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Bauingenieure im Ausland - von Entwicklungshelfern und Globetrottern (2/2)

21.08.2013  — Fabian Hesse.  Quelle: Bauingenieur24.

Für deutsche Bauingenieure gibt es viele Möglichkeiten im Ausland zu arbeiten. Doch worin besteht der Reiz? Ob als Mitarbeiter bei einem großen internationalen Infrastrukturprojekt oder als Freiwilliger für eine Hilfsorganisation - die Herausforderung, im Ausland zu arbeiten, lässt sich für den Einzelnen sehr individuell gestalten. In der Baudienst-Serie sprechen Bauingenieure über ihre Erfahrungen und Motivation.

Lesen Sie hier noch einmal den ersten Teil »

Viel Arbeit, wenig Freizeit

Ein großes Verständnis für fremde Länder und Leute kam auch Richard Krauss in seinem bewegten Berufsleben zugute. Über 30 Jahre lang war der Diplomingenieur und Regierungsbaumeister für verschiedene Firmen im Ausland tätig. Seit Anfang des Jahres genießt der Schwabe seinen Ruhestand. "Los ging es 1980 in der Region Darfur", erzählt Kraus. "Dort war ich als Bauführer am Bau einer 220 Kilometer langen Straße beteiligt." Für die Logistik hätte man eine fertige Trasse gut gebrauchen können, so der 64-jährige. "Vom Hafen bis zur Baustelle waren es 2.300 Kilometer. Dazwischen lag blanke Wüste und Savanne, nur rund 900 Kilometer waren einigermaßen befestigt."

1998 wurde am Euphrat in Birecik, Türkei ein riesiges Wasserkraftwerk errichtet. Für die Firma Philipp Holzmann war der deutsche Bauingenieur Richard Krauss an dem Projekt beteiligt.
1998 wurde am Euphrat in Birecik, Türkei ein riesiges Wasserkraftwerk errichtet. Für die Firma Philipp Holzmann war der deutsche Bauingenieur Richard Krauss an dem Projekt beteiligt. Foto: privat

Außer in Afrika arbeitete Richard Krauss unter anderem in Saudi-Arabien, der Karibik, in Bulgarien und der Türkei. "In China haben wir ein unterirdisches Wasserkraftwerk mit einem 240 Meter hohen Staudamm - damals der größte im Land - realisiert." Während der Arbeiten für ein chinesisches Autobahnprojekt habe es einen Regierungserlass gegeben, der die Fertigstellung für das Bauwerk vorzog. "Da hat man uns einfach so ein halbes Jahr Bauzeit genommen." Mit solchen Dingen sei in autoritär geführten Ländern zu rechnen. Trotz aller Schwierigkeiten motivierte die Größe der Projekte und des Budgets sowie die technische Herausforderung Richard Krauss immer wieder dazu, im Ausland zu arbeiten: "Die Maßstäbe sind in Afrika oder China einfach viel größer als bei uns."

Neben der beruflichen Erfüllung fand Richard Krauss auch privat sein Glück in der Fremde. In China lernte er seine Frau kennen, in der Türkei heiratete er sie. Eine bunte kulturelle Vielfalt hat er in seiner aktiven Zeit kennen gelernt. Wie wichtig die Beachtung der jeweiligen Landessitten ist, macht er an einem einfachen Beispiel deutlich: "Man muss akzeptieren, dass es in einem muslimischen Land keinen Alkohol und kein Schweinefleisch gibt."

Wachsende Märkte locken

Eine gestandene Größe im Auslandsbaugeschäft ist die Firma Gauff-Engineering. Seit 1965 unterhält das Familienunternehmen Geschäftsbeziehungen in zahlreiche afrikanische Länder. "Wir bieten unseren Bauingenieuren die Chance, an Großprojekten mitzuarbeiten, die in diesen Dimensionen in Europa nicht oder nicht mehr denkbar sind", sagt Andreas Raftis, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei Gauff.

Schwerpunkte des Engagements lägen vor allem auf diversen Infrastrukturprojekten, dabei insbesondere die Bereiche Transport, Wasserversorgung und Energie. "Uns geht es in erster Linie um die Sicherung der Mobilität und der grundlegenden Versorgung der Menschen in den afrikanischen Staaten", so Raftis. Die wirtschaftliche Lage sei derzeit ausgezeichnet: "Die afrikanischen Märkte boomen momentan mit teilweise zweistelligen Wachstumsraten."

Die Firma Gauff-Engineering leitet in Angola im Rahmen eines regionalen Infrastrukturgroßprojektes die Neugestaltung der Wasserversorgung einer 250.000-Einwohner-Stadt.
Die Firma Gauff-Engineering leitet in Angola im Rahmen eines regionalen Infrastrukturgroßprojektes die Neugestaltung der Wasserversorgung einer 250.000-Einwohner-Stadt. Foto: Gauff Engineering

Oft bringt die Tätigkeit im Ausland auch für den einzelnen Bauingenieur finanzielle Vorteile mit sich. "Ich musste viele Jahre in Deutschland keine Lohnsteuer zahlen", erklärt Richard Krauss. "Was ich verdient habe, konnte ich sparen, da die Zeit zum Geldausgeben gefehlt hat."

Anpassung nötig

Auch wenn heute noch das Geld stimme, so habe sich die Auswahl an Unternehmen im Vergleich zu früher verringert, sagt Krauss. Hauptsächlich die großen Namen hätten sich gehalten. Der Fokus liege heute nicht mehr auf der Bauausführung, sondern auf dem Consulting, also der Planung, Beratung und Überwachung. "Die Baustellen sind auch nicht mehr so großzügig ausgestattet wie einst. Familienverträge gibt es nur noch für Projektleiter oder begrenzt für Fachpersonal, aber nicht mehr für gewerbliches Personal."

Interkulturelle Aufgeschlossenheit sowie die Anpassung an das spezifische Klima sind Anforderungen, die nach wie vor an Auslands-Fachkräfte gestellt werden. Für Gauff-Engineering sind nicht nur diese entscheidend. "Die Fähigkeit, sein Fachwissen in verschiedensten Bereichen anwenden zu können, ist ebenso gefragt", sagt Andreas Raftis. "Wir fordern von unseren Ingenieuren ein generalistisches Denken und Handeln, damit sie jederzeit bereit sind, sich auf Neues einzulassen." Nicht zuletzt zähle eine "große Portion Abenteuerlust" zu den Grundvoraussetzungen für deutsche Ingenieure im Ausland.

Den letzten Punkt sieht der erfahrene Richard Krauss etwas kritisch: "Viel Zeit für Abenteuer und Reisen neben dem Beruf hatte ich nie. In den meisten Ländern der Welt wird samstags immer gearbeitet. In China war ich oft von 6:30 Uhr bis abends um 20:30 Uhr auf der Baustelle." Interessant bleibt für ihn das Anforderungsniveau: "Man hat im Ausland die Möglichkeit, die ganze Bandbreite der Ingenieurskunst anzuwenden." Am Ende sei es eine Lebensentscheidung, die das Privatleben nicht unbeeinflusst lässt, so Krauss: "Ich kenne 39 ehemalige Kollegen, die heute mit einer Chinesin verheiratet sind."

 

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