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Mitbestimmen im Job: Viel Sympathie, aber oft wenig konkretes Wissen

11.02.2019  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans Böckler Stiftung.

Die meisten Menschen in Deutschland wollen am Arbeitsplatz nicht nur Anweisungen befolgen, sondern eigenverantwortlich arbeiten und beteiligt werden. Damit sie Mitspracherechte auch wirklich wahrnehmen können, braucht es aber mehr Unterstützung und mehr konkretes Wissen über die Mitbestimmung, zeigt eine aktuelle Studie.

Die meisten Menschen in Deutschland wollen am Arbeitsplatz nicht nur Anweisungen befolgen, sondern eigenverantwortlich arbeiten und beteiligt werden. Damit sie Mitspracherechte auch wirklich wahrnehmen können, braucht es aber mehr Unterstützung und mehr konkretes Wissen über die Mitbestimmung, zeigt eine aktuelle, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.

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Die Wirtschaftswissenschaftler wollten herausfinden, was die Menschen von Arbeitnehmermitbestimmung halten und ob sie überhaupt an diese denken, wenn sie den Begriff Mitbestimmung hören. Grundlage war eine Telefonbefragung von 3203 zufällig ausgewählten Personen im erwerbsfähigen Alter. Dabei wurden nicht nur konkrete Fragen gestellt, sondern auch solche, bei denen die Befragten zu bestimmten Begriffen – Mitbestimmung, Mitbestimmung der Arbeitnehmer, Betriebsrat – ohne Antwortvorgaben assoziieren konnten. Zusätzlich führten die Forscher 41 ausführliche Interviews durch, um speziell die Einstellungen von jüngeren Menschen genauer erfassen zu können.

Zunächst fällt auf, dass die meisten Menschen mit dem Begriff Mitbestimmung eher allgemeine Zusammenhänge verbinden wie „anderen helfen“, die Mitwirkung in einem Verein oder aber Volksabstimmungen. Nur rund ein Viertel denkt an etwas, das mit der Arbeitswelt zu tun hat. Direkt gefragt nach der Mitbestimmung der Arbeitnehmer, denkt rund ein Viertel der Befragten an den Betriebsrat, ein weiteres Fünftel nennt Gewerkschaften (siehe auch die Infografik; Link unten). Fast die Hälfte aller Assoziationen entfällt auf diese beiden Kategorien. 14 Prozent denken an Sachverhalte, die mit Arbeitszeit zu tun haben. Weitere rund neun Prozent kritisieren zu wenig oder nicht vorhandene Mitbestimmung.

Die Befragten sollten außerdem ihre eigenen Assoziationen bewerten. Der Anteil positiver Aussagen fällt dabei mit knapp 70 Prozent sehr hoch aus – und zwar weitgehend unabhängig von Alter, Geschlecht oder Erwerbsstatus der Befragten. Der Anteil der negativen Bewertungen ist dagegen gering, beim Begriff Mitbestimmung der Arbeitnehmer beträgt er knapp sieben Prozent.

Beschäftigte wollen Einfluss

Immerhin sind rund 65 Prozent der Befragten der Auffassung, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten gleich viel Einfluss haben, drei Prozent sprechen sich dafür aus, dass Arbeitnehmer einen größeren Einfluss als die Arbeitgeber haben sollten. Unter Arbeitern ist der Wunsch nach Mitsprache sogar noch deutlich weiter verbreitet (siehe Infografik). Die Forscher haben nur eine Gruppe gefunden, die der Mitbestimmung skeptischer gegenübersteht: die Selbstständigen, die zugleich Arbeitgeber sind. Vor allem bei der Frage, ob Arbeitnehmer mindestens ebenso viel Einfluss haben sollten wie die Arbeitgeber, sind sie die einzigen, die mehrheitlich ablehnende Antworten geben. „Solange Arbeitgeber sich Mitbestimmung als reine Mitwirkung vorstellen, sind sie durchaus positiv eingestellt“, schreiben die Wissenschaftler. „Wenn es jedoch um eine echte Mitbestimmung und die Einflussnahme auf die Verteilung der betrieblichen Wertschöpfung geht, ist die Einstellung deutlich weniger positiv und bei denjenigen, die von Mitbestimmung direkt betroffen sind, den Inhabern betriebsratsfähiger Betriebe, sogar negativ.“

Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, dass die Idee der Mitbestimmung zwar insgesamt breite Zustimmung findet, aber gleichzeitig viele nicht genau wissen, was konkret damit gemeint ist. Beispielsweise gibt nur rund ein Drittel der Befragten an, dass sie gut darüber Bescheid wissen, was ein Betriebsrat macht. Gut 40 Prozent der aktuell oder früher Erwerbstätigen sagen, sie hätten im Betrieb noch nie oder selten davon gehört – was damit zu tun haben könnte, dass die Mehrheit der Beschäftigten in Unternehmen arbeitet, in denen Mitbestimmung nicht etabliert ist.

Vor allem Junge haben wenig Kontakt zur Mitbestimmung

Besonders überrascht hat die Forscher, wie wenig junge Menschen über die Idee der Mitbestimmung und ihre Institutionen wissen. Die jüngeren Befragten, die mehrheitlich Schüler oder Studenten sind, assoziieren Mitbestimmung fast gar nicht mit Betrieb und Unternehmen, sondern allenfalls mit Demokratie in einem allgemeineren Sinne. Zum einen liege das daran, dass den Jüngeren praktische Erfahrungen und persönliche Betroffenheit fehlen. Zum anderen komme Mitbestimmung in der schulischen und hochschulischen Bildung sowie in der Berufsausbildung zu kurz.

„Die Mehrheit der Bevölkerung, dafür sprechen unsere Befunde sehr deutlich, hat bereits eine positive Einstellung zur Mitbestimmung in einem generellen Sinne“, schreiben die Wissenschaftler. Der Begriff Mitbestimmung könne – ähnlich wie etwa Demokratie oder Gerechtigkeit – als ein „Hochwertwort“ verstanden werden, als ein Begriff, bei dem sich positive Assoziationen geradezu von selbst aufdrängen. Was allerdings fehlt, sei das Wissen: über konkrete Mitbestimmungsrechte, ihre alltägliche Praxis und ihre Folgen sowie darüber, was Mitbestimmung für die Erreichung der gemeinsamen und der eigenen Interessen bedeutet.

Mitbestimmung muss gelebt werden

Wie lässt sich das Wissen verbessern? Eine naheliegende Voraussetzung dafür ist, dass überhaupt mehr Menschen an ihrem Arbeitsplatz mitbestimmen dürfen. Durch die praktische Erfahrung mit Mitbestimmung würde sich auch das Wissen darüber erweitern. Darüber hinaus sollte das Thema nach Meinung der Forscher schon an den Schulen und Hochschulen mehr Gewicht bekommen. Denkbar seien außerdem Aufklärungskampagnen in den Medien: „Warum nicht Werbespots für Mitbestimmung im Kino, TV beziehungsweise im Internet?“, fragen die Forscher. Damit die Mitbestimmung ein „konstitutives Element des deutschen Modells der Arbeitsbeziehungen“ bleibt, müsse sie nicht nur rechtlich abgesichert, sondern auch „gelebt werden“. Dies geschehe nicht zuletzt durch aktive Beteiligung, aber auch in der Kommunikation mit Freunden, Kollegen, Nachbarn, Mitschülern und Mitstudierenden.

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