16.08.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Bremen (ots) - Langsam wird es peinlich: Gesprengte Spundwände beim Jade-Weser-Port, der Hauptstadtflughafen in Berlin mutiert zur ewigen Baustelle, und die Elbphilharmonie in Hamburg wird wohl noch länger von Baugerüsten umzäunt sein. Die Liste der aktuellen Baupannen ließe sich locker um viele Projekte ergänzen. Landauf, landab gibt es Probleme. Eine Boulevard-Zeitung ging kürzlich so weit und veröffentlichte ein "Bautrottel-Quartett", spottete damit gleich seitenweise über Pleiten, Pech und Pannen. Eigentlich wäre das zum Lachen, wenn das Thema nicht so bitterlich ernst wäre.
Denn der gute Ruf der deutschen Ingenieurskunst ist in Gefahr. Bis heute ist sie ein, wenn nicht sogar der Exportschlager der Bundesrepublik. Es sind deutsche Unternehmen, die in Wüstenstädten gigantische Bahnnetze aufbauen, es sind deutsche Architekten und Ingenieure, die Projekte in aller Welt realisieren. Überall genießen deutsche Konstruktionen einen hervorragenden Ruf - noch. Was im Ausland wie am Schnürchen klappt, muss auch in der Heimat funktionieren. Der Grund allen Übels liegt immer wieder in den Amtsstuben: Bei Infrastrukturprojekten wird oft über Jahrzehnte hinweg geplant. Oder sollte man sagen: herumgedoktert? Über den Plänen für Autobahnen, Bahnstrecken und Flughäfen wird lange gebrütet und gerne der Abgleich mit der sich verändernden Realität vergessen. In der Zwischenzeit gibt es mehrfach neue Gesetze, Bau- und Sicherheitsvorschriften. Auch Politiker pfuschen gerne mit sehr speziellen Wünschen ins Werk. Planungssicherheit sieht anders aus. Geht es endlich an die Umsetzung, tauchen die Probleme auf. Dass es anders geht, beweist der Ausbau der A1. Zwischen Bremen und Hamburg mussten Dutzende Brücken errichtet und 72 Kilometer Autobahn verbreitert werden. Eine komplexe Aufgabe. Trotzdem liegen die Arbeiter um Monate vor ihrem Plan. Hier loben Privatwirtschaft und Behörden die gute Zusammenarbeit. Eine straff organisierte Planung und eine schnelle Umsetzung - so muss es laufen.
Die Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung kommentiert unter dem Titel "Landebahn für den Pleitegeier":
Essen (ots) - Noch ist er nicht eröffnet, aber das Vorrecht der ersten Landung steht womöglich dem Pleitegeier zu. Der Bau des neuen Berliner Flughafens ist eine gigantische Fehlkalkulation. Die Betreiber sind nicht kreditwürdig und die Liquidität so kritisch, dass eine Insolvenz für möglich gehalten wird. 2,8 Milliarden Euro sollte der Bau kosten. Vier Milliarden werden es wohl. Berlin, Brandenburg und der Bund werden mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Das klingt einfacher als es ist - wegen der angespannten öffentlichen Kassen und weil es um Beihilfen ginge. Hätten sie vor der EU Bestand? Dass es keine Formsache ist, hat jüngst der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck bei der Nürburgring-Pleite erleben müssen. In Berlin bleibt nichts anderes übrig, als weiter zu zahlen. Ein Milliardengrab ist es schon, eine Bauruine wäre absurd. So sicher, wie der Flughafen vollendet wird, so sicher droht allerdings eine Dauersubventionierung. Für den Steuerzahler wäre es besser, man würde den Flughafen privatisieren. Die SPD, die Berlin und Brandenburg seit Jahren regiert, wird eine Quittung bekommen. Sowohl der Potsdamer Regierungschef Matthias Platzeck als auch Berlins Bürgermeister Wowereit verspielen Kredit.
Noch härter ins Gericht geht die Rheinische Post und schreibt unter der Überschrift "Berliner Versager":
Düsseldorf (ots) - In der Bundeshauptstadt fehlt es offenbar an technischem und finanziellem Talent. Ein ums andere Mal werden bei Großprojekten schwere bautechnische Fehler gemacht oder die Kosten laufen völlig aus dem Ruder. Besonders der Bau des neuen Flughafens zeigt ein Ausmaß an Inkompetenz und Arroganz, das in der Republik - vielleicht mit Ausnahme Kölns - seinesgleichen sucht. Über Jahre lässt Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit, der Oberkontrolleur des Megaprojekts, die Zügel schleifen, während die Kosten explodieren und technische Schwierigkeiten offen zutage treten. Um mehr als ein Drittel liegen die Kosten inzwischen über den Vorgaben.
Zugleich fehlt das Geld, so dass Bund und Länder jetzt helfen müssen. Der märkische Sand, auf den der Flughafen in Berlin-Schönefeld gebaut ist, stellt besondere Anforderungen an Ingenieure und Bauplaner. Genau das erfordert eine präzise Planung und technische Höchstleistung. Wenn jetzt Gebäudeteile buchstäblich im Sand zu versinken drohen, beweist das die Schlamperei und fatale Sorglosigkeit im Umgang mit diesem schwierigen Projekt. Berlin braucht den Flughafen. Wowereit muss deshalb endlich eine nachvollziehbare und transparente Planung vorlegen oder den Aufsichtsratvorsitz abgeben.
Und die Berliner Morgenpost kommt mit dem (Steuer-)Geld zählen kaum mehr nach:
Berlin (ots) - Er kommt später, er wird noch teurer und er bekommt kein Geld mehr: Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Flughafengesellschaft keine neuen Kredite für den Großflughafen BER aufnehmen kann. Und dies, obwohl sich der Bau durch die um Monate verzögerte Inbetriebnahme des Airports deutlich verteuert. Die Banken geben keine Kredite mehr, die Flughafengesellschaft ist, so formulierte es der brandenburgische Finanzminister überraschend klar, "in der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur nicht in der Lage, zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen". Damit bestätigte der Minister das, was Flughafenexperten schon seit der Absage des Eröffnungstermins gemutmaßt haben. Wieder so ein Tag mit einer Hiobsbotschaft zum BER.
Sicherlich, die Flughafengesellschaft wird nicht insolvent gehen. Das werden die drei Gesellschafter - die Länder Berlin und Brandenburg und die Bundesregierung - verhindern. Das bedeutet aber auch, dass diese drei - also wir alle, die Steuerzahler nämlich - nun Geld zuschießen müssen. In mehrstelliger Millionenhöhe. Angesichts der angespannten Haushaltslage in Berlin und Brandenburg, angesichts der vereinbarten Schuldenbremse ist das für die Länder wahrlich eine extreme Belastung. Der Airport hat sich schon von den geplanten 2,4 Milliarden Euro auf jetzt 4,2 Milliarden Euro verteuert, und es gilt als sicher, dass die ganze Sache wegen der weiteren Bautätigkeiten, der Schadensersatzforderungen von Airlines, Verkehrsunternehmen und Einzelhändlern sowie wegen des verbesserten Lärmschutzes noch sehr viel teurer wird. Eine Tatsache, die die Menschen in der Region umtreibt, denn was hätte man alles mit den vielen Millionen finanzieren können. Das wiegt im Zweifel auch schwerer als der Ärger über die verschobene Eröffnung. Wie leichtfertig geht die Flughafengesellschafter, gehen die drei Gesellschafter mit dem öffentlichen Geld um.
Und es bleibt kompliziert: Die EU-Kommission muss zustimmen, wenn Berlin, Brandenburg und der Bund für den Airport nun noch mehr finanzielle Subventionen geben wollen. Das Genehmigungsverfahren in Brüssel könnte sich jetzt aber verzögern, weil die Banken die Kreditwürdigkeit der Flughafengesellschaft bezweifeln. Außerdem wird die EU ihre Zustimmung möglicherweise an Auflagen knüpfen, also beispielsweise die Privatisierung der Flughafengesellschaft für die Zeit nach der BER-Inbetriebnahme fordern. Berlin kennt sich damit aus - so war es auch, als die Berliner Bankgesellschaft mit Milliarden Euro vor dem Aus gerettet und dann verkauft werden musste. Für den Steuerzahler ist das alles bitter: Mit seinem Geld wird das Schlimmste verhindert, das Geld in besseren Tagen verdienen dann aber andere.
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