28.06.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Atradius Kreditversicherung.
Zahlungsausfälle werden für Asiens Unternehmen zunehmend zum Problem: Das ergab eine Umfrage des internationalen Kreditversicherers Atradius im zweiten Quartal 2022.
Das höhere Risiko von Zahlungsausfällen zieht ein zweites Problem für Asiens Firmen nach sich: Ein großer Teil der befragten Unternehmen meldet stark gestiegene Kosten, um das Kundenkreditrisiko intern zu managen und den Cashflow auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld aufrecht zu erhalten. Noch gravierender wird das Problem bei langfristig unbezahlten B2B-Forderungen (mehr als 90 Tage), die trotz mehrerer Mahnungen als Verluste abgeschrieben werden müssen. In dieser Situation haben die Unternehmen Mühe, die nötigen zusätzlichen Umsätze zu erzielen, um die Verluste auszugleichen.
Deutschlands Unternehmen sind von der aktuellen Entwicklung kaum betroffen, zumindest derzeit noch. Die Unternehmen der größten Exportbranchen – Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Elektrotechnik, Maschinen- und Anlagenbau sowie Chemie – haben ihre Ausfuhren meist durch hohe Vorauszahlungen und Bürgschaften abgesichert. „Die sinkende Zahlungsmoral in Asien ist allerdings ein weiterer Unsicherheitsfaktor, da für Importeure von Waren und Gütern aus Asien die Gefahr besteht, dass Lieferketten abreißen“, sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services Germany, Central, North, East Europe & Russia/CIS.
Blickt man auf die einzelnen Länder, dann schlug Taiwan der Umfrage zufolge am stärksten Alarm: Die Zahl der Forderungsausfälle war fast dreimal so hoch wie in der vorherigen Atradius-Studie – sie liegt aktuell bei 8 Prozent des Gesamtwerts der B2B-Rechnungen. Auch die Unternehmen in Hongkong und Singapur gaben an, dass ihre Zahlungsausfälle gestiegen sind, in beiden Ländern nahm der Wert der Forderungen, die als Verluste abgeschrieben werden mussten, um durchschnittlich 50 Prozent zu. Ein weiteres betroffenes Land war Indonesien, wo ein Anstieg der Abschreibungen um 40 Prozent gemeldet wurde. Vietnam wurde zum ersten Mal in die Erhebung einbezogen. Auch dort gaben die Unternehmen an, dass ihre Liquidität durch eine schlechte Zahlungsmoral beeinträchtigt wird. Die Abschreibungen summierten sich in Indonesien zuletzt auf 6 Prozent des Gesamtwerts der B2B-Rechnungen.
Eine weitere Sorge der Unternehmen in dem angespannten Wirtschafts- und Handelsumfeld sind die Auswirkungen auf ihren Gewinn, wenn sie einen hohen Abschreibungsbedarf haben. Die Atradius-Umfrage in Asien zeigt, dass 20 Prozent mehr Unternehmen als im Vorjahr eine erhöhte Bereitschaft zur Kreditvergabe an B2B-Kunden meldeten. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die derzeitigen Marktbedingungen sehr wettbewerbsintensiv sind und dass die Unternehmen Schwierigkeiten haben, die zusätzlichen Umsatzerlöse zu erzielen, die die Verluste aus den Abschreibungen ausgleichen würden. Zudem zeigt die Umfrage: Jedes dritte asiatische Unternehmen befürchtet Schwierigkeiten, die Nachfrage ihrer Firmenkunden in den nächsten Monaten bedienen zu können. Auf der anderen Seite ist jedes vierte asiatische Unternehmen besorgt, dass die Nachfrage bei ihnen in den kommenden Monaten nicht aufrechterhalten bleibt.
All dies hat bei den meisten befragten Unternehmen das Bewusstsein für die Bedeutung eines strategischen Kreditrisikomanagements im Firmenhandel geschärft: Jedes zweite Unternehmen in den befragten Märkten bekundete Interesse an einer Forderungsausfallversicherung, um die Auswirkungen des Kundenkreditrisikos auf das Geschäft zu mindern.
Abseits des starken Anstiegs der Forderungsausfälle erscheint Asiens Wirtschaft weiterhin in einer stabilen Verfassung. Andreas Tesch, Chief Market Officer von Atradius: „Die Aussichten für das Wachstum in Asien bleiben mit rund 5 Prozent sowohl in diesem Jahr als auch 2023 relativ robust. Viele Unternehmen in der Region sind jedoch weltweit tätig. Angesichts der anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und der geopolitischen Umwälzungen führte dies jüngst dazu, dass die Aussichten für das globale Wachstum auf knapp über 3 Prozent nach unten korrigiert wurden. Die Unternehmen in Asien bekommen diese weit verbreitete Störung des Welthandels besonders stark zu spüren. Der Anstieg der Abschreibungen auf uneinbringliche Forderungen kann ein Warnzeichen für ein finanziell angespanntes Unternehmensumfeld sein. Dies erklärt sicherlich, warum die Notwendigkeit eines starken strategischen Kreditmanagements in unserer Umfrage in den wichtigsten Volkswirtschaften der Region als ein zentrales Thema angesehen wurde.“
Roeland Punt, Atradius Regional Sales Director für Asien, fügte hinzu: „Angesichts der anhaltenden Unsicherheit auf dem Markt erwarten wir keine schnelle Erholung der Forderungsausfälle. Die Besorgnis über die Zeit, die Unternehmen benötigen, um überfällige Rechnungen von B2B-Kunden einzufordern, bleibt akut. Die Kreditmanagement-Prozesse der Unternehmen werden auf die Probe gestellt, und die Unternehmen, die einen flexiblen und ganzheitlichen Ansatz zu diesem Thema verfolgen, werden besser durch die unruhigen Gewässer navigieren können, die vor ihnen liegen könnten.“
Das Atradius Zahlungsmoralbarometer für den asiatisch-pazifischen Raum im Jahr 2022 bietet eine detaillierte Analyse, wie Unternehmen in den wichtigsten Märkten des asiatisch-pazifischen Raums mit Zahlungsausfallrisiken im Zusammenhang mit dem Verkauf auf Rechnung an Firmenkunden umgehen. Zu den behandelten Themen gehören unter anderem: Zahlungsbedingungen, die Zeit, die für die Einziehung von Rechnungen benötigt wird, der Umgang mit Zahlungsverzögerungen, die Auswirkungen von Zahlungsverzögerungen auf das Geschäft und erwartete Geschäftstrends.
Bild: Neron Photos (Pexels, Pexels Lizenz)
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