21.11.2016 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger erwarb im Februar 2008 ein Grundstück, bebaut mit einer im Jahr 1978 errichteten Doppelhaushälfte mit zwei jeweils abgeschlossenen Wohnungen zu einem Kaufpreis von insgesamt 270.000 €. Die Wohnung im Obergeschoss nutzte der Kläger in der Folgezeit selbst. Die Wohnung im Erdgeschoss wurde in mehrere Büroeinheiten unterteilt und ab Juli 2008 für die Nutzung als Geschäftsräume an drei Parteien vermietet. In den Streitjahren 2008 und 2009 sowie im Jahr 2010 führte der Kläger in der vermieteten Wohnung sowie am Gebäude selbst in größerem Umfang Umbau- und Renovierungsmaßnahmen durch. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Baderneuerung, das Verputzen und Streichen von Wänden, das Anbringen von Rigipsdecken sowie das Einziehen einer Trennwand, den Austausch von Fenstern, die Erneuerung des Bodenbelags, den Einbau eines Brennwertkessels, Dachdecker- und Spenglerarbeiten und Maßnahmen zur energetischen Sanierung des Gebäudes sowie um die Vornahme weiterer, kleinerer Reparaturarbeiten.
Die hierfür angefallenen Aufwendungen behandelte der Kläger in der Einkommensteuererklärung 2008 in Höhe von 5.632 € netto als Herstellungskosten und machte im Übrigen Kosten für Renovierungsmaßnahmen in Höhe von insgesamt 24.687 € netto als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Diese gliederte er im Rahmen des Einspruchsverfahrens auf in Aufwendungen für Schönheitsreparaturen in Höhe von 16.549 €, in Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen in Höhe von 3.099 € sowie in Materialkosten in Höhe von 5.038 €, die er in 2009 einem der Handwerker weiterberechnet habe.
Den Erstattungsbetrag habe er dementsprechend in seiner Einkommensteuererklärung 2009 bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erfasst. Von den im Jahr 2009 für Renovierungsmaßnahmen angefallenen Aufwendungen behandelte der Kläger in der Einkommensteuererklärung 2009 Kosten in Höhe von 23.788 € netto als Herstellungskosten und Kosten in Höhe von insgesamt 14.448 € netto als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand. Letztere unterteilte er in sofort abzugsfähige Beratungskosten in Höhe von 692 €, in Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen in Höhe von 7.575 € und in Kosten für Eigenleistungen in Höhe von 6.180 €, die ebenfalls einem der Handwerker in Rechnung gestellt worden seien. Den Erstattungsbetrag habe er daher wiederum in seiner Einkommensteuererklärung 2009 bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erfasst. Nachrichtlich teilte er zudem mit, dass im Jahr 2010 weitere Aufwendungen für Umbaumaßnahmen in der vermieteten Wohnung entstanden seien, die in Höhe von 11.503 € netto Herstellungskosten und in Höhe von 1.296 € netto Aufwendungen für Schönheitsreparaturen darstellten.
Das FA behandelte die streitigen Aufwendungen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG und berücksichtigte hierfür lediglich AfA. Dabei ging das FA davon aus, dass auf die vermietete Wohnung Anschaffungskosten in Höhe von 92.884 € entfielen. Die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab. Das FG beurteilte ebenso wie das FA die vom Kläger als sofort abziehbare Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.
Die Revision ist begründet (BFH-Urteil vom 14.6.2016, IX R 25/14). Zwar hat das FG grundsätzlich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die vom Kläger als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten Renovierungs- und Umbaumaßnahmen den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zugeordnet und lediglich im Rahmen der AfA berücksichtigt. Der Senat kann aber auf Grund der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob das FA die von dritter Seite im Jahr 2009 zum Teil erstatteten Aufwendungen für Material (5.038 €) und Fertigungsleistungen (6.180 €) lediglich in Höhe des Saldobetrags oder in voller Höhe den anschaffungsnahen Herstellungskosten zugeordnet hat. Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage, sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören daher insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die (ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG) vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.
Hierzu gehören grundsätzlich auch sogenannte Schönheitsreparaturen wie das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden und die hierfür angefallenen Aufwendungen (gegebenenfalls zusammen mit weiteren Aufwendungen für bauliche Maßnahmen) ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten übersteigen. Denn auch Schönheitsreparaturen in diesem Sinne sind bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes beseitigt werden. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung vom Anwendungsbereich der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Wortlaut und Systematik der Vorschrift sprechen vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten wegen einer wesentlichen Verbesserung vermeiden wollte.
Bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG führen, ist bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbständigen Gebäudeteil abzustellen, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und daher in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. Maßgeblich ist insoweit, ob die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen. Werden Aufwendungen für Material und Fertigungsleistungen von dritter Seite zum Teil erstattet, sind die Aufwendungen grundsätzlich nur in Höhe des Saldobetrags zwischen dem vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwand und dem von dritter Seite erstatteten Aufwand in die Berechnung des für die 15 %-Grenze maßgeblichen Betrags einzubeziehen. Übersteigen diese Aufwendungen (ggf. zusammen mit weiteren Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen) die betragsmäßige Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, sind diese Aufwendungen in Höhe des Saldobetrags den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Insoweit erhöhen sie die AfA-Bemessungsgrundlage und sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Die Erstattung von Aufwendungen in einem späteren Veranlagungsjahr führt in diesem Fall nicht zu Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Erstattungsbeträge sind vielmehr von den anschaffungsnahen Herstellungskosten abzuziehen und mindern dementsprechend die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der AfA.
Nach den bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes in größerem Umfang Umbau- und Renovierungsmaßnahmen durchgeführt. Diese Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führten (auch ohne die vom Kläger weiterberechneten Aufwendungen für Material in Höhe von 5.038 € und Fertigungsleistungen in Höhe von 6.180 €) zu Kosten, die über 15 % der Anschaffungskosten der vermieteten Wohnung (92.884 €) liegen. Dabei hat das FG zutreffend nicht nur die Aufwendungen für die Erneuerung des Bodenbelags und das Setzen einer Trennwand, sondern auch die Aufwendungen für die vom Kläger im Übrigen als Schönheitsreparaturen bezeichneten Maßnahmen in die Berechnung des für die 15 %-Grenze maßgeblichen Betrags einbezogen. Da bereits diese Aufwendungen die betragsmäßige Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG überstiegen haben, konnte es das FG als unerheblich ansehen, ob auch die vom Kläger den Herstellungskosten wegen einer wesentlichen Verbesserung i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zugeordneten Aufwendungen in die Ermittlung der anschaffungsnahen Herstellungskosten einzubeziehen sind.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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