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Finanzindustrie wählt langsamen Weg in die Agilität

03.05.2018  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Sopra Steria GmbH.

Jeder dritte Manager in Banken und Versicherungen in Deutschland hält das eigene Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb für überdurchschnittlich agil. Um schneller zu entscheiden, verzichten allerdings 40 Prozent noch auf moderne IT-Anwendungen.

91 Prozent der befragten Manager vertrauen vorrangig auf Erfahrungen und Intuition. Zudem plant nur jeder vierte Finanzdienstleister derzeit den Abbau starrer Hierarchien. Das sind die Ergebnisse der Studie „Potenzialanalyse agil entscheiden“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut.

Dabei haben Banken und Versicherungen wie alle Unternehmen in Deutschland immer weniger Zeit für Entscheidungen: Sechs von zehn für die Studie befragten Finance-Manager berichten, deutlich schneller Beschlüsse zu fassen als früher. Jeder Zweite trifft zudem häufiger Entscheidungen als noch vor fünf Jahren. Dafür sorgt vor allem die beschleunigte Kommunikation: Informationen stehen heute schneller zur Verfügung, der Austausch ist durch mobile Geräte grenzenlos möglich.

Die Unternehmen reagieren branchenübergreifend auf Informations- und Entscheidungsflut mit diversen Maßnahmen. Sie brechen ihre Organisationsstrukturen auf und nutzen neue Technologie, um schneller auf Kundenanforderungen zu reagieren und Veränderung zu erkennen. Auch in nahezu jeder fünften Bank oder Versicherung herrscht mittlerweile ein agiler Führungsstil. Durch mehr Mitwirkung und Eigenverantwortung der Mitarbeiter sollen Entscheidungen beschleunigt werden.

Auf technologische Unterstützung für die Entscheidungsfindung verzichten Finanzunternehmen jedoch überdurchschnittlich häufig. Nur sechs Prozent der befragten Führungskräfte setzen beispielsweise auf Predictive-Analytics-Anwendungen, die ihnen bei Prognosen helfen. In anderen Branchen sind es im Durchschnitt rund 20 Prozent. Auch bei der Einführung flächendeckender Collaboration Tools sind Banken und Versicherer zurückhaltend. Zwölf Prozent nutzen moderne Technologien für den schnellen zentralen Zugriff auf Wissen. Genauso viele Finanzdienstleister setzen auf künstliche Intelligenz, unter anderem bei der Auswertung komplexer Schriftstücke. Hier ist die Branche sogar Vorreiter.

Weniger halbe Sachen und mehr Vorsicht

Wenn es um den weiteren Abbau von Hierarchien geht, sind in 25 Prozent der Banken und Versicherungen aktuell Maßnahmen geplant: Zum Vergleich: In der verarbeitenden Industrie arbeitet rund jedes dritte Unternehmen am Rückzug des klassischen Chef-Mitarbeiter-Modells. Jeder zweite Industrie-Entscheider meldet zudem zurück, mit einer Zwischenlösung zwischen agiler Selbstorganisation und klassischer Führung mit Anweisungen und Kontrolle zu arbeiten. Derartige Mischformen agiler Führungsmodelle finden sich dagegen nur in 29 Prozent der befragten Finanzunternehmen.

„Die Finanzindustrie geht beim Aufbau einer agilen Organisation zurückhaltender vor als andere Branchen. Die Institute testen die neuen kollaborativen Strukturen und Technologien meist in separaten Einheiten, dort aber mit aller Konsequenz, wie beispielsweise die Digital-Fabrik der Deutschen Bank zeigt“, sagt Matthias Frerichs, Leiter Digital Banking bei Sopra Steria Consulting.

Der langsamere Abschied von starren Entscheidungswegen liegt auch an der überdurchschnittlichen Regulierung der Branche. Zwei von drei Managern sehen sich in ihrer Bewegungsfreiheit bei Entscheidungen durch regulatorische Bestimmungen eingeschränkt – ein Spitzenwert. „Die strengen Complianceregeln und vor allem die Haftungskonsequenzen für Manager führen dazu, dass Bank- und Versicherungsmanager seltener delegieren als in anderen Wirtschaftszweigen“, so Frerichs. Die Studie stützt die Aussage: Trotz des spürbaren Anstiegs bei der Anzahl an Entscheidungen seit 2013 verteilt nur etwas mehr als jeder Vierte Entscheidungen auf mehrere Schultern. In der Industrie und der öffentlichen Verwaltung gibt mittlerweile rund jeder Dritte mehr Entscheidungsgewalt ab als vor fünf Jahren.



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