17.07.2018 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Zeitwertkontenvereinbarung treffen, wird fällig gewordener Arbeitslohn nicht über die Lohn- und Gehaltsabrechnung ausge-zahlt, sondern zunächst einem Zeitwertkonto ohne Einbehaltung von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabzugsbeträgen gutgeschrieben. Die Auszahlung des gutgeschriebenen Arbeitslohns erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt in Zusam-menhang mit der Arbeitsfreistellung des Arbeitnehmers.
Diese Regelung gilt jedoch grundsätzlich nur für klassische Arbeitnehmer. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gelangt diese Regelung bei Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft nicht zur Anwendung.
Bereits mit Urteil vom 11.11.15, I R 26/15 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass sich bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Arbeitszeit-kontenregelung grundsätzlich nicht mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vereinbaren lässt. Dies gilt auch dann, wenn die Gutschrift während der Ansparphase nicht in Zeiteinheiten, sondern in Form eines Wertguthabens erfolgt.
Mit Urteil vom 22.02.18, VI R 17/16 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass ent-gegen der Auffassung der Finanzverwaltung bei einem Fremdgeschäftsführer, also bei einem Geschäftsführer, der nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist, eine Zeitwertkontenvereinbarung steuerlich in vollem Umfang anzuerkennen ist.
Der Bundesfinanzhof bestätigte damit die Rechtsauffassung des Finanzgerichts, wonach Wertgutschriften auf einem Arbeitszeitkonto nicht zum Zufluss von Arbeits-lohn führen und entsprechend nicht der Lohnversteuerung zu unterwerfen sind. Damit fließt der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber ihm das wirtschaftliche Eigentum an der Lohnzahlung verschafft.
Auch wenn die Vereinbarung eines Wertguthabenkontos nach Auffassung der Fi-nanzverwaltung mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft nicht verein-bar sein sollte, könnte dies den Zufluss der Wertgutschriften auf dem Zeitwertkonto als Arbeitslohn nicht herbeiführen, weil die Erlangung der wirtschaftlichen Verfü-gungsmacht sich nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet. Wenn der Arbeit-nehmer wie im hier streitigen Sachverhalt keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über einen Vermögensvorteil erlangt, kann daher auch kein lohnsteuerlicher Zu-fluss grundsätzlich fingiert werden.
Etwas anderes gilt beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ka-pitalgesellschaft, also bei einem Geschäftsführer, der an einer Kapitalgesellschaft zu mehr als 50 % beteiligt ist. Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer wird angenommen, dass dieser über die von der Gesellschaft ge-schuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen könne und ihm diese Einnahmen daher im Rahmen der sog. Zufluss-Fiktion bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zugeflossen sind.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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