29.11.2016 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die klagenden Eheleute betrieben seit 1993 ein Hotel in der Rechtsform einer GbR, welche seit ihrer Eröffnung lediglich Verluste erwirtschaftete. Im Jahr 2001 fand eine Besprechung zu anhängigen Rechtsbehelfsverfahren wegen der gesonderten Feststellung der Einkünfte 1990 bis 1994 statt. Die Kläger kamen mit dem Finanzamt im Wege einer tatsächlichen Verständigung überein, dass der Hotelbetrieb vom Veranlagungszeitraum 1994 an als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren sei. Die beim Übergang zur Liebhaberei im Betrieb ruhenden stillen Reserven stellte das Finanzamt entsprechend fest.
Zum 1. August 2008 wurde das Hotel veräußert. Die Einkommensteuererklärung 2008 wies einen erheblichen Veräußerungsverlust aus, den das Finanzamt jedoch um die stillen Reserven des Hotelgrundstücks korrigierte und so einen Veräußerungsgewinn errechnete. Das im Anschluss mit der Klage betraute Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die insgesamt festgestellten stillen Reserven hätten versteuert werden müssen. Das Finanzamt schloss sich im Laufe des Verfahrens der Auffassung des Gerichts an.
Die auf den 31. Dezember 1993 bei Übergang vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei festgestellten stillen Reserven sind vorbehaltlich der Veräußerungskosten im Jahre 2008 als Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuern, so der BFH. Da das Finanzamt ursprünglich einen geringeren Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt hat, hat das Finanzgericht im Ergebnis zu Recht in Anwendung des Verböserungsverbots aus § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG die vorausgegangene Klage abgewiesen.
Die Richter stellten heraus, dass der Übergang vom Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zur einkommensteuerlich unbeachtlichen Liebhaberei zum Jahreswechsel 1993/1994 noch keinen steuerpflichtigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn auslöste. Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt keine Betriebsaufgabe, damit keine Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen und mangels anderweitigen Realisierungstatbestands auch sonst keine Auflösung und Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs erzielt werden. Der Veräußerungsvorgang im Jahre 2008 stellte die Veräußerung eines Gewerbebetriebs in diesem Sinne dar. Dem steht nicht entgegen, dass der Hotelbetrieb bereits seit 15 Jahren keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr erzielte und die Existenz eines Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG die Absicht voraussetzt, Gewinn zu erzielen. Ein Liebhabereibetrieb ist daher kein Gewerbebetrieb in diesem Sinne. Die Veräußerung bzw. die Aufgabe eines Liebhabereibetriebs stellt hingegen eine Veräußerung bzw. Aufgabe i. S. des § 16 Abs. 1, Abs. 3 EStG dar. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist in einem weiteren Sinne dahin zu verstehen, dass die Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs auch die Veräußerung eines zum Liebhabereibetrieb gewandelten vormaligen Gewerbebetriebs umfasst.
Der Veräußerungsgewinn ist dabei insoweit steuerpflichtig, als er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt. Der Höhe nach entspricht der Veräußerungsgewinn im Grundsatz den nach § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei bereits gesondert festgestellten stillen Reserven.
Quelle:
BFH-Urteil vom 11.5.2016, Az. X R 15/15, veröffentlicht am 23.11.2016
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