20.06.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS).
"'Kakophonie' verschiedener Lichtquellen": Extrembeispiel Hongkong. Foto: Florian Pusch [Lizenz: CC BY]
Natur-, Kultur- und Sozialwissenschaftler konstatieren eine „Kakophonie“ verschiedener Lichtquellen und plädieren für strategische Lichtplanung. „Das Interesse an konzeptionellen Ansätzen zur Lichtgestaltung in Städten ist insbesondere in den letzten zehn Jahren gewachsen“, sagt Katharina Krause, die am IRS sozialwissenschaftliche Forschung im Rahmen des Verbundprojekts „Verlust der Nacht“ betreibt. „Dies hängt zum einen mit der aktuellen Debatte um Klimawandel, CO2-Emissionen, Lichtverschmutzung und Energieverbrauch zusammen, andererseits sehen die Städte in öffentlichen Beleuchtungsprojekten Möglichkeiten der Inszenierung und des Marketings.“ Das Berliner „Festival of Lights“ ist ein Beispiel für die Nutzung von Lichtinstallationen als Event.
Aber auch für das „Tagesgeschäft“ der nächtlichen Beleuchtung von Straßen, Plätzen und Gebäuden entwickeln immer mehr Kommunen erste Konzepte. Krause diagnostiziert aber noch immer eine institutionelle und regulative Leerstelle im Bereich Licht in der Städteplanung. „Es gibt kaum gesetzliche Regelungen, wenig Erfahrungen und Bewusstsein für die Steuerung von Licht in öffentlichen Räumen. Dies ist ein hochkomplexes Feld aus öffentlichen und privaten Akteuren, nicht selten kommt es zu Konflikten“, sagt Krause. Die Auseinandersetzung um eine helle Leuchttafel vor der Berliner Mehrzweckhalle O2-World ist nur ein Beispiel, das Krause analysiert hat.
„Die Faszination der illuminierten Nacht, aber auch die Kritik an übermäßiger oder unerwünschter Beleuchtung sind nicht grundsätzlich neu“, fügt Dr. Ute Hasenöhrl vom IRS hinzu. Sie betreibt umwelt- und sozialhistorische Forschungen im Verbund „Verlust der Nacht“ und identifizierte bereits zu Zeiten der „Beleuchtungsrevolution“ des 19. und 20. Jahrhunderts, als mit Gas- und elektrischem Licht umfassende Möglichkeiten zur Beleuchtung und Inszenierung des öffentlichen und privaten Raums entstanden, heftige Debatten um die neue Lichtfülle. „Speziell die Leuchtreklame rief in den 1910er und 20er Jahren sowohl Begeisterung als auch Skepsis hervor. Die Proteste der Heimatschützer gegen die „Verschandelung“ des Stadtbildes führten auch zur Verabschiedung erster Regelwerke gegen den unkoordinierten Lichterwettstreit.“ Nach dem 2. Weltkrieg galten Licht- und Außenwerbung dann als fester Teil des Wirtschaftslebens, der letztlich akzeptiert werden müsse. Auf eine strategische Planung und Regulierung der verschiedenen Lichtformen wurde weitgehend verzichtet. „Die Erfahrungen aus der Geschichte zeigen, dass Licht zwar als konstituierendes kulturelles Element wahrgenommen wird, aber bei weitem nicht nur Zustimmung erfahren hat und erfährt“, sagt Hasenöhrl.
Eine internationale Konferenz analysiert(e) diese Woche (gestern, 20. Juni und heute, 21. Juni) am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner analysiert Entwicklung, Funktionen und Folgen künstlicher Beleuchtung und diskutieren Möglichkeiten für einen nachhaltigen Umgang mit künstlichem Licht.
Die Konferenz („The Bright Side of Night“) will der bis dato von Naturwissenschaftlern (Biologen, Ökologen, Astronomen) dominierten Erforschung der Lichtverschmutzung diese sozialwissenschaftlichen Perspektiven hinzufügen. Auf Einladung des IRS und des Instituts für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin kommen unter anderem Soziologen, Historiker, Geographen, Planer, Kultur-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler zusammen. In vier Panels an zwei Konferenztagen werden Lichtwahrnehmungen und -praktiken, Konflikte und Regulationsansätze, Kosten und Nutzen von künstlichem Licht diskutiert.
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