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Arbeitslohn (Kommentar von Udo Cremer)

30.08.2016  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Rückzahlung von Arbeitslohn durch beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer

  1. Zum Arbeitslohn gehören auch irrtümliche Überweisungen des Arbeitgebers. Die Rückzahlung von Arbeitslohn ist erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses einkünftemindernd zu berücksichtigen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
  2. Auch bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Abfluss einer Arbeitslohnrückzahlung erst im Zeitpunkt der Leistung und nicht bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rückforderung anzunehmen.
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Der Kläger erzielte in den Streitjahren (2008 bis 2010) als Geschäftsführer der A-GmbH (GmbH), deren Alleingesellschafter er war, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Eine bei der GmbH im Jahr 2011 durchgeführte Außenprüfung ergab, dass die GmbH die dem Kläger zustehenden Tantiemen und Urlaubsgeldansprüche in den Streitjahren irrtümlich abweichend vom Arbeitsvertrag berechnet und ausbezahlt hatte. Die GmbH forderte die überzahlten Beträge daraufhin vom Kläger zurück. Es handelte sich für den Veranlagungszeitraum 2008 um Tantiemen in Höhe von 6.978,52 € und um Urlaubsgeld in Höhe von 1.273,75 €, für 2009 um Tantiemen in Höhe von 5.062,78 € und um Urlaubsgeld in Höhe von 1.592,87 € sowie für 2010 um Urlaubsgeld in Höhe von 1.592,87 €. Der Prüfer aktivierte in seinen Prüferbilanzen für die Streitjahre entsprechende Forderungen der GmbH gegen den Kläger.

Im Anschluss an die bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung änderte das FA die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Streitjahre und erhöhte dessen Arbeitslohn aus hier nicht im Streit stehenden Gründen um Sachbezüge aus einer PKW-Überlassung. Der Kläger legte gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein. Er brachte u.a. vor, dass seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um die zu viel gezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder zu kürzen seien. Das FG wies die Klage nach erfolglosem Vorverfahren mit den in EFG 2014, 903 veröffentlichten Gründen ab.

Die zulässige Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH Urteil vom 14.4.2016, VI R 13/14). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in den Streitjahren nicht um die zu viel gezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder zu kürzen sind.

Das FG ist zutreffend zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei den an den Kläger in den Streitjahren gezahlten Tantiemen und Urlaubsgeldern um Arbeitslohn handelte. Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu Gunsten des Klägers lag dagegen nicht vor. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt demgegenüber vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

Die von der GmbH an den Kläger versehentlich überhöht ausgezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder sind nach diesen Maßstäben Lohnzahlungen, aber keine vGA. Denn die GmbH als Arbeitgeberin des Klägers erbrachte diese Leistungen, um ihrer vermeintlichen arbeitsvertraglichen Verpflichtung zu genügen. Die überhöhten Zahlungen an den Kläger gründeten dagegen nicht im Gesellschaftsverhältnis. Unerheblich ist insoweit, dass die GmbH die Beträge unrichtig ermittelte und dementsprechend überhöhte Tantieme- und Urlaubsgeldzahlungen leistete. Denn es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des BFH, dass zum Arbeitslohn auch versehentliche Überweisungen des Arbeitgebers gehören, die er zurückfordern kann. Demgegenüber sind im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass die GmbH dem Kläger die Überzahlungen aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter zuwandte.

Das FG hat ferner zu Recht entschieden, dass die Rückzahlung der von der GmbH zurückgeforderten Tantiemen und Urlaubsgelder erst im Veranlagungszeitraum des tatsächlichen Abflusses einkünftemindernd zu berücksichtigen ist. Die Vorinstanz hat den Abfluss in den Streitjahren zutreffend verneint. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Das in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG normierte Abflussprinzip gilt auch für zurückgezahlten Arbeitslohn. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 Abs. 1 EStG ergeben sich aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Nach § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG i.V.m. § 25 EStG sind ihre Grundlagen für die Einkommensbesteuerung jeweils für ein Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) nach dem Zufluss und Abfluss von Gütern und nicht wie bei den Gewinneinkünften nach der Veränderung des Vermögensbestandes zu ermitteln. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen und Ausgaben nach dem kalenderjahrbezogenen Zu- und Abflussprinzip zu erfassen, sofern nicht eine abweichende gesetzliche Ausnahmeregelung eingreift. Nach diesen Maßstäben sind die von der GmbH zurückgeforderten Tantiemen und Urlaubsgelder in den Streitjahren nicht einkünftemindernd als negativer Arbeitslohn oder als Werbungskosten zu berücksichtigen. Denn die zurückgeforderten Bezüge sind beim Kläger in den Streitjahren nicht abgeflossen.

Der Autor:

Udo Cremer

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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