02.12.2021 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Fraunhofer Institut.
Der Clusterreport liefert neben einer Marktanalyse auch Handlungsbedarfe und Chancen.
Die Bauwirtschaft in der Region weist mit rund 173 000 Beschäftigten – inklusive nachgelagerter und ergänzender Branchen – eine fast genau so hohe Anzahl an Beschäftigten auf wie die hiesige Automobilindustrie. Hier besteht die höchste Dichte an Architekt*innen in Europa und renommierte Ingenieurbüros realisieren Projekte in aller Welt. Verschiedene wissenschaftliche Institute erforschen innovative Produkte, Prozesse und Technologien im Bereich Bauen und Gebäude. Gleichzeitig ist die Branche im Umbruch: Als größter Abfallproduzent mit überdurchschnittlich hohen CO2-Emissionen drängen sich Themen wie Recycling von Baustoffen, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz zunehmend auf. Hinzu kommen Fachkräftemangel, Digitalisierung und fehlender bezahlbarer Wohnraum. Wie also steht es um die Branche in der Wirtschaftsregion Stuttgart? Wie sieht es bei Arbeitnehmeranteil, Umsatz oder Forschungsintensität aus? Vor dem Hintergrund dieser ökologischen und technischen Herausforderungen hat die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart die Prognos AG und das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO mit einer Studie beauftragt. Der »Clusterreport Bauwirtschaft in der Region Stuttgart – Eine Branche im Wandel« bietet nicht nur eine zahlenbasierte Marktanalyse, Experteninterviews zu Chancen und Herausforderungen sowie Ansatzpunkte zur Unterstützung und Verbesserung der Bauregion, sondern soll auch einen Anstoß für die Weiterentwicklung der Branche geben.
Ziel der Studie ist es, Ansatzpunkte und Maßnahmen zur Begleitung des Strukturwandels und der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Transformationsprozesse bereit zu stellen, um die Bauwirtschaft und deren zugehörige Branchen der Region Stuttgart zu unterstützen. Zur Ableitung entsprechender Ansatzpunkte hat das Forschungsteam zunächst eine umfassende Marktanalyse zur Ermittlung des Status Quo durchgeführt – sowohl quantitativ als auch qualitativ mittels Experteninterviews und Workshops u.a. in Kooperation mit der Internationalen Bauausstellung 2027. Als größte Herausforderungen wurden die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Flächenaktivierung und Bauen im Bestand, Klimaneutralität, Climate Engineering und die Etablierung digitaler Werkzeuge identifiziert. Der Digitalisierung wird dabei ein großer Stellenwert bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zugemessen, da sie große Auswirkungen auf alle Beteiligten haben wird: von neuen Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Fachkräfte über digitale Werkzeuge und Vernetzungsplattformen in Entwurfs- und Bauphase sowie später in der Betriebsphase mittels eines digitalen Zwillings. Mit dem bereits heute vorhandenen Know-how und der großen Anzahl an renommierten Büros mit innovativen Ansätzen sehen die Expert*innen für die Wirtschaftsregion Stuttgart das Potenzial, die internationale Position im Bereich Planen und Bauen weiter zu stärken.
Die befragten Expert*innen stellen fest, dass die Kompetenzfeldentwicklung der Baubranche in der Region nur dann nachhaltig erfolgen kann, wenn alle Beteiligten der Wertschöpfungskette eingebunden werden und ein branchenübergreifender, interdisziplinärer und zunehmend digitaler Austausch etabliert wird. Es zeigten sich deutliche Potenziale in der engeren Vernetzung zwischen Bauwirtschaft, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen der Region. Das fehlende Wissen über Kompetenzen und vorhandene Schnittstellen, aber auch die hohen bürokratischen Auflagen des Baugewerbes erschweren den Zugang zu neuen Erkenntnissen und Entwicklungsmöglichkeiten. Zu den herausgearbeiteten Ansatzpunkten zählen daher Maßnahmen wie die Verbesserung von Vernetzung und Wissenstransfer, die Schaffung von Plattformen und Informationsangeboten ebenso wie der Aufbau von Testfeldern für Innovation. »In der Branche gibt es bereits innovative Vorreiterunternehmen, aber aufgrund der bislang guten Auftragslage und knappen Ressourcen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ging dieser Experimentiergeist noch nicht über«, erklärt Edith Schwimmer, Mitautorin der Studie und Wissenschaftlerin am Fraunhofer IAO. »Deshalb müssen wir neue Möglichkeiten schaffen, in denen sich Unternehmen vernetzen und mutig Neues ausprobieren können.« Die Umsetzung von neuen und innovativen Ansätzen werde oftmals durch Regulierungen, Zurückhaltung in der Bauverwaltung und Vorsicht der Investoren gehemmt. Testfelder für Innovation können die Umsetzung von innovativen Modell- und Pilotprojekten erleichtern, einen gezielten Wissenstransfer innerhalb der Region und der Branche einleiten sowie demonstrieren, was bereits heute beim Bauen möglich ist.
Bild: Jakob_F (Pixabay, Pixabay License)
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