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Studie e-Government: Potenziale der digitalen Verwaltung bleiben ungenutzt

08.11.2018  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Kantar Deutschland GmbH.

Die Nutzung digitaler Verwaltungsangebote ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht rückläufig. Insgesamt nutzten 40 Prozent der Onliner in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal E-Government-Angebote (das ist ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr, 2012 waren es noch 45 Prozent).

Nutzung digitaler Verwaltungsangebote nimmt ab, Nutzungspotenzial deutlich vorhanden

In der Schweiz nimmt die Nutzung mit 55 Prozent deutlicher ab (2017: 61 Prozent), in Österreich stagniert sie auf dem vergleichsweise hohen Niveau von 74 Prozent. Häufig genutzte Dienste rufen die BürgerInnen zunehmend auch über mobile Endgeräte ab, dies findet allerdings größtenteils zu Hause statt und selten von unterwegs aus.

Grundsätzlich zeigt sich besonders in Deutschland eine dauerhafte Diskrepanz bei der Nutzung: Zwar kennen viele Onliner die Möglichkeit zur digitalen Abwicklung von Verwaltungsdiensten (z. B. elektronische Steuererklärung) und bekunden ihr Interesse daran, die tatsächliche Nutzung liegt jedoch deutlich darunter. Könnten sich die Befragten aussuchen, auf welchem Weg sie ihre Behördengänge abwickeln, stehen entgegen der momentanen Praxis in allen Vergleichsländern das Internet bzw. Online-Formulare an erster Stelle, knapp vor dem persönlichen Behördengang. Gerade Standard-Anliegen möchten die meisten Menschen übers Internet erledigen. Bei beratungsintensiven Leistungen (z. B. Einreichen von Bauanträgen) dagegen wünscht sich der Großteil nach wie vor einen persönlichen Kontakt.

„Der eGovernment MONITOR belegt die grundsätzliche Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, digitale Verwaltungsangebote als Ergänzung zum gewohnten Behördenkontakt zu nutzen“, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21. „Die geringe tatsächliche Nutzung zeigt allerdings, dass die bestehenden Angebote nicht ausreichen. Die staatlichen Online-Angebote halten nicht Schritt mit den aus dem privaten Umfeld bekannten Diensten und Erwartungen an Bedienbarkeit und Nutzerfreundlichkeit. Hier sind Politik und Verwaltung gefordert, den Menschen einen echten Mehrwert zu liefern.“

Zufriedenheit geringer als noch 2012

Trotz rückläufiger Nutzung steigt die Zufriedenheit mit den E-Government-Angeboten im Vergleich zum Vorjahr an, in Deutschland und Österreich stärker als in der Schweiz. In der Langzeitentwicklung zeigt sich jedoch tendenziell ein rückläufiger Trend bei der Zufriedenheit: In Österreich nimmt sie seit 2012 spürbar ab (-7 Prozentpunkte), in der Schweiz nur leicht (-2 Prozentpunkte), in Deutschland steigt sie minimal an (+1 Prozentpunkt). Insgesamt kann die Zufriedenheit in Deutschland zu keinem Zeitpunkt mit dem Niveau der beiden Nachbarländer mithalten.

„Der Ausbau der digitalen Verwaltungsangebote in Deutschland verlief langsam in der Vergangenheit. Bund, Länder und Kommunen müssen hier besser werden“, so BMI-Staatssekretär Klaus Vitt. „Mit dem Onlinezugangsgesetz hat die Digitalisierung der Verwaltung jedoch auf allen föderalen Ebenen stark an Fahrt aufgenommen. Mittelfristig werden die Vorteile digitaler Verwaltungsangebote für Bürgerinnen und Bürger deutlicher erlebbar sein. Ich bin zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren flächendeckend überzeugende, an den Bedarfen der NutzerInnen orientierte Verwaltungsleistungen angeboten werden. Diese Verbesserungen werden wir dann auch in den Studienergebnissen sehen können.“

Bekannte Nutzungsbarrieren, jedoch positive Entwicklung

Die Hauptgründe für die geringe Nutzung von E-Government bleiben bestehen. Am häufigsten scheitert diese an der mangelnden Bekanntheit der Online-Angebote, wobei sie mittlerweile bereits jeder zweite Onliner kennt. Auch die fehlende Verfügbarkeit der benötigten Services sowie die mangelnde Durchgängigkeit (also die Möglichkeit zur kompletten digitalen Abwicklung eines Dienstes) verhindern eine intensivere E-Government-Nutzung. Insgesamt ist eine positive Entwicklung zu beobachten: Nahezu alle betrachteten Nutzungsbarrieren nehmen im Vergleich zum Vorjahr ab.

Transparenz und geregelte Zugriffsrechte – Benutzer haben klare Vorstellungen

Ein Nutzerkonto für BürgerInnen findet aktuell noch keine flächendeckende Akzeptanz. In diesem könnten die BürgerInnen künftig dem Staat nach dem Once-Only-Prinzip Zugriffsrechte gewähren, statt Unterlagen stets aufs Neue einzureichen. Die Behörden könnten bei Bedarf und nach expliziter Zustimmung auf die im Konto gespeicherten Unterlagen und Dokumente zugreifen. Doch die BürgerInnen zeigen sich in allen drei Vergleichsländern skeptisch. Je persönlicher und sensibler die Dokumente, desto geringer ist die Bereitschaft, diese zu hinterlegen. Bei der Speicherung privater Dokumente würde sich nicht einmal jeder Dritte wohlfühlen. Vor allem medizinische Unterlagen, z. B. Befunde, möchten die Befragten eher nicht auf einem zentralen Bürgerkonto hinterlegen.

Von der Ausgestaltung eines Nutzerkontos haben die BürgerInnen klare Vorstellungen. Wichtigste Funktion ist dabei die Transparenz: Sechs von zehn Onlinern wünschen sich, jederzeit sehen zu können, welche Behörde wann auf welche Dokumente zugegriffen hat. Knapp die Hälfte möchte unterschiedliche Zugriffsrechte je nach Behörde vergeben. Reizvoll erscheint den Befragten zudem eine automatische Benachrichtigung bei Fristen oder ablaufenden Dokumenten und teilweise sogar bei neuen Behördendiensten. Diese wünscht sich die überwiegende Mehrheit per E-Mail.

Citizen Journey: Auch nach digitalem Erstkontakt folgt oft der Weg aufs Amt

Bislang einzigartig ist die Untersuchung der Abläufe von kompletten Behördengängen in der aktuellen Studie. Dabei wird der Weg nachgezeichnet, den die BürgerInnen bei Behördenkontakten zurücklegen – vom Erstkontakt zur Informationsbeschaffung über eine eventuelle Beratung bis hin zum Abschluss. Die sogenannte „Citizen Journey“ illustriert die Bewegungen zwischen den verschiedenen Kontaktkanälen. Dabei wird deutlich, dass der persönliche Kontakt nach wie vor von enormer Bedeutung ist, insbesondere in Deutschland. Zwar erfolgt der Erstkontakt auch hier teilweise über Onlinekanäle, Beratung und Abschluss sind aber zumeist mit dem persönlichen Gang zur Behörde verbunden – deutlich öfter als in Österreich und insbesondere in der Schweiz. Bisher gelingt es in Deutschland demnach häufig nicht, den BürgerInnen die Erledigung ihres Anliegens komplett digital zu ermöglichen.

Positive Einstellung zu digitalen Assistenten und künstlicher Intelligenz

Digitale Assistenten (Ausfüllhilfen, Bots, Algorithmen oder auch intelligente Systeme) sind bislang nur in wenigen Behörden im Einsatz, könnten zukünftig aber vermehrt E-Government-Angebote unterstützen. Rund 80 Prozent der Befragten können sich vorstellen, digitale Assistenten zur Abwicklung von Behördengängen oder zur Themensuche auf den Behörden-Webseiten zu nutzen, das gilt für alle drei Länder. Zustimmung erhalten insbesondere automatische Korrekturhilfen beim Ausfüllen von Dokumenten. Geht es jedoch um automatisierte Prozesse oder autonome Entscheidungen durch die digitalen Assistenten, z.B. die Bewilligung von Anträgen, so sinkt die Zustimmung deutlich auf gerade einmal ein Drittel.

„Die Befragung zeigt eine grundsätzliche Offenheit für digitale Assistenten. Gleichzeitig haben die Menschen aber Bedenken, wenn Maschinen autonom Entscheidungen treffen. Sie fürchten eine Art ‚Blackbox‘, also ein System, dessen Verhalten sie nicht nachvollziehen können. Um das Potenzial dieser Systeme zu nutzen und Kapazitäten für persönliche Beratungsleistungen freizumachen, müssen wir stärker aufklären und den Bürgerinnen und Bürgern unbegründete Ängste nehmen“, so Prof. Dr. Helmut Krcmar, Sprecher des wissenschaftlichen Direktoriums von fortiss, dem Forschungsinstitut des Freistaats Bayern für softwareintensive Systeme und Services.

Staatliche digitale Identifikationswege können sich bislang schwer durchsetzen

Weder die Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) des Personalausweises in Deutschland noch die Handy-Signatur bzw. Bürgerkartenfunktion in Österreich bzw. die SuisseID in der Schweiz können sich bislang durchsetzen. Am besten ist das österreichische Identifikationsverfahren etabliert, das bereits 37 Prozent nutzen können. Über eine SuisseID verfügen, nach einem deutlichen Anstieg im letzten Jahr um 12 Prozentpunkte, aktuell 23 Prozent der Onliner. Die eID-Funktion des deutschen Personalausweises haben 22 Prozent freigeschaltet.

Wie aber würden sich die BürgerInnen im Internet gerne bei ihren Behörden identifizieren? Die bevorzugten Möglichkeiten sind die gleichen, wie auch bei privaten Internetaktivitäten. Hier identifizieren sich die Onliner am häufigsten mittels Benutzername und Passwort, an zweiter Stelle folgt das PIN/TAN-Verfahren. Das sind genau die digitalen Identifizierungsverfahren, die sich die Onliner aller drei Länder am häufigsten für ihre digitalen Behördendienste vorstellen können.

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