07.03.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DIW Berlin.
Im Vorfeld des Weltfrauentags am 08. März und des Equal Pay Days, der am 18. März die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen markiert, unterstreichen zwei Studien des DIW Berlin die Notwendigkeit von weiteren Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern.
„Deutschland entgeht durch die Schlechterstellung von Frauen immer noch ein enormes wirtschaftliches Potenzial“, stellt Präsident Marcel Fratzscher fest. „Zwar wurden erste Weichen gestellt, Politik und Arbeitgeber müssen aber weitere Anstrengungen unternehmen, die Chancengleichheit für Frauen und Männer auf allen Hierarchieebenen und in allen Gesellschaftsgruppen zu fördern.“
Eine neue Studie des DIW Berlin stellt fest, dass der prozentuale Unterschied zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten von Männern und Frauen – auch bekannt als Gender Pay Gap – bei Vollbeschäftigten von 26,6 Prozent 1985 auf zuletzt 16 Prozent gesunken ist.
Die Entwicklung ist aber nicht bei jedem angekommen, bei Frauen im Alter von 40 bis 49 stagnierte der Gender Pay Gap in den vergangenen dreißig Jahren bei über 20 Prozent. „Dass die Lohnlücke für junge Frauen am geringsten ist, kann eine Folge der starken Annäherung der Bildungskarrieren von Männern und Frauen in den letzten Jahren sein“, so Patricia Gallego Granados, eine der beiden Autorinnen der Studie.
Bei niedrigen Löhnen ist der Unterschied in den vergangenen 30 Jahren mit gut zehn Prozentpunkten am stärksten zurückgegangen, beträgt aber immer noch sehr hohe 20,1 Prozent. Am oberen Rand der Lohnverteilung beträgt die Differenz hingegen 23,5 Prozent, ein Rückgang von nur sechs Prozent. In Ostdeutschland bewegt sich der Gender Pay Gap bei mittleren Einkommen mit 7,5 Prozent auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in Westdeutschland, wo die Lohnlücke 17,3 Prozent beträgt.
© DIW Berln
Aus einer weiteren Auswertung des DIW Berlin geht hervor, dass in Unternehmen, für die seit 2016 eine Geschlechterquote in Höhe von 30 Prozent für Aufsichtsräte gilt, sich der Frauenanteil in diesem Gremium bereits in den Jahren zuvor erhöht hat. Der kontinuierliche Anstieg von zwölf Prozent 2012 über 17 Prozent 2014 auf 22 Prozent im Jahr 2016 ging einher mit der intensiven politischen Debatte über die Einführung einer bindenden Quote. Dass mit der Geschlechterquote eine Signalwirkung für mehr Frauen auch in Vorständen und im Gremiumsvorsitz einhergeht, konnte zumindest in der kurzen Frist nicht festgestellt werden.
„Mittel- und langfristig kann sich die Geschlechterquote auf alle Hierarchieebenen auswirken: Zum einen schafft eine Geschlechterquote mehr Frauen in Spitzenpositionen und somit weibliche Vorbilder, die Stereotypen über Frauen in Führungspositionen entgegenwirken. Zum anderen kann die Quote Frauen auf allen Karrierestufen animieren, stärker in Wettbewerbssituationen zu treten, um Führungsaufgaben zu übernehmen“, so Alexandra Fedorets, die die Studie gemeinsam mit Norma Burow und Anna Gibert erstellt hat.
Die bisherigen Maßnahmen sind richtig und sinnvoll, Unternehmen und Politik sind jedoch weiterhin gefordert, die Gleichstellung von Mann und Frau in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. „Wichtig ist, nicht zu erwarten, dass die Geschlechterquote alleine einen Kulturwandel mit sich bringt“, meint Fedorets. „Breite gesellschaftliche Veränderungen sind nötig, um den Gender Pay Gap zu verringern“, fordert Granados.
Katharina Wrohlich, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Gender Studies, Co-Autorin der Studie zum Gender Pay Gap und mitverantwortlich für das DIW Managerinnen-Barometer, wird konkret: „Das Ehegattensplitting sollte reformiert werden. Es hält insbesondere in Kombination mit Mini-Job-Regelungen Frauen davon ab, mehr und länger zu arbeiten. Individualbesteuerung und ein übertragbarer Grundfreibetrag sind hier ein vielversprechender Ansatz. Die Partner-Monate beim Elterngeld sollten verlängert werden. In Unternehmen sind ambitionierte Zielgrößten auf allen Hierarchieebenen notwendig und sollten zeitnah umgesetzt werden, begleitet von einer modernisierten Unternehmensorganisation und -kultur.“
Der im Dezember 2010 geschaffene Forschungsbereich „Gender Studies" ist relevant für alle Abteilungen des DIW Berlin. Grundsätzlich geht es um die Einbeziehung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedeutung der Kategorie Geschlecht in die wissenschaftlichen Analysen. Ziel ist es, strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu erkennen und zu verstehen sowie in der Forschungsarbeit gesellschaftliche Mechanismen ihrer Produktion und Reproduktion aufzudecken und zu berücksichtigen. Dabei geht es auch um die Frage, wie kulturelle Formen und soziale Strukturen interagieren und das Handeln von Frauen und Männern (unterschiedlich) begrenzen.
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