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Reallöhne in der EU deutlich unter Vorkrisenniveau

15.07.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Die Beschäftigten in der Europäischen Union haben im vergangenen Jahr noch einmal an Kaufkraft eingebüßt: Trotz stärkerer nominaler Lohnzuwächse bei sinkender Inflation gingen die Reallöhne im EU-Durchschnitt um 0,6 Prozent zurück, nachdem der Verlust 2022 sogar 4,2 Prozent betragen hatte.

Auch in Deutschland sanken die Reallöhne 2023 um 0,3 Prozent, nach einem Verlust von 4,4 Prozent im Vorjahr. Unter dem Teuerungsschock haben auch die Tariflöhne gelitten, die Ende 2023 in wichtigen EU-Ländern preisbereinigt unter dem Niveau von 2015 lagen. Das gilt auch in Deutschland, wo der Wert von 2015 noch um 0,8 Prozent unterschritten wurde. Für das laufende Jahr zeichnen sich nach Einschätzung der EU-Kommission in 26 von 27 EU-Staaten zwar Reallohnzuwächse ab, im Durchschnitt der EU rechnen die Expert*innen mit 2,0 Prozent bei den realen Bruttolöhnen. Die Verluste der Vorjahre sind damit aber längst noch nicht ausgeglichen. Das ergibt der neue Europäische Tarifbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, für den unter anderem die neuesten verfügbaren Daten der Europäischen Kommission zur Lohn- und Preisentwicklung ausgewertet werden.

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Eine EU-weite „langsame Erholung“ der Kaufkraft stärke die Binnennachfrage, schreiben die WSI-Experten Dr. Malte Lübker und Thilo Janssen. Aus Sicht der Arbeitnehmer*innen sei damit aber „die Krise nicht überwunden: Sie haben den Großteil der realen Einkommenseinbußen getragen, die mit dem Energiepreisschock infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine verbunden waren.“ Das lässt sich nach Analyse der Forscher beispielsweise auch an der Lohnquote ablesen: Zwischen 2021 und 2023 sank der Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen im EU-Durchschnitt von 55,4 Prozent auf 54,8 Prozent. In Deutschland fiel der Rückgang mit 0,9 Prozentpunkten von 58,0 auf 57,1 Prozent sogar noch etwas stärker aus. Hintergrund: In Deutschland wie in vielen anderen EU-Ländern stiegen während der Teuerungswelle die Gewinnmargen von manchen Unternehmen, was – anders als die Lohnentwicklung – zwischenzeitlich erheblich zum Preisauftrieb beitrug. „Eine Umverteilung zulasten der Löhne und zugunsten der Kapitaleinkommen war die Folge“, konstatieren die WSI-Forscher.

Auch wenn die Lohnquote in diesem Jahr wieder auf das Ausgangsniveau steigen dürfte, attestieren die Wissenschaftler bei der Lohnentwicklung „weiterhin Aufholbedarf, um zu einer gerechteren Lastenverteilung zwischen Arbeit und Kapital beizutragen.“ Schließlich hätten sich die Verbraucherpreise dauerhaft erhöht, sie stiegen mit dem Auslaufen der Inflationswelle nur nicht mehr so schnell. Ein weiteres Lohnwachstum, das kurzfristig auch oberhalb des rechnerischen Verteilungsspielraums aus Inflation und Produktivitätswachstum liegen könne, sei gesamtwirtschaftlich wichtig, „um den privaten Konsum zu fördern und damit die Konjunktur zu stützen“, schreiben Lübker und Janssen. Bei zunehmender konjunktureller Erholung und höherer Auslastung der Unternehmen werde auch das Produktivitätswachstum wieder stärker zulegen. Die EU-Kommission prognostiziert für das kommende Jahr 1,2 Prozent im EU-Mittel.

Bild: CAR GIRL (Unsplash, Unsplash Lizenz)

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