne diese Sicherung fortsetzen oder es kündigen wolle, falls der Mieter keine neue Mietsicherheit stelle, wozu diesem zuvor in angemessener Frist Gelegenheit einzuräumen sei. Nichts anderes gelte, wenn es sich wie im vorliegenden Fall um eine Bürgschaft oder einen Schuldbeitritt für ein befristetes Mietverhältnis handle. Die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen der Mietparteien würde auch dann, wenn man dem Bürgen das Recht zur vorzeitigen Lösung aus dem befristeten Vertrag einräumte, nur eine Kündigung unter Einhaltung einer angemessenen Frist zulassen. Diese sei an der gesetzlichen Kündigungsfrist für gewerbliche Mietverhältnisse zu orientieren (§ 580 a BGB).
Die Kündigung des Schuldbeitritts habe daher nicht vor dem 30. September 2008 wirksam werden können, so dass dahinstehen könne, ob bei einem befristeten Mietverhältnis überhaupt eine vorzeitige Kündigung durch den Bürgen oder Schuldmitübernehmer in Betracht komme.1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die vom Beklagten im Anschluss an den Mietvertrag unterzeichnete Erklärung als eine Schuldmitübernahme im Sinne eines einseitig verpflichtenden Rechtsgeschäfts aufgefasst, bei dem der Übernehmende zwecks Besicherung der gegen die Hauptvertragspartei bestehenden Ansprüche als Gesamtschuldner neben diese tritt.
Das Berufungsurteil konnte auch im Ergebnis dahinstehen lassen, ob bei einem befristeten Mietverhältnis überhaupt eine vorzeitige Kündigung durch den Bürgen oder Schuldmitübernehmer in Betracht komme. Denn ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt hier jedenfalls nicht vor.
Durch seine Schuldmitübernahme hat der Beklagte sich gegenüber der Klägerin verpflichtet, für alle Pflichten aus dem Mietverhältnis persönlich einzustehen. Welche Pflichten im Einzelnen darunter fielen, war durch den auf fünf Jahre fest abgeschlossenen Mietvertrag klar umgrenzt. Der Beklagte wusste daher, welche konkreten Pflichten er mit der Unterzeichnung des Vertrages auf sich nahm.
Nach Sinn und Zweck der von ihm abgegebenen Erklärung handelte es sich bei der Schuldmitübernahme um ein Sicherungsmittel. Sie sollte der Klägerin die Sicherheit geben, den Mietzins auch dann noch zu erlangen, wenn die als GmbH mit nur dem Mindestkapital ausgestattete Mieterin ihn nicht mehr würde aufbringen können. Damit hatte der Beklagte das Insolvenzrisiko der Mieterin übernommen und die Klägerin im Hinblick (auch) darauf der Mieterin das Mietobjekt überlassen.
Durch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mag zwar die Rechtsgrundlage dafür entfallen sein, dass der Beklagte sich als Sicherheit für die Mieterin (weiterhin) zur Verfügung stellte. Dies mag zugleich einen Anspruch des Beklagten gegen die Mieterin begründet haben, der Klägerin eine geeignete Ersatzsicherheit zu stellen, um so von seiner Haftung frei zu kommen. Ob der Beklagte dieses Verlangen gestellt hat und ob die Mieterin in der Lage gewesen wäre, eine Ersatzsicherheit zu stellen, ist nicht festgestellt, kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn ein solches Verlangen berührt in der Zwischenzeit bis zur Erfüllung des Anspruchs nicht das zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehende Sicherungsverhältnis.
Im Dreiecksverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits und der Mieterin lag die Gefahr einer Kündigung des Anstellungsvertrages in der Risikosphäre des Beklagten und nicht in derjenigen der Klägerin. Ihr kam es darauf an, neben der nur mit ihrem Vermögen haftenden Kapitalgesellschaft zusätzlich eine persönliche Sicherheit zu erlangen, die ihr eine vom Geschäftserfolg unabhängige Miete garantierte. Diese Interessenlage war Grundlage des eingegangenen Sicherungsverhältnisses. Sie besteht auch und gerade dann fort, wenn sich der Sicherungszweck dadurch zu realisieren droht, dass die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage gerät. Die vom Sicherungsgeber übernommene Haftung für den Mietausfall ist auch dann Gegenstand seines Sicherungsversprechens, wenn er kurze Zeit hier rund zwei Monate , bevor die Mieterin die Miete nicht mehr zahlen kann, von seinem Geschäftsführeramt abberufen wird. Darin liegt kein wichtiger Grund, nicht für dasjenige einzustehen, was mit der zu Sicherungszwecken erklärten Schuldmitübernahme versprochen war.
Quelle: BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 XII ZR 155/09
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