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OLG Köln: Auskunftsrecht nach DSGVO ist weit gefasst

29.08.2019  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Gehören Telefonnotizen zum Auskunftsanspruch? Das OLG Köln (Urt. v. 26.07.2019, Az. 20 U 75/18) ist dieser Meinung. Nach dieser Rechtsprechung ist der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch deutlich umfangreicher, als bislang gedacht. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN, erläutert die für Ihre Datenschutzpraxis wichtige Entscheidung.

Geklagt hatte der Kunde einer Lebensversicherung, der im Rahmen einer anderweitigen Auseinandersetzung zu Versicherungsleistungen im Rahmen der Klage Auskunft nach Art. 15 DSGVO zu Gesprächsnotizen und Telefonvermerken forderte. Er erhoffte sich Informationen, die seine Klage stützen konnten. Die Versicherung war der Meinung, derart weitreichend sei der Anspruch nicht. Hier seien nur die Stammdaten zu liefern. Telefonvermerke und Gesprächsnotizen, auch bei elektronischer Speicherung, seien nicht herauszugeben.

Auskunft zu personenbezogenen Daten

Nach Art. 15 DSGVO hat jede betroffene Person, nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO also jede durch personenbezogene Daten identifizierbare oder identifizierte Person, das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie u. a. ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten.

Unter personenbezogenen Daten versteht das Gesetz nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen. Dazu gehören auch sachliche Informationen zu Vermögensverhältnissen sowie Kommunikations- und Vertragsbeziehungen. Auch subjektive Einschätzungen zu einer Person, etwa in einem ERP-System, sind mit umfasst.

Die Richter sahen auch die elektronischen Vermerke als vom Auskunftsanspruch umfasst. Es gebe keine belanglosen Daten mehr. Damit sind sie nicht allein. Dies sah auch bereits das Bundesverfassungsgericht so in seinem Urteil zur informationellen Selbstbestimmung (Urteil vom 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83). Damit sind auch in Notizen festgehaltene Aussagen über eine Person personenbezogene Daten.

Keine Geschäftsgeheimnisse verletzt

Die Versicherung berief sich auf die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen. Die Kölner Richter sahen aber schon kein Geheimnis, da es sich um Angaben handelte, die der Betroffene ja selbst gegenüber der Versicherung gemacht hatte. Hier sei die Versicherung nicht schutzbedürftig.

Wirtschaftlichkeitseinwand greift nicht

Die Versicherung hatte eingewandt, es sei mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen wirtschaftlich unmöglich, Dateien auf personenbezogene Daten zu durchsuchen und zu sichern. Das OLG Köln sieht dies nicht als berechtigten Einwand an:

„Es ist Sache der Beklagten, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, diese im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass dem Datenschutz und den sich hieraus ergebenden Rechten Dritter Rechnung getragen wird.“

Dem Kläger ging es nicht um den Anspruch auf Herausgabe von Kopien oder Unterlagen nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Hier werden vielfach Einschränkungen diskutiert. Das Gericht ließ die Ausführungen der Versicherung dazu dahinstehen.

Keine Unterstützung zur Klage

Die Kölner Richter beschieden den Auskunftsanspruch zwar positiv, gaben dem Kläger aber keine Chance, die erlangten Informationen in einem weiteren Schriftsatz zur Klagebegründung zu verarbeiten. Eine Zwischenfeststellungsklage wiesen sie mangels Vorgreiflichkeit der Feststellung ab. Hierzu sah das Gericht nämlich keinen Anspruch. Der Kläger hätte zwar keine Stufenklage erheben können. Er hätte aber seinen Auskunftsanspruch vor Prozesserhebung geltend machen können.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde wegen der grundlegenden Bedeutung der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs zugelassen.

Fazit

Das Fazit muss vorläufig ausfallen, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Am Ende wird nur der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren im Rahmen der Revision mehr Klarheit bringen können. Die Kölner Richter lehnten eine Vorlage an den EuGH ab. Problematisch erscheint die Zurückweisung jeglicher wirtschaftlicher Erwägungen, die Unternehmen dazu verpflichten würde, alle aktiven Datenbestände zu durchforsten.

Auch im entschiedenen Fall ging es um zig Jahre alte Datenbestände. Zwar regelt das neue, an die DSGVO angepasste Bundesdatenschutzgesetz in § 34 Die Möglichkeit, die Auskunft zu beschränken, wenn „die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde“. Dies bezieht sich aber nicht auf Daten, die zur Vertragsdurchführung gespeichert werden. Die Ausnahmeregelung gilt allenfalls für solche Daten, die nur noch aufgrund von gesetzlichen Aufbewahrungspflichten oder zu Datensicherungs- und Kontrollzwecken gespeichert werden.

Auch der Geheimnisschutz wurde nur pauschal gestreift. Der würde aber die Auskunft nicht komplett hindern. Es bleibt also abzuwarten, ob der EuGH einen derart umfassenden Anspruch mitmacht.

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