15.05.2017 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Heftig umstritten ist die Frage, ob ein Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers eine erste Tätigkeitsstätte begründet. Hier gibt es konträre Auffassungen zwischen der Finanzverwaltung und der aktuellen Finanzrechtsprechung.
Steuerliche Behandlung von Firmenwagen, PKW Nutzung, Leasingwagen, Elektroauto, Poolfahrzeugen und Fuhrpark
Nach Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 24.10.14 - Ergänztes BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 01.01.14, ist eine dauerhafte Zuordnung in sog. Outsourcing-Fällen immer dann gegeben, wenn
Vorstehende Regelung gilt auch dann, wenn ein Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft (also bis auf Weiteres, unbefristet, für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder länger als 48 Monate in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig werden soll.
Mit Urteil vom 30.11.16 - 9 K 130/16, hat das Niedersächsische Finanzgericht im Gegensatz dazu klargestellt, dass der Betrieb des Entleihers für den Leiharbeitnehmer regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte begründet.
Das Finanzgericht beruft sich hierbei auf § 1 Absatz 1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wonach eine Arbeitnehmerüberlassung niemals auf Dauer, sondern stets nur vorübergehend rechtlich zulässig ist.
Folgt man dieser Rechtsauffassung, hätten Leiharbeitnehmer grundsätzlich niemals eine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Entleihers. Im Ergebnis wären Leiharbeitnehmer steuerlich besser gestellt als befristet eingestellte Arbeitnehmer.
Die Unterschiede sollen an nachfolgender Fallstudie anschaulich aufgezeigt werden:
Die Arbeitnehmerin Herta Hortensie geht für einen Zeitraum von 12 Monaten in Elternzeit. Zur Überbrückung wird ihr Arbeitsplatz bis zu ihrer Rückkehr aus der Elternzeit wiederbesetzt.
Der Arbeitsplatz von Herta Hortensie wird während ihrer Elternzeit mit dem Hochschulabsolventen Rudi Rosenblatt im Rahmen eines auf 12 Monate befristeten Arbeitsverhältnisses wiederbesetzt.
Nach Maßgabe von § 9 Absatz 4 EStG hat Rudi Rosenblatt eine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb, weil er im Rahmen seines befristeten Arbeitsverhältnisses dauerhaft dem Betrieb zugeordnet ist.
Der Arbeitsplatz von Herta Hortensie wird während ihrer Elternzeit mit der Leiharbeitnehmerin Sonja Sonnenschein wiederbesetzt.
Nach Maßgabe des Urteils des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30.11.16 - 9 K 130/16, ist der Betrieb des Entleihers nicht als erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers anzusehen, weil ein Leiharbeitsverhältnis nur befristet begründet wird und durch das Fristende des Leiharbeitsverhältnisses begründet wird.
Daher hat Sonja Sonnenschein als Leiharbeitnehmerin keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher.
Der Arbeitsplatz von Herta Hortensie in Lüneburg wird während ihrer Elternzeit mit ihrem Kollegen Donald Drümpel aus der Hamburger Niederlassung wiederbesetzt.
Donald Drümpel hat seine erste Tätigkeitsstätte grundsätzlich in Hamburg. Aufgrund der Elternzeit von Herta Hortensie wird Donald Drümpel von seiner (bisherigen) ersten Tätigkeitsstätte für einen befristeten Zeitraum von 12 Monaten von Hamburg vorübergehend nach Lüneburg abgeordnet.
Nach Maßgabe von § 9 Absatz 4 Satz 3 EStG hat Donald Drümpel keine erste Tätigkeitsstätte in Lüneburg.
Fallvariante 1 – Befristete Wiederbesetzung
Erste Tätigkeitsstätte: Ja
Fallvariante 2 - Leiharbeitnehmer
Erste Tätigkeitsstätte: Nein
Fallvariante 3 – Befristete Abordnung eines Kollegen aus einer anderen Niederlassung
Erste Tätigkeitsstätte Nein
Wie an den drei Fallbeispielen deutlich wird, werden nahezu ähnliche Fallgestaltungen steuerlich unterschiedlich gewürdigt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung der vom Arbeitgeber gewährten Reisekosten.
Ist der Betrieb des Entleihers als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, sind die Fahrten zwischen Wohnung und dem (Entleiher-)Betrieb mit der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer anzusetzen.
Werden darüber hinaus vom Arbeitgeber (Verleiher) Verpflegungsmehraufwendungen gewährt, sind diese steuerpflichtig und damit sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen.
Ist der Betrieb des Entleihers hingegen nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, sind die Fahrten zwischen Wohnung und dem (Entleiher-)Betrieb nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer anzusetzen.
Werden darüber hinaus vom Arbeitgeber (Verleiher) Verpflegungsmehraufwendungen gewährt, sind diese unter Beachtung der gesetzlich zulässigen Höchstbeträge steuerfrei.
Bitte beachten Sie, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt noch keine verlässliche höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 30.11.16 - 9 K 130/16 ist unter dem Aktenzeichen VI R 6/17 beim Bundesfinanzhof anhängig. Hier ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen die betriebliche Einrichtung des Entleihers als erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers anzusehen ist.
Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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