24.10.2019 — Moira Frank. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien schon im letzten Jahr einmal – aus gegebenem Anlass nehmen wir ihn mit ein paar kleinen, leider nötigen Corona-Änderungen heute noch einmal in unseren Newsletter auf. Auch wenn dieses Jahr Abstand angesagt ist, wünschen wir Ihnen eine fröhlich-schaurige Zeit von zu Hause!
Tipps aus der Praxis für die Praxis
Vor 30 Jahren in Deutschland noch undenkbar, kommt man heute um Halloween nicht mehr herum: Im Supermarkt haben die Kürbisse aufgemalte Fratzen, in Bekleidungsgeschäften tragen Puppen Hexenhüte und in Buchläden gibt es eigene Tische für Gruselliteratur. Die meisten deutschen Großstädte bieten Halloween-Events für Groß und Klein, und auch in ländlichen Gebieten ziehen Kinder beim "Trick or treat" von Tür zu Tür – zumindest in Jahren ohne internationale Pandemie. Doch kommt das Fest selbst wirklich aus den USA?
Tatsächlich ist heute umstritten, woher genau Halloween stammt. Besonders verbreitet ist die Theorie, dass es sich aus alten keltischen Brauchtümern entwickelt hat. Halloween (von "All Hallows' Eve", dem Abend vor Allerheiligen) beschrieb in seinen ersten Verwendungen grundsätzlich die Gesamtheit der Volksbräuche am Abend vor dem Hochfest Allerheiligen. Während der irischen Renaissance nach 1830 nahm man an, dass Halloween mit heidnischen keltischen Traditionen wie dem Samhainfest zusammenhing, das am Vorabend des 1. Novembers begangen wurde. Hier wappneten sich die Menschen gegen das Übernatürliche, das in der ersten Novembernacht besonders nah sei. Bewiesen ist das alles allerdings nicht eindeutig.
Heute sind viele Historiker*innen überzeugt, dass sich Halloween in seiner heutigen Variation nicht direkt aus Festen entwickeln konnte, die im strengen katholischen Irland als heidnisch gegolten hätten. Wahrscheinlicher ist, dass verschiedenste Brauchtümer aus dem englischen Sprach- und Lebensraum sich durch Überlieferung, Veränderung und Verschwinden überschnitten und vermischt haben. In die USA ausgewanderte Familien nahmen einzelne dieser Brauchtümer mit und feierten sie in ihrem neuen Heimatland weiter. Einer davon lässt sich ganz genau verfolgen: Jack O'Lantern!
Der eine Fratze ziehende Kürbis ist wohl das bekannteste Symbol für Halloween. Er kommt ganz eindeutig aus Irland. Dort lebte einer Sage zufolge der Tunichtgut Jack Oldfield, der sich sogar mit dem Teufel verwarf und deshalb aus der Hölle verbannt wurde. Vom Teufel bekam er immerhin eine mit einem glühenden Stück beleuchtete geschnitzte Rübe, damit er nicht im Dunkeln über die Erde wandeln muss. Die Jack O'Lantern war entstanden – so heißen die beleuchteten Kürbisse bis heute. In Irland schnitzte man sogar Kartoffeln zur Jack O'Lantern, bis man in den USA feststellte, dass Kürbisse sich viel besser eigneten. Die hineingeschnitzten bösen Frazten sollen böse Geister fernhalten.
Die Kürbislaterne selbst ist keine irische Erfindung, sondern findet sich in vielen Nationen der Welt. Die Māori beispielsweise schnitzten schon vor über 700 Jahren Laternen aus kleinen Kürbissen. Auch das Hinzufügen von Symbolen oder stilisierten Gesichtern, um Geister abzuschrecken, ist weltweit verbreitet.
Übrigens dürften auch einige Halloweenhasser*innen zumindest bei Kürbissen ein Auge zudrücken. Die schmecken nämlich köstlich und erfreuen sich gerade auch deshalb großer Beliebtheit, weil sie sich so schön schnitzen lassen. Und ob ein Kaffee mit Kürbisgewürz, der berühmte Pumpkin Spice Latte, auch gegen böse Geister hilft?
Während der wahre Ursprung von Halloween ungeklärt bleibt, steht zumindest eins fest: Das Halloween, das wir nächste Woche in Deutschland feiern können, wenn wir möchten, ist aus den USA entlehnt. Für zukünftige Historiker*innen wird es also noch schwieriger werden, nachzuvollziehen, welche Brauchtümer ursprünglich keltisch, irisch, schottisch, amerikanisch oder irgendwann deutsch sind …
Was für die einen Verkleidungsspaß mit wohligem Schaudern über Spuk und Grusel ist, ist für die anderen ein Ärgernis. Insbesondere viele Christ*innen lehnen Halloween mit seinem Fokus aufs Gruselige und gar Dämonische entschieden als zu okkult oder gar satanisch geprägt ab. Dass sich der tradierte kirchliche Reformationstag und das "importierte", von Religion losgelöste Halloween inzwischen einen Tag "teilen", stößt vielen christlichen Gläubigen sauer auf. Auch das Zurückgehen alter Bräuche wie das Martinssingen führen viele Menschen auf die Verbreitung von Halloween zurück. Ebenso wird der Kommerz rund um Halloween, ähnlich wie das immer frühere Erscheinen von Weihnachtsartikeln im Handel, kritisiert. Dazu kommt Ärger über Vandalismus, denn "Süßes oder Saures!" wird gelegentlich von fliegenden Eiern begleitet.
Übrigens ist nicht alle Kritik an Halloween neu. Schon 1589 wurden mit Halloween in Verbindung stehende Bräuche verboten. Ein Pfarrer beklagte 1852, dass Halloween zwar bei der Landbevölkerung ein wichtiger Feiertag sei, man aber auch "höchst tadelnswerte Riten" beginge, die "gegen den gesunden Menschenverstand, die guten Sitten und die christliche Religion" verstießen.
Bei Halloween scheiden sich also die sprichwörtlichen Geister. Damit sich Gruselfans und Halloweenhasser*innen nicht in die Quere kommen, müssen beide ein wenig Rücksicht nehmen. Dass Vandalismus, Ruhestörung und die Verhöhnung religiöser Brauchtümer tabu sind, sollte sich von selbst verstehen. Doch auch von geschnitzten Kürbissen, Plastikskeletten und herumziehenden Kindergruppen geht die Welt nicht unter. Dieses Jahr wird das "Trick- or treating" ohnehin weitestgehend ausbleiben müssen.
Nach der Lektüre haben Sie doch Lust auf ein bisschen Halloween? Dann veranstalten Sie doch mit der Familie Ihre eigene Halloween-Party! Online finden sich viele köstliche Ideen für unheimliches Fingerfood und schaurige Drinks. Wie wäre es zum Beispiel mit Augäpfeln am Stil und blutigen Cocktails? Licht dämpfen, Füße auf die Couch, Horrorfilm an – fertig ist der gemütliche Halloween-Abend. Und das Beste: Sie können am nächsten Tag ausschlafen!
Bild: Vlad Chețan (Pexels, Pexels Lizenz)
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