08.02.2016 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im Zuge einer Außenprüfung erließ das FA u.a. Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, die Gewerbesteuer und Zinsen zur Gewerbesteuer für die Streitjahre 2004 bis 2006. Die Klägerin, eine GmbH, legte Einspruch ein und beantragte außerdem den Erlass der Zinsen zur Gewerbesteuer gemäß § 227 AO. Auch gegen die Ablehnung ihres Erlassantrags ging die Klägerin vor.
Das FA wies die Einsprüche hinsichtlich der Zinsfestsetzung und der Erlassablehnung ab. Die Klägerin erhob in der Erlasssache Klage, mit der sie die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Zinshöhe von 6 % p.a. geltend machte und auf die von ihr nicht verschuldete lange Verfahrensdauer abstellte. Das FG Berlin-Brandenburg wies die Klage ab. In seinem Urteil vom 5. Juni 2014 - 10 K 10237/13 ließ es die Revision nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
Die Beschwerde ist - bei erheblichen Bedenken hinsichtlich ihrer Zulässigkeit - jedenfalls unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (BFH-Beschluss vom 30.9.2015, I B 62/14).
Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Sie sind entweder geklärt (fehlende Klärungsbedürftigkeit) oder in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärbar.
Die Fragen, "ob die Höhe der Verzinsung nach § 238 AO einer Korrektur, die im Rahmen eines Erlasses ... gem. § 227 AO zu erfolgen hat", "ob die Zinshöhe von 0,5 % für jeden Monat bei dem niedrigen Zinsniveau verfassungsgemäß ist" und (sinngemäß) ob das verfassungsrechtliche Übermaßverbot eine Obergrenze für die Zinsfestsetzung gebietet, wenn mit der typisierten Verzinsung ein wirtschaftlicher Erfolg in Gestalt eines erzielbaren Zinsvorteils fingiert wird, den es angesichts der Niedrigzinsphase nicht gibt, sind in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärbar. Die Fragen betreffen die Verfassungsmäßigkeit der einfach-rechtlichen Grundlagen und damit die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung. Sie sind damit vorrangig im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zinsfestsetzung und nicht im Erlassverfahren geltend zu machen.
Ausweislich der Gründe des angegriffenen Urteils ist die Zinsfestsetzung im Streitfall allerdings in Bestandskraft erwachsen. Eine rechtlich unzutreffende, aber bestandskräftige Festsetzung von Steuern oder steuerlichen Nebenleistungen kann nach ständiger BFH-Rechtsprechung grundsätzlich nicht durch einen Billigkeitserweis aus sachlichen Gründen nachträglich korrigiert werden. Dass im Streitfall der Ausnahmefall einer offensichtlich und eindeutig unrichtigen Steuer- bzw. Zinsfestsetzung vorliegt und Rechtsbehelfe nicht oder nicht in zumutbarer Weise eingelegt werden konnten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Frage, ob "im Fall einer überlangen Dauer einer steuerlichen Außenprüfung eine Korrektur der Zinsfestsetzung nach § 233a AO im Wege des Erlasses zu erfolgen" hat, ist in der Rechtsprechung des BFH hinreichend in dem Sinne rechtsgrundsätzlich geklärt, dass der Hinweis auf eine verzögerte Bearbeitung des Steuerfalls grundsätzlich nicht geeignet ist, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen. Ob in einem bestimmten Einzelfall davon Ausnahmen zu machen sind, hängt von den konkreten Lebensumständen dieses Falles ab.
Im Übrigen sind die allgemeinen Rechtsgrundsätze, nach denen ein Billigkeitserlass von Zinsen in Betracht kommt, durch eine Vielzahl von Entscheidungen des BFH hinreichend geklärt. Ein neuerlicher Klärungsbedarf wird von der Klägerin nicht aufgezeigt.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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