06.11.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI).
Der Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) hat auf seinem diesjährigen Verbandstag Ende September in Augsburg intensiv das Thema Ausbildung und Nachwuchsförderung bei den planenden und bauenden Berufen diskutiert. Ein entsprechendes Papier wurde jetzt von den Gremien verabschiedet.
Mehr und mehr stehen die Mitglieder der Architekten- und Ingenieurvereine – in der Regel kleinere und mittleres Büros – vor der Herausforderung, Absolventen der Hochschulen teilweise von Anbeginn neu ausbilden zu müssen. Viele Büroinhaber können sich das im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten.
Ausbildungsstätten stehen oft im Widerstreit zwischen den Anforderungen, einerseits Fachspezialisten auszubilden, aber andererseits auch dem universellen Anspruch an die bauenden und planenden Berufe als hochkomplexe und gestalterische Berufsbilder gerecht zu werden.
„Wir haben uns im DAI darauf verständigt, alle unsere Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Irrweg der zunehmenden Spezialisierung bei gleichzeitiger Verkürzung der Ausbildungszeiten zu verlassen. Was wir derzeit erleben, mündet in eine Industrialisierung der Berufe und bringt keine kreativ-kompetenten, umfänglich befähigten und vor allem bauvorlageberechtigten Planer hervor,“ erläutert DAI Präsident Prof. Baumgart die Motivation für die Augsburger Erklärung.
Augsburger Erklärung des DAI zu Ausbildung und Nachwuchs bei den bauenden und planenden Berufen – Ein Plädoyer für mehr Baukultur
Berlin, im Oktober 2014
Die Mitglieder des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (DAI) haben sich auf dem diesjährigen DAI Tag vom 26.-28. September in Augsburg intensiv mit einigen drängenden Fragen in Bezug auf die Berufe der Architekten, Ingenieure und Planer auseinander gesetzt. Schwerpunkt der Diskussion war das Thema Ausbildung und damit Nachwuchsförderung in den Büros, aber auch hinsichtlich der Architekten- und Ingenieurvereine.
Viele Büroinhaber stehen vor dem Problem, dass sie junge Absolventen einstellen und diese zunächst komplett für ihre Bedürfnisse „neu“ ausbilden müssen, weil diese keine ausreichende Qualifikation mitbringen. Es wird konstatiert, dass die Ausbildungs-einrichtungen teilweise am Bedarf vorbei qualifizieren.
Ein Phänomen heutiger Bautätigkeit ist, dass Architekten, Ingenieure und Planer oft auf zu großer Distanz zum Bauherrn und Geldgeber sind. Auftraggeber sind eher Fonds- und Immobiliengesellschaften, Konsortien, Projektsteuerer und Generalplaner/ Generalunternehmer. Diese treten mit speziellen Anforderungen an die Architekten und Ingenieure heran: Gesucht ist der Spezialist für Brandschutz, für Energieeffizienz oder Vergabeverfahren und weniger der Generalist, der in allen Bereichen Fähigkeiten hat, die er entsprechend ein- und umsetzen kann.
Eine Fachspezialisierung als Anforderungsprofil bringt aber keine generell baubefähigten, kreativ-kompetenten Planer hervor. Das wiederum führt in der Konsequenz zu einer „Industrialisierung des Architektenberufs“, was nicht im Interesse der Berufsstände sein kann und darf. Die immer stärkere Vermischung zwischen klassischer Architektur auf der einen und der fachlichen Ausdifferenzierung in alle Bereiche (Energie, Brandschutz, Antragsverfahren etc.) auf der anderen Seite, bedeutet in der Konsequenz eine Zerfaserung des Architekten- und Ingenieurberufs, die so keiner ernsthaft wollen kann.
Die Ausbildungseinrichtungen haben auf das vermeintlich nachgefragte, zeitgemäße Anforderungsprofil von Bewerbern mit einer kürzeren Ausbildungszeit und einer stärkeren Spezialisierung reagiert. Im DAI hat man sich nun darauf verständigt, über verschiedene Wege auf diese Zusammenhänge kritisch aufmerksam zu machen und lösungsorientiert Abhilfe zu schaffen. Eintragungsausschüsse stehen beispielsweise immer öfter vor der Frage, inwieweit der spezialisierte Absolvent die Voraussetzungen für eine Bauvorlage erfüllt. Hier gilt es darauf hinzuwirken, dass klare Kriterien und klare Inhalte keine Zweifel an der grundsätzlichen Befähigung und damit Bauvorlagekompetenz lassen.
Es sollen sowohl die politisch Verantwortlichen als auch die befreundeten Kammern und Verbände darauf aufmerksam gemacht werden, dass nicht am Bedarf vorbei ausgebildet wird. Ausbildungsstätten sollen in Rücksprache mit den praktisch arbeitenden Bau- und Planungsberufen ihre Curricula aufbauen und ggf. umbauen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Akkreditierungsstellen der Ausbildungseinrichtungen die benötigten Anforderungen kennen: Ein möglichst universell ausgebildeter Mensch, der aufgrund seines erworbenen Know-hows in der Lage ist, sich in komplexe Zusammenhänge einzuarbeiten und schwierige Problemstellungen vollständig zu lösen.
Unser Land und damit wir alle – aber auch andere europäische Gesellschaften – blicken heute auf die Tatsache, dass ein enormer Gebäudewert in den zurück liegenden Jahrzehnten geschaffen wurde. Der Erhalt und die Ertüchtigung dieser Bestandsgebäude erfordert ein durchaus spezialisiertes, aber eben auch ein generelles Know-how, dass jungen Menschen vermittelt werden muss. Das ist die zentrale Herausforderung für die Baukultur in Deutschland und darüber hinaus.
Themen
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