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Für wen sich der Einspruch gegen den Steuerbescheid lohnt

22.04.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V..

Jedes Jahr legen mehrere Millionen Steuerzahlende Einspruch gegen ihren Steuerbescheid ein – die meisten mit Erfolg. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) erklärt, wann ein Einspruch angebracht ist. Fazit: Der Einspruch wird zum Standardinstrument.


Quelle: vlh.de

"Die Wahrscheinlichkeit steigt stetig, dass ein Einspruch gegen den Steuerbescheid angebracht ist", sagt Christina Georgiadis, Pressesprecherin der VLH. Die Rechnung sei ganz einfach: Hundertaussende Steuerprofis in Deutschland müssen Tausende Vorschriften und eine Vielzahl sich ständig ändernder Gesetze überblicken, und diese auf individuelle Fälle anwenden.

"Da sind Fehler und Meinungsverschiedenheiten an der Tagesordnung", so Georgiadis. Allein zwischen 2011 und 2014 stieg die Zahl der intern registrierten Einsprüche durch die VLH im Interesse ihrer Mitglieder um 34 Prozent.

Allgemeines zum Einspruch

Der Einspruch gegen den Steuerbescheid ist kostenlos und muss binnen eines Monats ab dem Ausstellungsdatum eingelegt werden. Formale Vorgaben, wie der Einspruch auszusehen hat, gibt es nicht. Das einzige Kriterium: Er sollte schriftlich erfolgen, eine E-Mail oder ein Fax genügen. Außerdem ist es möglich, dem Finanzbeamten per Telefon den Einspruch zu diktieren. Eine Begründung kann später nachgereicht werden.

Die Steuerexperten der VLH unterscheiden zwei Hauptgründe, die zu einem Einspruch gegen einen Steuerbescheid führen können. Erstens: Der Bescheid des Finanzamts weicht von der Steuererklärung ab. Zweitens: Der oder die Steuerzahlende vertritt eine andere Rechtsauffassung als das Finanzamt.

Grund 1: Abweichung von der Steuererklärung

Fehler im Steuerbescheid entstehen oft wegen Schnitzern wie Zahlendrehern, übersehenen Kosten und falschen Berechnungen. Als Folge der elektronischen Datenübermittlung kommt es außerdem manchmal zu Übermittlungsfehlern. Solche Mängel sollten beanstandet werden.

Manche im Steuerbescheid nicht berücksichtigten Kosten hat das Finanzamt nicht übersehen, sondern aus bestimmten Gründen nicht anerkannt. Diese Meinungsunterschiede zwischen Fiskus und Steuerzahlenden häufen sich oft bei den Werbungskosten und den außergewöhnlichen Belastungen.

Ausgerechnet die Werbungskosten und die außergewöhnlichen Belastungen sind laut Einschätzung der VLH aber die Ausgaben, mit denen Arbeitnehmer und auch Rentner einen großen Teil ihrer Steuerrückerstattung erwirken. "Hier lohnt sich der kritische Blick also besonders", so VLH-Sprecherin Christina Georgiadis.

Grund 2: Abweichung durch andere Rechtsauffassung

Ist der Steuerzahlende der Meinung, das Finanzamt müsse ihm gewisse Kosten anerkennen, weil es das Gesetz so will, bleibt nur der Einspruch gegen den Steuerbescheid. Dann geht es um die Auslegung des Steuerrechts.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Anerkennung der Gerichtskosten bei einer Scheidung. Die Rechtslage wurde 2014 vom Gesetzgeber geändert. Konnten früher die Gerichts- und Anwaltskosten bei einer Scheidung von beiden Parteien abgesetzt werden, ist das seit 2014 zumindest laut Gesetz nicht mehr möglich. Die VLH legte dennoch für mehrere Mitglieder einen Einspruch ein. Das Argument: Der Gesetzestext widerspricht der Absicht des Gesetzgebers. Die Rechtsprechung würde also zu Ungerechtigkeiten führen.

"Zu dieser Detailfrage erwarten wir erst noch ein Urteil des Bundesfinanzhofs, aber man erkennt daran gut die Dynamik des Steuerrechts", so Georgiadis. Gesetzgeber, Steuerprofis und Gerichte seien in einem ständigen Ringen, ähnlich einem Wettstreit um Fachwissen und Argumente.

Allein der Bundesfinanzhof fällt jedes Jahr knapp 3.000 Urteile, von denen viele unmittelbar Einfluss auf die Steuerpraxis haben. Hinzu kommen die Urteile der Finanzgerichte der Bundesländer. Und auch das Bundesfinanzministerium mischt bei der Rechtspflege mit – zum Beispiel durch den sogenannten Nichtanwendungserlass. Mit einem Nichtanwendungserlass weist das Ministerium die Finanzämter an, bestimmte Urteile gezielt zu ignorieren. Dahinter steht oft die Absicht, den Gesetzestext nachzubessern und das Urteil damit auszuhebeln.

Fazit: Im Zweifel für den Einspruch

"Auch wenn man vorher nicht wissen kann, wie Gerichte oder der Gesetzgeber entscheiden, geht man mit einem Einspruch auf Nummer sicher", so VLH-Sprecherin Christina Georgiadis. Einerseits gewönnen die Steuerzahlenden Zeit.

"Falls Sie die Steuererklärung im ersten Anlauf selbst gemacht haben, könnten Sie nach einem überraschend schlechten Steuerbescheid die Gelegenheit nutzen, jetzt einen Steuerexperten einzuschalten und neue Argumente ins Feld zu führen", so VLH-Sprecherin Christina Georgiadis.

Wenn Sie sich beispielsweise auf ein neues Gerichtsurteil oder auch ein neues Gesetz berufen, sei es möglich, dass sich das Finanzamt Ihrer Ansicht deswegen anschließe, weil es diese Regelung selbst noch nicht beachtet habe.

Zudem könne es sein, dass sich in der gewonnenen Zeit die Sachlage gänzlich ändert. Fälle beispielsweise der Bundesfinanzhof ein Grundsatzurteil in der betreffenden Sache, das dann auch von der Steuerverwaltung angewendet werden muss, habe sich der Einspruch gelohnt.

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