09.03.2017 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Nachdem der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 07.07.04, VI R 29/00 die Auffassung vertreten hat, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Parkverstößen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen kann, sind die Richter lmit Urteil vom 14.11.13, VI R 36/12 zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen. Danach sind vom Arbeitgeber übernommene Bußgelder stets als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen. Im hier streitigen Sachverhalt hat eine Spedition die von den Behörden gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzten Bußgelder für ihre Arbeitnehmer übernommen.
Der Arbeitgeber im nun streitigen Sachverhalt ist ein im Logistikbereich tätiges Unternehmen. Die vom Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer haben die Aufgabe, Pakete bei den Kunden des Arbeitgebers abzuholen bzw. diesen zuzustellen. Um eine möglichst schnelle Zustellung zu gewährleisten, stellten die Arbeitnehmer ihre Lieferfahrzeuge in unmittelbarer Nähe der Kunden ab. Insbesondere in Innenstädten ist dies jedoch mit den zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten nicht immer möglich, ohne mit Halte- und Parkverboten in Konflikt zu kommen. Daher wurden gegen den Arbeitgeber in diversen Fällen Verwarnungsgelder wegen Parkverstößen verhängt. Der Arbeitgeber übernahm diese Verwarnungsgelder und belastete diese nicht an die Arbeitnehmer weiter. Verwarnungsgelder wegen anderer Verstöße wurden vom Arbeitgeber nicht übernommen.
Das Finanzamt ging in Anlehnung an das (neue) BFH-Urteil vom 14.11.13, VI R 36/12 davon aus, dass die gegen das Unternehmen wegen Parken in Halteverbots- oder Fußgängerzonen vom Arbeitgeber übernommenen Verwarnungsgelder steuerpflichtiger Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern darstellen.
Der Arbeitgeber vertrat hingegen die Auffassung, die Übernahme der Verwarnungsgelder wegen Haltens im Halteverbotsbereich während der Paketzustellung unterliege nicht dem Lohnsteuerabzug. Er berief sich dabei auf das (alte) BFH-Urteil vom 07.07.04, VI R 29/00.
Nach Auffassung des Arbeitgebers stellt die Zahlung der Verwarnungsgelder durch den Arbeitgeber keine bereichernde Zuwendung mit Entlohnungscharakter für die von den Arbeitnehmern erbrachte individuelle Arbeitsleistung dar. Die Arbeitnehmer hätten keinerlei persönliches Interesse daran, bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten zu begehen. Die Arbeitnehmer würden hierdurch auch keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielen. Sie würden den anderen Fahrern des Arbeitgebers vielmehr erst durch die Übernahme der Verwarnungsgelder wirtschaftlich „gleichgestellt", da ihnen dadurch im Ergebnis lediglich die Nachteile ausgeglichen würden, die sie bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Interesse des Arbeitgebers hingenommen hätten. Die Übernahme der Verwarnungsgelder sei ausschließlich im ganz eigenbetrieblichen des Arbeitgebers Interesse erfolgt.
Die Übernahme der Verwarnungsgelder sei zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufes erforderlich, um eine möglichst zügige Paketzustellung im Rahmen des vom Arbeitgeber angebotenen 24-Stunden Services sicherstellen zu können. Denn dies erfordere in einigen Fällen ein kurzfristiges, aber unerlaubtes Halten der Fahrer außerhalb der zulässigen Haltezonen. Es entspricht nicht dem Interesse des Arbeitgebers, dass ihre Fahrer permanent gegen die StVO verstießen. Soweit möglich, hat sich der Arbeitgeber daher bei den zuständigen Behörden um Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO bemüht, um Verwarnungsgelder zu vermeiden.
Mit Urteil vom 04.11.16, 1 K 2470/14 L folgte das Finanzgericht Düsseldorf der Rechtsauffassung des Arbeitgebers. Danach führt die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Falschparkens entgegen der Auffassung des Finanzamtes nicht zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern.
Das Finanzgericht Düsseldorf stellte klar, dass bei den Arbeitnehmern kein lohnsteuerlicher Zufluss erfolgt ist. Bei der Übernahme der Verwarnungsgelder handelte es sich um die Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit. Die Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit des Arbeitgebers führt beim Arbeitnehmer nicht zum Zufluss eines geldwerten Vorteils. Der Arbeitgeber erspart seinen Arbeitnehmern auch keine eigenen Aufwendungen. Auch besteht kein Anspruch des Arbeitgebers gegen seine Arbeitnehmer auf Erstattung der gegen ihn festgesetzten und gezahlten Verwarnungsgelder. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung muss ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben, um als Arbeitslohn angesehen werden zu können.
Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn sich die Aufwendungen des Arbeitgebers bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.
Danach sind vom Arbeitgeber übernommene Verwarnungsgelder wegen Parkverstößen im hier vorliegenden Sachverhalt nicht als Arbeitslohn zu erfassen und der Lohnversteuerung zu unterwerfen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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