23.05.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landgericht Berlin.
BGB §§ 252, 280 Abs. 1, §§ 535, 546, 546a
LG Berlin, Urteil vom 08.03.2016 - 63 S 213/15 vorhergehend: AG Schöneberg, 09.04.2015 - 2 C 185/15
In dem Rechtsstreit ... hat die Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 16.06.2016 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ##, den Richter am Landgericht ## und die Richterin am Landgericht ## für Recht erkannt:
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, die zulässige Anschlussberufung ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein weitergehender Schadenersatzanspruch in Höhe von 3.653,97 Euro zu.
Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung von 2.964,08 Euro Schadenersatz gegen den Beklagten für den Wasserschaden der sich unter der streitgegenständlichen gelegenen Wohnung ereignet hat aus den §§ 280 Abs. 1, 535 BGB.
Zutreffend hat das Amtsgericht den Anspruch dem Grunde nach verneint. Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung des Beklagten i.S.d. § 280 BGB.
Eine allgemeine Verpflichtung zur Schneeberäumung und zum Auftauen des Abflusses gibt es nicht (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 535, Rn. 167 m.w.N. - beck-online).
Die Verpflichtung des Mieters, Schnee zu beräumen, kann sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der Hausordnung ergeben. Eine Hausordnung enthält lediglich Ordnungsbestimmungen das gegenseitige Zusammenleben der Mieter betreffend und ist nicht geeignet, dem Mieter im Verhältnis zum Vermieter einseitig Pflichten auferlegen (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 535, Rn. 378 - beck-online).
Insofern kann auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Erledigung hinsichtlich der Versicherungsleistung i.H.v. 588,00 Euro. Zutreffend führt die Berufung aus, dass der Anspruch des Klägers zum Zeitpunkt der Leistung der Versicherung bereits durch Aufrechnung mit der Kaution erloschen war und der Kläger nicht berechtigt war, die durch die Versicherung mit Tilgungsbestimmung erfolgte Leistung nachträglich zu ändern. Eine gemeinsame Tilgungsbestimmung der Parteien fehlt, so dass, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt, der Betrag nicht im Rahmen der Aufrechnung zu berücksichtigen ist.
Ebenfalls zutreffend verneint das Amtsgericht den Mietausfallschaden bereits dem Grunde nach.
Bei dem eigentlichen Mietausfallschaden handelt es sich um eine Form des entgangenen Gewinns gem. § 252 BGB. Die zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze sind anwendbar. Das bedeutet, dass dem Vermieter auch die Beweiserleichterungen der Vorschrift zu Gute kommen, die besagen, dass er nur die Umstände darlegen und in den Grenzen des § 287 ZPO beweisen muss, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit (nicht die volle Gewissheit) des Gewinneintrittes ergibt. Der Vermieter ist jedoch gehalten, ihn konkret darzulegen und zu beweisen, dass ihm wegen Nichtdurchführbarkeit eines bestimmten Geschäfts ein Gewinn entgangen ist. Verlangt der Vermieter Schadensersatz für die Zeit direkt nach regulärem, voraussehbaren Ende eines Vertrages (beendet etwa durch ordentliche Kündigung oder Zeitablauf), so muss er konkrete Mietinteressenten und den bei ihnen erzielbaren Mietzins benennen, weil nach dem gewöhnlichen Verlauf eine sofortige Anschlussvermietung ohne vorherige Vermietungsbemühungen unwahrscheinlich ist. Das gilt auch dann, wenn sich die Wohnung wegen einer Pflichtverletzung des Mieters in einem unvermietbaren bzw. reparaturbedürftigen Zustand befindet, da dieser Zustand nichts daran ändert, dass der Vermieter nach dem gewöhnlichen Verlauf eine sofortige Vermietung nicht hätte erreichen können (Schmidt-Futterer/Streyl BGB § 546a Rn. 96-101, beck-online).
Im vorliegenden Fall sind jedenfalls auch aus den geltend gemachten Schäden keine Anhaltspunkte vorhanden, dass eine nahtlose Weitervermietung am Zustand der Wohnung scheiterte. Der Vortrag des Klägers zu potentiellen Mietinteressenten und deren eigener Kündigung der bislang innegehaltenen Wohnung erschöpft sich in Vermutungen.
Soweit der Kläger meint, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, Besichtigungstermine bereits im Juni oder Juli zuzulassen, kann dies dahinstehen, da der Kläger den Beklagten jedenfalls nicht konkret unter Vorschlag von mehreren Terminen aufgefordert hat und dieser endgültig verweigert hat. Sofern der Kläger meint, aus der Äußerung des Beklagten, im August seien keine Termine mehr möglich, ergäbe sich eine Schadenersatzpflicht, ist dies unzutreffend. Es wäre an dem Kläger gewesen, sein Besichtigungsrecht rechtzeitig durchzusetzen und konkrete Termine, die außerhalb des Urlaubs des Beklagten liegen zu benennen, was sich aus dem Klägervortrag nicht ergibt. Unstreitig hat der Beklagte Besichtigungstermine ermöglicht.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Zahlung von 1.500,00 Euro zur Abgeltung der Schönheitsreparaturen aus der Vereinbarung der Parteien vom 10.03.2009 zu.
Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass es sich um eine Individualvereinbarung handelt. Diese hat folgenden Wortlaut:
"Bei Vertragsende ist die Wohnung im gleichen Zustand zu übergeben. Der Mieter wünscht, von den Pflichten der Renovierungsarbeiten durch Zahlung einer einmaligen Summe in Höhe von 1.500,00 Euro befreit zu werden. Der Vermieter stimmt diesem Wunsch zu. ..."
Da nicht eindeutig geregelt ist, ob die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung lediglich die Pflicht des Beklagten zur Durchführung von Schönheitsreparaturen aus dem Mietvertrag konkretisiert oder von diesem losgelöst gelten soll, ist der Sinn und Zweck der Vereinbarung durch Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.
Dem Kläger steht jedoch unter keiner möglichen Auslegung der Vereinbarung der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zu.
Eine Auslegung dahingehend, dass die Vereinbarung im Zusammenhang mit der mietvertraglichen Verpflichtung zur Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter zu verstehen ist und die Zahlung in Abhängigkeit von der Fälligkeit der Schönheitsreparaturen voraussetzte, führt, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, mangels Vortrag zur Fälligkeit nach gerade einmal zwei Jahren eines bestehenden Mietverhältnisses nicht zu einem Zahlungsanspruch des Klägers.
Eine Zahlung unabhängig vom Zustand der Mietsache bei dessen Rückgabe ist auch als Individualvereinbarung in der hier vorhandenen Kombination mit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam (BGH, Urteil vom 06. April 2005 - XII ZR 308/02-, Urteil vom 14. Mai 2003 - VIII ZR 308/02 -, Urteil vom 08. Oktober 2008 - XII ZR 84/06 - ibr-online).
Die zulässige Anschlussberufung hat in der Sache nur Erfolg, sofern sie sich gegen die erstinstanzliche Verurteilung des Beklagten gegen Schadenersatz für die unterlassene Fensterreinigung wendet.
Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keinen Anspruch auf Ersatz der Reinigungskosten für die Fenster aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten. Der Beklagte hat seine vertragliche Rückgabepflicht aus § 546 BGB nicht dadurch verletzt, dass er die Fenster nicht gereinigt hat, da dies im Rahmen der Rückgabeverpflichtung durch den Mieter nicht geschuldet wird (BGH, Urt. v. 28.06.2006 - VIII ZR 124/05 - ibr-online).
Sofern sich die Anschlussberufung gegen die Verurteilung zur Zahlung der Ersatzkosten des Schließzylinders i.H.v. 120,00 Euro wendet, bleibt sie ohne Erfolg. Zwar ist es zutreffend, dass ein Ersatz für die Kosten des Austauschs des Schließzylinders bei Verlust des Schlüssels nicht grundsätzlich geschuldet wird, da der eigentliche Schaden lediglich im Verlust des Schlüssels besteht und eine Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB zum Austausch der Schließzylinder nur dann besteht, wenn nicht nur die abstrakte Sorge, mit den verlorenen Schlüsseln könne Missbrauch betrieben werden, nicht kommerzialisierbar ist (BGH Urt.v. 05.03.2014 - VIII ZR 205/13 - ibr-online), jedoch ist der Mieter gehalten, bei unstreitig verlorenen Schlüsseln vorzutragen, unter welchen Umständen die Schlüssel abhandengekommen sind, damit der Vermieter einschätzen kann, ob ein reales Missbrauchsrisiko bestehen kann. Der Kläger hat hier vorgetragen, dass die Schlüssel fehlten. Der Beklagte hat nicht behauptet, die Schlüssel zurückgegeben zu haben. Entgegen den Ausführungen in der Anschlussberufung ergibt sich ein ausreichender Vortrag auch nicht aus dem Schriftsatz vom 02.11.2012. Dort bestreitet der Beklagte lediglich die Erforderlichkeit der Kosten mit Nichtwissen. Teilt der Mieter dem Vermieter jedoch nicht einmal mit, ob er die Schlüssel überhaupt verloren hat, oder nicht z.B. an einen Dritten weitergegeben hat, dann ist dem Vermieter ein näherer Vortrag nicht möglich, mit der Folge, dass er weiterhin vom Besitz des Schlüssels durch den Mieter und damit von einer konkreten Missbrauchsgefahr ausgehen darf.
Sofern die Anschlussberufung geltend macht, der Anspruch sei deshalb nicht gegeben, weil das Amtsgericht unzulässigerweise seine Schätzgrundlage nicht offengelegt habe, greift auch dieser Einwand nicht durch.
Grundsätzlich hat der Tatrichter die Schätzgrundlagen im Urteil offenzulegen, da nur so den Parteien die Überprüfung dahingehend ermöglicht werden kann, dass das Bemühen um Finden einer angemessenen Abgeltung, die den Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt, erkennen lässt (BGH Urteil vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13 - ibr-online, BGH Urt.v. 19.02.91 - VI ZR 171/90). Jedoch soll hierdurch nur verhindert werden, dass die Schätzung "vollkommen aus der Luft gegriffen" erscheint. Unzutreffende Schätzungen sind dagegen hinzunehmen (BGH, Urteil vom 06. Dezember 2012 - VII ZR 84/10 -, ibr-online).
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht die Summe gerade nicht vollkommen aus der Luft gegriffen, sondern sich an der durch den Kläger vorgetragenen Rechnung über 173,00 Euro orientiert und dargelegt, weshalb es der Meinung ist, hiervon sei ein Abzug (zugunsten des Beklagten) vorzunehmen. Damit hat es seine Schätzgrundlage offengelegt, die der Beklagte nicht substantiiert angegriffen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2, 97 ZPO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.