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Tarifliche Lohnstrukturanalyse: Große Unterschiede zwischen Branchen und Regionen

15.04.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Es gibt nicht „den“ Tarifvertrag in Deutschland: Die Tarifvertragslandschaft und die tariflichen Vergütungsstrukturen weisen nach wie vor sehr große Unterschiede auf.

Die Differenzierung nach Branchen, Regionen, Beschäftigtengruppen, Zahl der Vergütungsgruppen und schließlich Höhe und Abstufung der Tarifvergütung spiegelt die unterschiedlichen tarifpolitischen Traditionen wider und zeigt die Fähigkeit der Tarifparteien, die konkreten Bedingungen in den Wirtschaftszweigen kollektivvertraglich zu regeln, erklärt Dr. Reinhard Bispinck, Leiter des WSI-Tarifarchivs. „Diese Vielfalt wird durch einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn abgesichert, weil er extremes Dumping verhindert. Oberhalb des Grenzwertes gibt es einen großen Spielraum für tarifvertragliche Gestaltung“, sagt der Wissenschaftler. Das zeigt auch eine Dokumentation der tariflichen Vergütungstabellen für über 30 Branchen. Das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung hat sie jetzt auf seiner Internetseite www.tarifvertrag.de online verfügbar gemacht.

Bundesweite oder regionale Verträge

Bundesweit einheitliche Branchentarifverträge sind die Ausnahme. Sie bestehen z. B. im Bankgewerbe oder im Versicherungsgewerbe und enthalten jeweils auch nur eine einzige Vergütungstabelle.

Tarifverträge, die (lediglich) zwischen West- und Ostdeutschland differenzieren, bestehen beispielweise im Bauhauptgewerbe, wo allerdings zusätzlich für Berlin ein gesonderter Tarifvertrag existiert.

Überwiegend gibt es in den Branchen jeweils gesonderte Tarifverträge für die Bundesländer bzw. verschiedene Regionen, die auch Unterschiede bei Lohn und Gehalt aufweisen. In der Metallindustrie bestehen 21 regionale Tarifgebiete, im Hotel- und Gaststättengewerbe 18, im Einzelhandel 16, im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe 16, in der Papier verarbeitenden Industrie 12 und in der Süßwarenindustrie 9 Tarifgebiete.

Beschäftigtengruppen

Der Trend in der Tarifpolitik geht zu einheitlichen Entgelttarifverträgen für alle Beschäftigten, z. B. in der chemischen Industrie, in der Metallindustrie, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder auch im öffentlichen Dienst. In einer Reihe von Branchen bestehen aber noch getrennte Lohntarifverträge für ArbeiterInnen und Gehaltstarifverträge für die Angestellten, z.B. in der Eisen- und Stahlindustrie, der Druckindustrie, der Textilindustrie, im Bauhauptgewerbe, im Einzel- sowie im Groß- und Außenhandel.

Zahl der Vergütungsgruppen

Die Vergütungsgruppen werden zumeist nach den Tätigkeitsanforderungen differenziert. Hier ist die Spannweite entsprechend dem unterschiedlichen Tätigkeitsspektrum in den einzelnen Branchen besonders groß: Im Maler- und Lackiererhandwerk sehen die regionalen Lohntarifverträge häufig nur 3 oder 4 Lohngruppen vor, im Kfz-Gewerbe sind es zwischen 4 und 7, in der Eisen- und Stahlindustrie sind es 7 bis 10. Größer wird die Zahl der Vergütungsgruppen in Branchen mit einheitlichen Entgelttarifverträgen: In der chemischen Industrie sieht der Entgelttarifvertrag 13 Gruppen vor, im öffentlichen Dienst sind es 15 Vergütungsgruppen, in der Metall- und Elektroindustrie sind es regional unterschiedlich bis zu 17 Gruppen, im Bewachungsgewerbe sogar bis zu 27 Gruppen. Die einzelnen Vergütungsgruppen selbst sehen häufig weitere Abstufungen in Abhängigkeit von der Tätigkeitsdauer vor.

Vergütungshöhe und -differenzierung

Höhe und Differenzierung der Vergütungen zwischen und innerhalb der Branchen fallen unterschiedlich aus: Die Spannweite der tariflichen Grundvergütungen zwischen den Branchen ist groß. Die vergleichbare mittlere Vergütungsgruppe, als Einstiegsgruppe für gelernte Fachkräfte mit mindestens dreijähriger Ausbildung reicht etwa von 1.493 € im sächsischen Hotel- und Gaststättengewerbe bis zu 2.804 € in der Metallindustrie Baden-Württemberg.

Die Differenzierung innerhalb der Branchen weist ebenfalls eine große Spannweite auf Eine geringe Lohnspreizung besteht etwa in der Textilindustrie Westfalen und Os-nabrück: Die Lohntabelle startet mit der niedrigsten Gruppe bei 1.873 €. Die höchste Lohngruppe erreicht mit 2.195 € lediglich 322 € mehr. Das entspricht einer Gesamtspannweite von 117 Prozent. Bei den Gehältern fällt die Spannweite mit rund 240 Prozent (1.861 bis 4.477 €) deutlich größer aus.

Im Bankgewerbe reichen die Tarifgehälter von 2.035 bis 4.495 €, die oberste Gruppe liegt bei 221 Prozent der untersten.

In der Energiewirtschaft NRW beträgt die Gesamtspannweite dagegen 375 Prozent: die niedrigste Entgeltgruppe liegt bei 1.561 €, das höchste Entgelt bei 5.855 €.

Auch innerhalb der Branchen besteht häufig eine gewisse regionale Differenzierung: Die mittlere Entgeltgruppe in den regionalen Tarifverträgen der Metallindustrie bewegt sich zwischen 2.444 € und 2.804 €.

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