23.09.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bain and Company Germany, Inc..
Wirtschaftlich turbulente Zeiten führen in Unternehmen nicht unweigerlich zu Änderungen in der Chefetage. So sank im Zuge der letzten globalen Rezessionen die Zahl der neu berufenen CEOs in den USA sowie in Europa und Asien gegenüber dem Vorkrisenniveau um bis zu 32 %. Bei erzwungenen Wechseln lag dieser Wert noch höher. In den USA beispielsweise wurden während der Finanzkrise 2008/2009 bis zu 64 % weniger Firmenchefs aufgrund von schlechten Geschäftsergebnissen oder Skandalen entlassen. In Europa wiederum haben Aufsichtsgremien im April und Mai 2020 auf dem vorläufigen Höhepunkt der Corona-Pandemie und der einsetzenden Rezession rund ein Drittel weniger neue CEOs ernannt als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dies zeigt die Studie „Covid-19: Is Your Board Hitting the Brakes on CEO Succession?“, die die internationale Unternehmensberatung Bain & Company und das auf die Vermittlung von Führungskräften spezialisierte Unternehmen Spencer Stuart durchgeführt haben. Dazu wurden rund 2.700 CEO-Wechsel analysiert, die zwischen 1996 und Juni 2020 im Rahmen von globalen Rezessionen stattfanden.
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„Viele Unternehmen scheuen in Phasen wirtschaftlicher Unsicherheit den Wandel“, erklärt Bain-Partner Dr. Imeyen Ebong, der die Praxisgruppe Organisation im deutschsprachigen Raum leitet. „Vielmehr wird beim Topmanagement auf Kontinuität gesetzt.“ Doch das sei nicht immer die richtige Entscheidung. „Wer in der Rezession einen erforderlichen Führungswechsel aufschiebt, geht ein hohes Risiko ein“, so Ebong. „Längst überfällige Kursänderungen verzögern sich, zugleich können Wachstumschancen versäumt werden.“
Die Unentschlossenheit der Aufsichtsgremien ist dabei laut Studie nur ein Faktor. Ein anderer ist die Beharrlichkeit der CEOs. „Viele Unternehmenslenker wollen die Firma, die sie mit aufgebaut und etabliert haben, selbst durch die Krise steuern“, stellt Floriane Haas-Falanga, Senior Managerin bei Bain, fest. „Zudem sind sich die Kontrollgremien oft uneins über die künftige Unternehmensstrategie, die Anforderungen, die Vorstandsvorsitzende erfüllen müssen, oder mögliche Nachfolgeregelungen.“ In der Regel erreicht die Anzahl der Führungswechsel erst zwei Jahre nach dem Tiefpunkt der jeweiligen Wirtschaftsflaute wieder das Vorkrisenniveau.
Vor diesem Hintergrund dürfte die Rezession infolge der Corona-Pandemie ebenfalls dazu führen, dass zahlreiche CEOs vorerst auf ihrem Platz verbleiben. Nach dem deutlichen Rückgang der Führungswechsel in Europa im April und Mai 2020 hat in dieser Region die Zahl der neu ernannten Firmenchefs im Juni allerdings wieder leicht zugenommen. „Kontrollgremien sollten gerade jetzt ein schlüssiges Konzept für eine langfristige Nachfolgeregelung erarbeiten und so das Fundament für eine reibungslose Übergabe der Führungsverantwortung legen“, rät Bain-Expertin Haas-Falanga. Und sie fügt hinzu: „Detaillierte Vorbereitung und Planung sind Trumpf, um für anhaltenden Erfolg des Unternehmens in künftigen Rezessionen zu sorgen.”
In ihrer Studie kommen Bain und Spencer Stuart zu dem Schluss, dass sich Kontrollgremien auf drei wesentliche Faktoren konzentrieren sollten:
Für die amtierenden Vorstandsvorsitzenden wiederum gilt es, in der Krise eng mit dem Aufsichtsrat zusammenzuarbeiten und den Fokus auf ganz bestimmte Handlungsfelder zu legen. So sollte eine klare Rezessionsstrategie entwickelt werden. Top-CEOs treffen effektive Kurzfristmaßnahmen und machen ihr Unternehmen gleichzeitig fit für die Zeit nach der Krise. Sie passen lineare Planungsprozesse und Langzeitstrategie an die sich schnell verändernden Gegebenheiten an. Auch bedarf es einer konkreten Führungskräfteplanung. Vorausschauende Vorstandsvorsitzende testen und fördern Managementtalente, indem sie diese in herausfordernden, neuen Aufgabenbereichen einsetzen. Dabei kooperieren sie eng mit Personalverantwortlichen und Aufsichtsratsmitgliedern.
Unverzichtbar ist zudem ein intensiver Austausch zwischen Kontrollgremium und Chefetage. Erfolgreiche CEOs fördern sowohl das Engagement innerhalb des Topmanagements als auch die Zusammenarbeit von Führungsspitze und Aufsichtsrat. Zugleich greifen sie konsequent auf die Erfahrung der Aufsichtsratsmitglieder zurück. Und schließlich ist eine ehrliche Selbsteinschätzung wichtig. Starke Vorstandsvorsitzende erkennen, wann sie sich auf unbekanntem Terrain bewegen, fordern Feedback ein, bewerten ihre Krisenperformance realistisch und überdenken die eigene Karriereplanung.
„Aufsichtsratsmitglieder und Vorstandsvorsitzende, die die Nachfolgeplanung gemeinsam angehen, treffen weitaus häufiger zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen“, resümiert Bain-Partner Ebong. „Auf diese Weise schaffen sie ein widerstandsfähiges und flexibles Unternehmen, dessen starke Position dazu führt, dass es nach der Krise zu den Gewinnern gehört.“
Bild: Miguel Á. Padriñán (Pexels, Pexels Lizenz)
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