28.11.2017 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft ("Limited") mit Sitz und Geschäftsleitung in Bermuda, die im Inland keine Betriebsstätte unterhält. Sie war im Streitjahr (2006) an der G-LP beteiligt, die ebenfalls in Bermuda ansässig war. Die G-LP erzielte im Streitjahr aus der Veräußerung von Anteilen an einer inländischen Aktiengesellschaft (L-AG) einen Gewinn. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil entfiel von diesem Veräußerungsgewinn "mittelbar" ein Anteil von 10,95 % (... EUR) auf die Klägerin. Das FA sah jenen Anteil als – gemäß § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa und § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung – der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterfallenden mittelbaren Veräußerungsgewinn an, der aber nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfrei sei. 5 % des Veräußerungsgewinns (... €) qualifizierte das FA jedoch nach Maßgabe von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Es setzte im Hinblick auf diesen Betrag in einem geänderten (Sammel-)Bescheid für das Streitjahr Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag sowie einen Verspätungszuschlag fest.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Hessische FG hat sie mit Urteil vom 28. April 2015 4 K 1366/14 (abgedruckt in EFG 2016, 315) als unbegründet abgewiesen. Die Revision ist im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Verspätungszuschlags begründet und führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils (BFH Urteil vom 31.5.2017, I R 37/15). Der Körperschaftsteuerbescheid ist dahin abzuändern, dass die Körperschaftsteuer für das Streitjahr auf 0 € festgesetzt wird; der Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist aufzuheben.
Die von der Klägerin im Streitjahr erzielten inländischen Einkünfte sind von der Körperschaftsteuer befreit. Die Klägerin als Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Ausland hat und damit nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, unterliegt gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Als inländische Einkünfte steht hier ein (anteiliger) Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der L-AG durch die G-LP in Rede. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa EStG sind inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht auch Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, die unter den Voraussetzungen des § 17 EStG erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Der in Bezug genommene § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gehört, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war.
Die Vorinstanz ist in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass der von der G-LP aus der Veräußerung der Anteile an der L-AG erzielte Gewinn bei der Klägerin zu einem Anteil von 10,95 % als "mittelbarer" Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sei. Inwiefern dies zutrifft, kann anhand der tatrichterlichen Feststellungen rechtlich und rechnerisch nicht vollständig nachvollzogen werden. Es fehlen insbesondere Feststellungen zur Rechtsnatur und zur Einordnung der G-LP aus nationaler steuerlicher Sicht, zur Höhe der Beteiligung der Klägerin an dieser Gesellschaft und zur Höhe der Beteiligung der G-LP an der L-AG.
Nach § 8b Abs. 2 KStG, die gleichermaßen auf unbeschränkt wie beschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte anzuwenden ist, bleiben bei der Ermittlung des Einkommens u.a. Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, außer Ansatz. Bei den von der G-LP veräußerten Anteilen an der L-AG handelt es sich um derartige Anteile, denn deren Leistungen (Dividenden aus Aktien) sind beim Empfänger Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Entgegen der Auffassung des FG, wäre von dem auf die Klägerin entfallenden Veräußerungsgewinn, i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG, kein Anteil von 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften der Klägerin hinzuzurechnen. Zwar bestimmt § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG, dass von dem jeweiligen Gewinn, i.S. des Abs. 2 Satz 1 der Norm 5 %, als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Die Fiktion pauschalierter Betriebsausgaben geht indessen im Fall der Klägerin ins Leere, weil diese im Streitjahr mangels inländischer Betriebsstätte oder ständigen Vertreters keine inländischen Einkünfte erzielt hat, bei deren Ermittlung Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten.
Im Schrifttum bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekten zu einer Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben führen kann, wenn die betreffende Körperschaft über keine inländische Betriebsstätte verfügt. Während ein Teil der Literatur dies (ebenso wie die Vorinstanz) bejaht, schließen andere eine solche Rechtsfolge aus. Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend. Die Betriebsausgabenfiktion des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG greift zwar als typisierende Pauschalierung unabhängig davon, ob und in welchem Umfang beim Steuerpflichtigen tatsächlich Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem veräußerten Anteil angefallen sind. Fingiert werden aber lediglich der betriebliche Aufwand und dessen Nichtabziehbarkeit. Nicht Gegenstand der Fiktion ist der Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus auf den fingierten betrieblichen Aufwand. Dieser muss sich daher aus anderen Bestimmungen ergeben. Die Fiktion nicht abziehbarer Betriebsausgaben durch § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG kann nur dann zu einer Erhöhung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage führen, wenn der fingierte betriebliche Aufwand, falls er tatsächlich entstanden wäre, dem Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus unterliegen würde. Bei der Klägerin ist dies nicht der Fall.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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