10.05.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Arbeitsgericht München.
Urteil vom 10.07.2015
411 C 26176/14
In dem Rechtsstreit (…) wegen Räumung und Forderung erlässt das Amtsgericht München ... am 10.07.2015 aufgrund des Sachstands vom 30.06.2015 folgendes Endurteil:
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 14.000,00 abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 59.258,21 € festgesetzt.
Die Kläger begehrten zunächst von den Beklagten die Räumung und Herausgabe eines Wohnhauses und die Bezahlung von Mietrückständen einschließlich Zinsen, die Bezahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten und die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) die begehrten Zahlungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung schuldet.
Zuletzt haben die Kläger bis auf den Antrag auf Räumung und Herausgabe die Klageforderungen für erledigt erklärt und die Beklagten haben der Erledigung innerhalb der gesetzten Notfrist nicht widersprochen. Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 22.05.2013 das Einfamilienhaus ... zu Wohnzwecken von den Klägern. Als Miete war ein Betrag von Euro 3.600,00 monatlich zuzüglich Vorauszahlungen auf Betriebskosten für Heizung und Warmwasser von Euro 10,00 und auf die sonstigen Betriebskosten von Euro 120,00, somit eine Gesamtmiete von Euro 3.730,00 monatlich vereinbart.
In einer Selbstauskunft vom 07.05.2013 gab der Beklagte zu 1) für sich ein Jahresnettoeinkommen von mehr als Euro 120.000,00 pro Jahr an, für die Beklagte zu 2) ein solches über Euro 22.000,00. Des Weiteren erklärte der Beklagte zu 1) dort für sich und die Beklagte zu 2), dass in den letzten 5 Jahren vor Erteilung der Selbstauskunft gegen sie keine Zahlungsverfahren und keine Verfahren wegen Zwangsvollstreckung oder Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, auf Durchführung eines Konkurs, Vergleichs oder Insolvenzverfahren bestanden hat. Schon im Jahr 2013 bezahlten die Beklagten die Mieten nur noch auf Mahnung der Kläger.
Die offenen Mieten für Januar und Februar 2014 machten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 24.02.2014 geltend. Dabei wurde für den Fall der Nichtzahlung die fristlose Kündigung angedroht. Nachdem die Beklagten auch die komplette Miete für März 2014 nicht bezahlten, wurden sie nochmals mit Anwaltsschreiben vom 21.03.2014 zur Nachzahlung aufgefordert unter Hinweis auf die Bestandsgefährdung des Vertragsverhältnisses. Die Beklagten zahlten daraufhin die Mieten für Januar, Februar und März 2014 nach.
Offen blieben wiederum die Mieten für September 2014 und Oktober 2014 in voller Höhe. Mit Schreiben vom 05.09.2014, an den Beklagten spätestens am 08.09.2014 zugegangen, rechneten die Kläger die Heiz- und Nebenkosten für den Zeitraum 01.07.2013 bis 31.12.2013 ab und machten eine Nachzahlungsforderung in Höhe von Euro 303,66 geltend. Auch diesen Betrag bezahlten die Beklagten zunächst nicht.
Mit weiteren Schreiben vom 05.09.2014, den Beklagten ebenfalls spätestens am 08.09.2014 zugegangen, erhöhten die Kläger angesichts des sich ergebenden Nachzahlungsbetrags von Euro 303,66 über eine bisherige Mietzeit von 6 Monaten die monatlichen Vorauszahlungen auf die Betriebskosten um weitere Euro 50,00. Die Vorauszahlung von Euro 130,00 monatlich wurde somit auf Euro 180,00 angehoben und ab Oktober 2014 eine Gesamtmiete Euro 3.780,00 geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 23.10.2014 kündigten die Kläger das Mietverhältnis gegenüber den Beklagten außerordentlich und fristlos aufgrund der Zahlungsrückstände der beiden vollen Monatsmieten September und Oktober 2014 und der mehrfachen Zahlungsrückstände in den Jahren 2013 und 2014 sowie aufgrund einer unwahren Selbstauskunft des Beklagten zu 1).
Mit Anwaltsschreiben vom 23.10.2014 wurden die Beklagten aufgefordert die bis dahin aufgelaufenen Rückstände in Höhe insgesamt Euro 8.263,66 zu bezahlen. Zugleich wurde hierfür Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,6-Geschäftsgebühr aus diesem Gegenstandswert zuzüglich Postpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt Euro 989,13 geltend gemacht. Die Beklagten sind bisher nicht aus dem streitgegenständlichen Anwesen ausgezogen.
Mit der Klageforderung machten die Kläger deswegen zunächst auch noch eine offene Nutzungsentschädigung für November 2014 in Höhe Euro 3.780,00 geltend.
Die Kläger tragen vor, dass die Klage auf folgenden Gründen zuzusprechen sei: Der Räumungsantrag sei zuzusprechen, da die Kündigung vom 23.10.2014 das Mietverhältnis zum 24.10.2014 außerordentlich und fristlos beendet habe. Die Beklagten waren zum Kündigungszeitpunkt mit zwei vollen Monatsmieten in Zahlungsverzug. Im Übrigen handelte es sich um eine wiederholte Nichtzahlung der Miete. Außerdem war die Kündigung berechtigt, da der Beklagte zu 1) eine wahrheitswidrige Selbstauskunft erteilt habe.
Nachdem die Beklagten alle Zahlungsforderungen einschließlich der Zinsen beglichen haben und alle Zahlungsanträge von den Klägern für erledigt erklärt wurden und die Beklagten diesen Erledigungserklärungen innerhalb der hierfür gesetzten Notfrist nicht widersprochen haben, beantragen die Kläger zuletzt, die Beklagen als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger das Einfamilienhaus, ... geräumt und nebst sämtlicher Schlüssel herauszugeben;
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Konkrete Einwendungen gegen die Klageforderungen haben die Beklagten nicht erhoben, sondern lediglich auf Zahlungen nach Zustellung der Klage verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, da streitgegenständlich Ansprüche aus einem Wohnungsmietverhältnis in München sind, §§ 29 a ZPO, 23 Nr. 2 a GVG. Die Klage ist auch begründet.
Den Klägern steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 546 BGB gegen die Beklagten zu, da das Mietverhältnis mit fristloser Kündigung vom 23.10.2014 wirksam beendet wurde. Unstreitig befanden sich die Beklagten bei Ausspruch der Kündigung mit zwei vollen Monatsmieten (September und Oktober 2014) in Zahlungsverzug, so dass eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB berechtigt war.
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wäre diese Kündigung nur dann unwirksam geworden, wenn die Beklagten binnen zwei Monaten ab Zustellung der Klage alle fälligen Mieten und fälligen Nutzungsentschädigungen bezahlt hätten. Die Klage wurde am 06.12.2014 zugestellt. Fristablauf für die Heilungsmöglichkeit ist somit mit Ablauf des 06.02.2015 erfolgt. Unstreitig erfolgte die Nachzahlung jedoch erst am 19.02.2015, so dass keine Heilungswirkung mehr eintreten konnte.
Im Übrigen wurde die fristlose Kündigung auch auf eine unrichtige Selbstauskunft zur Bonität und auf wiederholte Zahlungsrückstände in den Jahren 2013 und 2014 gestützt. Diesbezüglich kann eine Nachzahlung ohnehin keine Heilung der Kündigung bewirken.
Der Beklagte zu 1) hat unstreitig in seiner Selbstauskunft angegeben, dass gegen ihn keine Zahlungsverfahren und keine Verfahren wegen Zwangsvollstreckung oder auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens bestanden haben. Tatsächlich teilte die Kreditreform München jedoch mit Schreiben vom 16.10.2014 mit, dass gegen den Beklagten zu 1) seit dem 19.08.1994 unbefriedigte Vollstreckungsverfahren laufen und der Beklagte zu 1) am 23.10.2012 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, nachdem gegen ihn ab 02.04.2010 sechs richterliche Haftanordnungsverfügungen ergangen waren.
Die Kündigung blieb somit auch aus diesem Grund trotz Nachzahlung wirksam. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Soweit die Beklagten hinsichtlich des verbliebenen Klageantrages auf Räumung und Herausgabe verurteilt wurden, waren ihnen gemäß § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Soweit sich der Rechtsstreit erledigt hat, beruht die Kostenentscheidung auf § 91 a ZPO.
Die Beklagten haben den Teilerledigterklärungen der Kläger nicht widersprochen. Das Gericht hat deshalb diesbezüglich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.
Vorliegend waren deshalb auch diesbezüglich den Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wären. Denn die Beklagten haben zwischenzeitlich die strittigen Forderungen ohne Einwendungen bezahlt und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Forderungen der Klägerseite berechtigt waren.
Die Beklagten waren diesbezüglich ferner bei Klageerhebung in Verzug und haben dadurch zur Klage Veranlassung gegeben. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO kommt deshalb vorliegend nicht zur Anwendung.
Auch soweit bzgl. des Beklagten zu 1) zunächst beantragt worden war festzustellen, dass der Beklagte zu 1) die Miet-/Nutzungsentschädigungen und Rechtsanwaltskosten aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung schuldet, war die Klage zunächst zulässig und begründet und wurde erst durch das erledigende Ereignis unbegründet. Der Mietvertrag wäre - wie für den Beklagten zu 1) erkennbar war - bei richtiger Selbstauskunft nicht abgeschlossen worden und die Rückstände und Anwaltskosten nicht angefallen.
Auch diesbezüglich waren der Beklagtenseite die Kosten aufzuerlegen. Da dieser Antrag sich allerdings nur gegen den Beklagten zu 1) richtet, waren der Beklagten zu 2) insoweit nicht die Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 41 GKG.