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Von den Grenzen des Schlafs als Dopingmittel

06.05.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen.

Tübinger Forscher loten in zwei Studien die Möglichkeiten der Leistungssteigerung in der natürlichen Ruhephase aus.

Das Gedächtnis braucht seinen Schlaf, er festigt die Lerninhalte des vergangenen Tages. Forscher haben auch Möglichkeiten gefunden, die Schlafphasen zu beeinflussen und dadurch die Gedächtnisleistungen zu verbessern. In zwei voneinander unabhängigen Studien haben Forsche-rinnen und Forscher um Professor Jan Born vom Institut für Medizinische Psychologie der Universität Tübingen nun überprüft, wo die Grenzen des Lernens im Schlaf liegen: Neu erlernte motorische Fertigkeiten, so ergab die eine Studie, lassen sich durch eine Schlafphase stabilisieren, nicht jedoch weiter steigern. Die zweite Studie bestätigte, dass gezielt gesetzte akustische Signale im Schlaf die Leistungen beim Merken von Inhalten verbessern können, zeigte aber auch, dass dieser Effekt nicht beliebig gesteigert werden kann. Beide Studien erscheinen in der aktuellen Ausgabe von "The Journal of Neuroscience".

Zusammen mit Almut Nettersheim von der Universität Lübeck überprüften die Tübinger Forscher Susanne Diekelmann, Manfred Hallschmid und Professor Jan Born, wie sich Schlaf auf die Leistung bei motorischen Aufgaben auswirkt. Dazu ließen sie Probanden Tippsequenzen erlernen und prüften die Fingerfertigkeit gleich nach dem Training sowie im Vergleich nach einer Phase wacher oder schlafend verbrachter Zeit. „Frühere Studien hatten nahegelegt, dass sich das beim Training erreichte Niveau im Schlaf steigern lässt“, sagt Born. In ihrem Versuchskonzept achteten die Forscher darauf, die Wirkung von Schlaf auf die Leistung sauber von der durch zusätzliches Training zu trennen. Die Versuchsteilnehmer erreichten ihre persönliche Bestleistung jeweils 30 Minuten nach dem Training. Tatsächlich konnte die Gruppe, die sich gleich für vier Stunden lang schlafen legte, diesen Level danach wieder erreichen. Dagegen ließen die Fähigkeiten während einer vierstündigen Wachphase deutlich nach. Wurde nun der Schlaf nachgeholt, stellten die Versuchsteilnehmer ihre persönliche Bestleistung wieder her. Zwölf Stunden nach dem Training waren die Leistungen beider Gruppen vergleichbar, egal ob sie eine halbe Stunde oder erst vier Stunden nach dem Training schlafen gegangen waren. Schlaf stabilisiert die erlernten motorischen Fertigkeiten, so das Fazit der Forscher. „Doch über das im Training erreichte Niveau hinaus ließ sich die Leistung der Versuchsteilnehmer durch Schlafen nicht steigern“, betont Jan Born.

In der zweiten Studie untersuchte der Professor mit den Tübinger Forschern Hong-Viet V. Ngo, Arjan Miedema, Isabel Faude und Matthias Mölle sowie dem Lübecker Kollegen Thomas Martinetz, inwieweit sich die Gedächtnisleistung im Schlaf beeinflussen lässt. Der Tiefschlaf ist durch langsame Hirnschwingungen gekennzeichnet, die die Forscher in einem EEG (Elektroenzephalogramm) messen können. Diese Schwingungen haben sich als wichtig für die Gedächtnisbildung erwiesen. Frühere Studien hatten gezeigt, dass die Gedächtnisleistung gesteigert wird durch eine Stimulation mit gezielt gesetzten Klicklauten, die mit dem Ansteigen der Hirnschwingungen des Schlafenden in Einklang sind. „Dieser Effekt ließ sich in unseren Versuchen mit Probanden, die sich Wortpaare merken sollten, zuverlässig wiederholen“, berichtet Born, „nach der gezielten Stimulation mit Klicklauten schnitten die Versuchsteilnehmer besser ab.“

Doch bei zwei aufeinander folgenden Klicklauten pro Stimulationsphase war Schluss: Durch mehr Klicks ließen sich keine weiteren der erwünschten Hirnschwingungen erzeugen, auch ließen sich die Schwingungen nicht in ihrer Amplitude erhöhen und dementsprechend wurde auch die Gedächtnisleistung nicht weiter gesteigert. Die Forscher stellten fest, dass der Prozess wahrscheinlich durch feste Pausenzeiten im System des Gehirns begrenzt wird. Sie gehen davon aus, dass es sich nicht um eine Schwäche des Systems handelt, sondern um einen sinnvollen Regulierungsmechanismus: „Zu viele und zu starke Hirnschwingungen steigern das Risiko für epileptische Anfälle“, erklärt der Wissenschaftler, „das System steuert selbst gegen und setzt dem Prozess Grenzen.“


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