25.02.2025 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.
WoEigG §§ 10, 16 Abs. 2 Satz 2, §§ 24, 44
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Parteien streiten über die Anfechtung eines Beschlusses, den die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Eigentümerversammlung am 25.10.2023 gefasst hat.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnung Nr. ..., gelegen im Gebäude der wirtschaftlichen Untergemeinschaft ... (Verwaltungseinheit 13) innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft ... Die Klägerin hat die Aufteilung des streitgegenständlichen Grundbesitzes nach Wohnungseigentumsgesetz durchgeführt und die gebildeten Wohnungseigentumseinheiten jeweils an Erwerber veräußert, mit wenigen Ausnahmen, u. a. die obengenannte Wohnung.
Die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht aus insgesamt 13 Verwaltungs- bzw. Untergemeinschaften, die in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vom 28.10.2015 im Einzelnen aufgelistet sind. Die Gemeinschaftsordnung enthält dazu u. a. folgende Regelungen:
„§ 3 Wirtschaftliche Trennung / Verwaltungseinheiten
1. Die Wohnanlage besteht aus 13 wirtschaftlich selbstständigen und baulich voneinander getrennten Mehrfamilienhäusern, wobei die einzelnen Häuser nur aus Gründen des öffentlichen Rechts nicht real geteilt worden sind.
Die Häuser 1 bis einschließlich 13 bilden jeweils eine von den anderen Häusern abgegrenzte Wirtschafts- und Verwaltungseinheit (im Folgenden: als Wirtschaftseinheit und/oder Verwaltungseinheit bezeichnet). Eine jede Wirtschafts- und Verwaltungseinheit ist als selbstständige Eigentümergemeinschaft zu behandeln, soweit nicht gemeinsame Einrichtungen bestehen.
Insbesondere verwalten die jeweiligen Eigentümer der Verwaltungseinheiten diese allein, soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist und nicht gemeinsame Einrichtungen betroffen sind.
2. Die jeweiligen Eigentümer von Einheiten eines Hauses sind insbesondere zur Instandhaltung und Instandsetzung sowie etwaigen Verkehrssicherung des gemeinschaftlichen Eigentums der jeweiligen Wirtschaftseinheit auf jeweils eigene Kosten verpflichtet, soweit dies nicht den jeweiligen Sondereigentümern der betroffenen Wirtschaftseinheit obliegt.
[...]
§ 11 Eigentümerversammlung
[...]
5. Insoweit, als die Beschlussfassung ausschließlich die Belange einer Wirtschaftseinheit betrifft, insbesondere Kosten nur in einer Wirtschaftseinheit auslöst, sind nur die Wohnungs- und Teileigentümer dieser Wirtschaftseinheit stimmberechtigt. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Beschlussfassung nur einige von mehreren Wirtschaftseinheiten betrifft.
Gegen solche Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklagen richten sich jedoch stets gegen alle übrigen Wohnungseigentümer, und nicht nur gegen die übrigen Wohnungseigentümer der betroffenen Wirtschaftseinheit bzw. betroffenen Wirtschaftseinheiten.“
Zur Kostentragung in der Gemeinschaft ist in § 9 der Gemeinschaftsordnung u. a. Folgendes geregelt:
„3. Gemeinschaftliche Lasten und Kosten haben alle Wohnungs- und Teileigentümer grundsätzlich gemäß dem in § 16 Abs. 2 WEG festgelegten Verteilungsschlüssel zu tagen, soweit diese GO, insbesondere in § 3 (wirtschaftliche Trennung) und §§ 7 und 8 nichts anderes bestimmt.
4. Eindeutig einer Wirtschaftseinheit zugeordnete Kosten tragen nur die Wohnungs- und Teileigentümer dieser Wirtschaftseinheit im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile.“
Mit Nachtrag zur Gemeinschaftsordnung vom 22.07.2021 wurde § 9 der Gemeinschaftsordnung durch Anfügung eines neunten Abschnitts ergänzt, der lautet:
„9. Die vorstehenden in den Abschnitten (2) bis (8) festgelegten Kostenverteilungsschlüssel sind nur durch einstimmige Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer abänderbar. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG wird abbedungen und findet keine Anwendung.“
Der vorgenannte Nachtrag zur Teilungserklärung beruht nicht auf einer Zustimmung aller Miteigentümer, sondern wurde von der Klägerin gegenüber der aufnehmenden Notarin allein erklärt, handelnd in eigenem Namen und zugleich unter Berufung auf eine von allen Erwerbern von Sondereigentumseinheiten erteilte Vollmacht. Die Ermächtigung zu einem derartigen Nachtrag ergibt sich aus der Teilungserklärung wie folgt:
„10. Änderung der Teilungserklärung
Die teilende Eigentümerin ist ermächtigt, solange sie selbst zur Eigentümergemeinschaft gehört und zumindest als Eigentümerin einer Sondereigentumseinheit im Grundbuch eingetragen ist, längstens jedoch bis zum 31.12.2025, die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung beliebig zu ändern und zu ergänzen.
Hier ist insbesondere ausdrücklich gestattet (Änderungsvorbehalt):
- Weitere Sondernutzungsrechte zu begründen, bestehende Sondernutzungsrechte und die Kostenverteilungsschlüssel der GO zu ändern, die Befugnisse der Verwaltungsgemeinschaften in der GO zu erweitern oder einzuschränken, sowie durch Änderung der Zweckbestimmung aus Wohnungseigentum Teileigentum, bzw. aus Teileigentum Wohnungseigentum zu bilden. Sie ist ferner befugt, zulasten des Wohnungs- und Teileigentums Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten) zu bestellen oder bestellte Dienstbarkeiten zu ändern,
- Abweichende Aufteilung, Zusammenlegung und Unterteilung von Sondereigentumseinheiten und Sondernutzungsrechten einschließlich dazu zweckdienlicher baulicher Veränderungen. Die Ermächtigung gilt auch für die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum oder umgekehrt, und für die Änderung der Miteigentumsanteile.
Einschränkungen dieser Vollmacht werden in die einzelnen Erwerbsverträge aufgenommen. Klargestellt wird: In keinem Fall ist die teilende Eigentümerin befugt, Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte baulich zu verändern, die bereits veräußert sind.“
In der Gemeinschaftsordnung ist diesbezüglich geregelt:
„§ 23 Änderung der Gemeinschaftsordnung, Befugnis zu baulichen Veränderungen
1. Der teilende Eigentümer ist ohne Zustimmung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer, des Verwalters und der dinglich Berechtigten befugt, die GO zu ändern, solange er noch Wohnungs- oder Teileigentümer zumindest einer Einheit ist. Er darf insbesondere weitere Sondernutzungsrechte begründen, bestehende Sondernutzungsrechte und die Kostenverteilungsschlüssel ändern, die Befugnisse der Verwaltungsgemeinschaften erweitern oder einschränken, sowie durch Änderung der Zweckbestimmung aus Wohnungseigentum Teileigentum, bzw. aus Teileigentum Wohnungseigentum bilden. Er ist ferner befugt, zulasten des Wohnung- und Teileigentums Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten) zu bestellen oder bestellte Dienstbarkeiten zu ändern, solange er noch Wohnungs- oder Teileigentümer zumindest einer Einheit ist, längstens aber bis zum 31.12.2025.
2. Der teilende Eigentümer ist ferner ohne Zustimmung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer, des Verwalters und der dinglich Berechtigten befugt, Baumaßnahmen zu treffen oder treffen zu lassen, die gegenüber den Aufteilungsplänen bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind. Auch diese Befugnis endet, sobald der teilende Eigentümer nicht mehr Miteigentümer ist, spätestens aber zum 31.12.2025.
3. In keinem Fall ist der teilende Eigentümer befugt, Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte baulich zu verändern, die bereits veräußert sind.“
Bestellte Verwalterin der Beklagten ist die Firma ... GmbH in ... .
Mit Schreiben von 23.08.2023 lud die Verwalterin zur Eigentümerversammlung, wobei für jede Verwaltungseinheit eine gesonderte Teilversammlung vorgesehen war. Dabei wurden die Miteigentümer jeweils nur zu der sie betreffenden Teilversammlung eingeladen, eine ausdrückliche Einladung zur Teilnahme auch an Versammlungen der anderen Untergemeinschaften erfolgte nicht.
Für die streitgegenständliche Untergemeinschaft ... fand die Eigentümerversammlung am 25.10.2023 statt. Dabei wurde u. a. der hier angefochtene Beschluss gefasst. Im Protokoll ist dazu aufgenommen:
„TOP 3 Abrechnung/Wirtschaftsplan/Buchhalterisches
[...]
a) Beschlussfassung zur Änderung des Verteilerschlüssels für die Verwaltergebühr, von bisher nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Einheiten.
Auf Anregung von Frau ... und Herrn ..., wird Folgendes in das Versammlungsprotokoll aufgenommen:
Die ... Immobilienverwaltung, nahm diesen Tagesordnungspunkt ohne konkreten Antrag einzelner Eigentümer auf die Tagesordnung. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass ein Nachtrag der Teilungserklärung existiert, in welchem die gesetzliche Regelung zur Abänderung von Verteilerschlüssel abbedungen wird.
Antrag: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Verteilerschlüssel der Verwaltergebühr von bisher Umlage nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Anzahl der Einheiten zu ändern.
Abstimmung:
Ja:
465,24/788,27
Nein:
129,47/788,27
Enthaltungen:
134,75/788,27
Verkündung: Der Beschlussantrag wurde angenommen.“
In zwei früheren Urteilen hatte sich das Amtsgericht Rosenheim bereits mit Beschlüssen der hier betroffenen Eigentümergemeinschaft befasst. In einer Entscheidung vom 25.04.2018 (Az.: 8 C 2550/17 WEG) wurde eine damalige Klage der hiesigen Klägerin abgewiesen gegen einen Beschluss aus einer Eigentümerversammlung vom 07.11.2017, der ebenfalls eine Änderung eines Verteilungsschlüssels betraf. Mit Urteil vom 26.09.2019 (Az.: 13 C 121/19 WEG) wurde eine Klage, u. a. der hiesigen Klägerin, abgewiesen, die sich gegen einen am 21.12.2018 gefassten Beschluss zur Verteilung der Verwalterkosten richtete.
Die Klagepartei wendet sich gegen den zitierten, am 25.10.2023 gefassten Beschluss und macht geltend, der Beschluss sei bereits nichtig, weil er in einer Teilversammlung für die Untergemeinschaft gefasst wurde. Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sähen nur die wirtschaftliche Trennung und ein Blockstimmrecht vor, aber nicht die Abhaltung von Teilversammlungen. Solche Teilversammlungen seien daher nicht zulässig gewesen. Zumindest hätten die übrigen Eigentümer jeweils zu allen anderen Teilversammlungen eingeladen werden müssen, da sie ein Teilnahme- und Rederecht hätten. Selbst wenn sie nicht stimmberechtigt wären, hätten sie erscheinen und die Abstimmung durch Teilnahme an der Diskussion beeinflussen können. Auch diese fehlende Einladung der übrigen Eigentümer zu den jeweiligen Teilversammlungen mache den angefochtenen Beschluss nichtig, jedenfalls aber anfechtbar.
Zudem beruhe der angefochtene Beschluss auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Diese Vorschrift sei durch Nachtrag zur Teilungserklärung (oben zitiert) abbedungen worden. Deshalb habe gar keine Beschlusskompetenz für die entschiedene Änderung der Kostenverteilung bestanden. Der Nachtrag zur Teilungserklärung sei ordnungsgemäße entstanden mit Hilfe der Ermächtigung, die für die Klägerin diesbezüglich erteilt worden sei. Jedenfalls stehe der Nachtrag nunmehr im Grundbuch und sei bindend.
Die Klägerin beantragte zuletzt, den Beschluss unter TOP 3a der Eigentümerversammlung vom 25.10.2023
„Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Verteilerschlüssel der Verwaltergebühr von bisher Umlage nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Anzahl der Einheiten zu ändern.“
für nichtig, hilfsweise für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
Die Beklagte führt an, selbstständige Beschlüsse einer Untergemeinschaft seien zulässig und auch Teilversammlungen seien möglich gewesen, dies ergebe sich jedenfalls aus einer Auslegung der Gemeinschaftsordnung. Außerdem ergebe sich aus den früheren Urteilen des Amtsgerichts Rosenheim nach dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 4 WEG a.F., dass auch der hier angefochtene Beschluss korrekt sei.
Die übrigen Eigentümer hätten nicht jeweils zu den anderen Teilversammlungen eingeladen werden müssen. Es fehle schon an einer Kausalität. Auch bei Einladung der übrigen Eigentümer hätte die hiesige Beschlussfassung mit gleichem Ergebnis stattgefunden. Auch andere Teilversammlungen hätten nämlich gleichlautende Beschlüsse gefasst, was zeige, dass derartige Beschlüsse im Rahmen der gesamten WEG mehrheitlich gewünscht seien.
Hinsichtlich des Nachtrags zur Teilungserklärung, mit dem § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abbedungen wird, macht die Beklagte geltend, die Ermächtigung sei diesbezüglich nicht wirksam und inhaltlich jedenfalls nicht ausreichend, um es der Klägerin zu ermöglichen, einen derartigen Nachtrag beurkunden zu lassen. Der Nachtrag sei daher unwirksam und § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG müsse anwendbar bleiben.
Die Parteien haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt. Mit Beschluss vom 08.03.2024 bestimmte das Gericht den Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, auf den 31.03.2024.
Die Klage ist zulässig und wahrt die Frist des § 45 Satz 1 Variante 1 WEG. In der Sache ist die Klage jedoch unbegründet und daher abzuweisen.
Die Klage ist zulässig und als Anfechtungsklage im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 WEG erhoben. Das Amtsgericht Rosenheim ist insbesondere das gemäß § 23 Nr. 2 GVG, § 43 WEG sachlich und örtlich zuständige Gericht.
Die Anfechtungsklage wahrt die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 Variante 1 WEG.
Anfechtungsklagen müssen innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Angefochten ist hier ein Beschluss vom 25.10.2023. Die auf den 23.11.2023 datierte Klageschrift ging am selben Tag bei Gericht ein. Sie wurde der Beklagten, vertreten durch die Verwalterin, zwar erst am 20.12.2023 zugestellt. Gemäß § 167 ZPO ist die Frist aber bereits durch den rechtzeitigen Eingang der Klage bei Gericht gewahrt. Die Zustellung erfolgte "demnächst" im Sinne der Vorschrift, da die Klägerin alles Erforderliche für eine alsbaldige Zustellung getan hat und schutzwürdige Belange der Beklagten nicht entgegenstehen. Die Verzögerung zwischen Klageeingang und Zustellung beruhte darauf, dass das Gericht zunächst mit Beschluss vom 28.11.2023 den Streitwert vorläufig festsetzte und veranlasste, dass der Kostenvorschuss angefordert wird. Am 07.12.2023 erfolgte dann die Einzahlung des Kostenvorschusses und das Gericht verfügte am 13.12.2023 die Klagezustellung, die dann am 20.12.2023 stattfand.
Der Klägerin vorwerfbare Verzögerungen ergeben sich aus diesem Ablauf nicht, sodass die Regelung des § 167 ZPO eingreift.
Der angefochtene Beschluss ist nicht nichtig. Mängel, die zu seiner Ungültigerklärung führen würden, wurden nicht geltend gemacht.
1. In Übereinstimmung mit den beiden früheren, im Tatbestand zitierten Urteilen des Amtsgerichts Rosenheim geht das Gericht auch hier davon aus, dass in einer Teilversammlung von einer Untergemeinschaft gefasste Beschlüsse über den Verteilungsschlüssel zur Verwaltergebühr wirksam und ordnungsmäßig sind.
1.1. Die Beklagte beruft sich diesbezüglich auf die frühere Vorschrift des § 48 Abs. 4 WEG a.F. Eine Konstellation, die unter diese Vorschrift gefallen wäre, liegt hier jedoch nicht vor. In den früheren Urteilen des Amtsgerichts Rosenheim waren jeweils andere Beschlüsse angefochten. § 48 Abs. 4 WEG a.F. bezog sich aber nur auf den Fall, in dem ein konkreter Beschluss, gegen den bereits die Anfechtung erfolglos war, erneut Gegentand eines Rechtsstreits wird. Nicht erfasst sind spätere Beschlüsse, und seien sie auch inhaltlich zum gleichen Thema.
1.2. Die Bildung von Untergemeinschaften ist grundsätzlich zulässig. Insbesondere bei einer Mehrhausanlage kann die Gemeinschaftsordnung die Bildung von Untergemeinschaften mit eigenen Beschlussfassungskompetenzen und Kostenverteilungsregelungen in allein sie betreffenden Verwaltungsangelegenheiten vorsehen. Solche Untergemeinschaften sind keine rechtlich selbstständigen Tochterverbände, sondern nur im Hinblick auf einzelne Verwaltungsangelegenheiten verselbstständigte Teile der Gesamtgemeinschaft. Da die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG frei gestalten können, können sie die Beschlussfassungskompetenz für bestimmte Verwaltungsangelegenheiten ausschließlich den jeweiligen Untergemeinschaften zuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2017, Az.: V ZR 184/16; Bärmann/Suilmann, 15. Aufl. 2023, § 9a WEG, Rn 41-43).
Derartige Untergemeinschaften wurden in der streitgegenständlichen Anlage gebildet.
1.3. Grundsätzlich darf eine solche Untergemeinschaft ohne Vereinbarung jedoch keine Teilversammlungen abhalten. Dies gilt selbst dann, wenn eine wirtschaftliche Trennung und ein gesondertes Stimmrecht vorgesehen sind (vgl. Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. 2024, § 23 WEG, Rn 32).
Hier ergibt sich eine solche Vereinbarung zur Abhaltung von Teilversammlungen aber aus der Auslegung der Regelungen in der Gemeinschaftsordnung, die die Bildung von weitreichend getrennten Untergemeinschaften vorsehen. Die Regelungen in der Gemeinschaftsordnung sind der Auslegung zugänglich, wobei in erster Linie auf den Wortlaut abzustellen ist, wie er sich aus der Niederschrift ergibt und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter erschließender nächstliegender Bedeutung.
In § 3 der Gemeinschaftsordnung ist von "abgegrenzten Wirtschafts- und Verwaltungseinheiten" die Rede, die jeweils als "selbstständige Eigentümergemeinschaft zu behandeln" sind. Ausdrücklich wird geregelt, dass die jeweiligen Eigentümer der Verwaltungseinheiten diese "allein" verwalten, soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist. Nur "aus Gründen des öffentlichen Rechts" sei keine Realteilung erfolgt, sondern eine Eigentümergemeinschaft begründet worden.
In § 11 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung wird die getrennte Beschlussfassung ausschließlich der Belange einer Wirtschaftseinheit betreffende Angelegenheiten geregelt und ein Blockstimmrecht normiert. In der Regelung ist nach Auslegung des Gerichts keine Aussage zur Zulässigkeit von Teilversammlungen getroffen. Solche sind durch die Regelung aber auch nicht ausgeschlossen.
In der Gesamtschau wird deutlich, dass die einzelnen Verwaltungseinheiten so weit wie nur möglich getrennt behandelt werden sollen. Nur aus Gründen des öffentlichen Rechts erfolgte - sozusagen notgedrungen - die Begründung einer gemeinsamen Eigentümergemeinschaft. Die jeweiligen Einheiten sollen sich "allein" verwalten.
Diese Regelungen sind im Ergebnis so auszulegen, dass eine möglichst weitreichende getrennte Behandlung der Untergemeinschaften erfolgen soll und nicht nur eine wirtschaftliche Trennung und ein Blockstimmrecht eingeführt werden, sondern auch Teilversammlungen ermöglicht werden sollen (vgl. zu einer Auslegung, die im Zweifel eine weitgehende Trennung von Untergemeinschaften annimmt: BGH, Urteil vom 12.11.2021, Az.: V ZR 204/20; BGH, Urteil vom 26.06.2020, Az.: V ZR 199/19).
Die Abhaltung von Teilversammlungen - wie stattgefunden - entsprach also den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung.
2. Bei solchen von der Gemeinschaftsordnung zugelassenen Teilversammlungen ist die Einladung der übrigen Wohnungseigentümer nicht erforderlich.
Schultzky führt dazu aus (in: Jennißen Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. 2024, § 24 WEG, Rn 38):
Bestimmt eine Vereinbarung, dass in einer Mehrhausanlage nur bestimmte Wohnungseigentümer stimmberechtigt sind, und ist zugleich vereinbart, dass eine Teilversammlung abgehalten werden soll (...), sind nur die Eigentümer der betroffenen "Untergemeinschaft" zu laden. Die übrigen Wohnungseigentümer müssen - obwohl ihnen ein Teilnahme- und Rederecht zukommt (...) - nicht geladen werden. Mit der Vereinbarung von Teilversammlungen haben sie zugleich auf ihre Ladung verzichtet; der unantastbare Kern ihrer Mitgliedschaft ist nicht betroffen, weil es bei den Teilversammlungen der anderen "Untergemeinschaften" bestimmungsgemäß um Angelegenheiten geht, die sie nicht betreffen sollen und bei denen ihnen kein Stimmrecht zukommt.
Dem schließt sich das Gericht an.
Auf die unter den Parteien diskutierte Frage der Kausalität der fehlenden Einladung für die Beschlussfassung kommt es daher nicht an.
3. Mit Nachtrag vom 22.07.2021 hat die Klägerin die Gemeinschaftsordnung ergänzen lassen und vorgesehen, dass die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG keine Gültigkeit hat. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ist für die Eigentümer zwar grundsätzlich abdingbar. Im vorliegenden Fall ist es für die Klägerin aber jedenfalls treuwidrig, sich auf den Nachtrag vom 22.07.2021 zur Teilungserklärung zu berufen.
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
3.1. Die Klägerin ist nach den Regelungen unter Ziffer 10 der Teilungserklärung und § 23 der Gemeinschaftsordnung grundsätzlich ermächtigt, solange sie selbst zur Eigentümergemeinschaft gehört, längstens bis 31.12. 2025, die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung beliebig zu ändern und zu ergänzen.
Die Geltung und Reichweite dieser Regelung ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht an den etwaigen vertraglichen Regelungen zu messen, die die Klägerin mit den einzelnen Erwerbern vereinbart haben mag, sondern an den in Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung vorhandenen Regelungen. Auch auf Verbraucherschutzvorschriften oder Normen zur AGB-Kontrolle kommt es insoweit nicht an, da der hiesige Rechtsstreit grade zwischen der Klägerin und der Gemeinschaft der Eigentümer geführt wird und nicht entlang der Kaufverträge für die einzelnen Sondereigentumseinheiten.
3.2. Unter Ziffer 10 der Teilungserklärung und in § 23 der Gemeinschaftsordnung sind einzelne Fälle aufgezählt, in denen die Klägerin "insbesondere" berechtigt ist, Änderungen vorzunehmen. Dort ist u.a. vorgesehen, dass die Klägerin Kostenverteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung ändern kann. Nach dem Verständnis des Gerichts deckt dieses Regelbeispiel aber nicht den hier gegenständlichen Nachtrag vom 22.07.2021 ab. Denn in diesem Nachtrag hat die Klägerin keinen in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Kostenverteilungsschlüssel abgeändert, sondern festgelegt, dass für die in § 9 Abschnitt 2 bis 8 der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschüssel § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG keine Anwendung findet. Dies ist gerade keine Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels von einer Verteilungsmethode hin zu einer anderen, sondern der Ausschluss der Geltung gesetzlicher Vorschriften.
3.3. Ziffer 10 der Teilungserklärung und § 23 der Gemeinschaftsordnung enthalten neben den Regelbeispielen noch eine allgemeine Ermächtigung der Klägerin zur Änderung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung.
Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann auch diese allgemeine Ermächtigung der Klägerin aber nicht so zu verstehen sein, dass die Klägerin zu einem derart weitreichenden. Nachtrag, wie dem vom 22.07.2021, ermächtigt ist.
§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG stellt einen Grundsatz auf, der allgemeine Gültigkeit hat und nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer bzw. eine von Anfang an vorgesehene Regelung in Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung abbedungen werden kann. Mit Nachtrag vom 22.07.2021 hat die Klägerin die gesetzliche Befugnis des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG aber im Nachhinein einseitig gestrichen, sodass die Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer künftig gehindert wird, von dieser Regelung Gebrauch zu machen, während die Klägerin als einzelne Wohnungseigentümerin unabhängig von jeglicher Willensbildung der übrigen Wohnungseigentümer eine Änderung durch Urkundennachtrag bewirken könnte.
Auch wenn sich die Wohnungseigentümer auf die weitreichend vorgesehene Ermächtigung für die Klägerin eingelassen haben, als sie in Kenntnis von Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung die Sondereigentumseinheiten erwarben, mussten sie nicht erwarten, dass es der Klägerin möglich sein würde, gesetzliche Grundkonzeptionen durch einfachen Nachtrag zur Teilungserklärung abzubedingen. Zumal dieser Nachteil offensichtlich gegen die Mehrheit der Wohnungseigentümer, zumindest in der hier streitgegenständlichen Untergemeinschaft, erfolgt ist.
Es erscheint also zu weitreichend, dass die Klägerin einseitig eine gesetzliche Grundkonzeption abbedingen kann, und dies auch noch mit der Folge, dass die Eigentümergemeinschaft die so geschaffene Änderung nur mit Einstimmigkeit wieder beseitigen kann.
3.4. Aufgrund der Ermächtigungen der Klägerin in Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung mag sie im Außenverhältnis als Bevollmächtigte der Eigentümer auftreten können und das Gericht verkennt nicht, dass der Nachtrag vom 22.07.2021 im Grundbuch inzwischen eingetragen ist und dadurch eine gewisse Außenwirkung entfaltet.
Im hiesigen Rechtsstreit stehen sich die Klägerin und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber. Zumindest in diesem Verhältnis muss es angesichts der vorgenannten Überlegungen der Klägerin aber verwehrt bleiben, sich auf den Nachtrag vom 22.07.2021 zu berufen. Die Klägerin hat auch nicht die Stellung einer gutgläubigen Erwerberin (vgl. § 892 BGB). Sie hat Kenntnis von sämtlichen Umständen der Entstehung des Nachtrags vom 22.07.2021, die zur dargestellten gerichtlichen Bewertung als treuwidrig führen.
Eine gerichtliche Kontrolle des Nachtrags vom 22.07.2021 muss an dieser Stelle auch möglich sein (also inzident im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage). Denn der Nachtrag selbst unterliegt nicht ohne weiteres einer gerichtlichen Überprüfung und ist durch notarielle Urkunde, veranlasst durch die Klägerin allein unter Berufung auf die ihr erteilte Ermächtigung, entstanden.
4. Nach alledem erweist sich der angefochtene Beschluss nicht als nichtig. Die klägerseits geltend gemachten Anfechtungsgründe führen auch nicht zur Ungültigerklärung des Beschlusses.
Weitere Anfechtungsgründe hat die Klägerin innerhalb der Begründungsfrist des § 45 Satz 1 WEG nicht vorgetragen. Der Lebenssachverhalt, aus dem sich Anfechtungsgründe ergeben sollen, muss sich zumindest in seinen wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben; ein Nachschieben von Gründen ist auch ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009, Az.: V ZR 74/08).
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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